Entfristung bei der Deutschen Post nur für Gesunde

Rechtlich in Ordnung, moralisch problematisch

Lüneburg: Ein Briefträger der Deutschen Post fährt mit dem Fahrrad durch die Innenstadt
Entfristung nur für gesunde Arbeitnehmer: Ist die Deutsche Post transparent - oder unmenschlich? © dpa / picture alliance / Philipp Schulze
Christoph Lütge im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 07.05.2018
Aktuell steht die Post in der Kritik, weil sie von ihren Mitarbeitern wenig Krankentage verlangt, um für eine Entfristung infrage zu kommen. Der Wirtschaftsethiker Christoph Lütge kann die Bedingungen der Post nachvollziehen – unter bestimmten Umständen.
Die Deutsche Post entfristet bevorzugt die Verträge von Arbeitnehmern, die wenige Krankheitstage haben oder die möglichst unfallfrei arbeiten – und steht dafür seit dem Wochenende in der Kritik. "Es ist wohl rechtlich in Ordnung", sagt Christoph Lütge, Wirtschaftsethiker an der TU München. "Aber auch moralisch nicht unproblematisch." Der Kernpunkt hier sei die Frage, ob der Arbeitnehmer daran etwas beeinflussen könne oder nicht.
"Was ich ganz gut daran finde, ist, dass man es von vornherein klar sagt - also diese Regel und die Kriterien für diese Entfristung klarmacht. Das ist heutzutage eher nicht so gegeben." Doch zwiegespalten sei er trotzdem, sagt Lütge, denn das Unternehmen müsse sicher stellen, dass Krankheiten nicht verschleppt werden.

Veraltete Vorstellung der Arbeitswelt

Und dieses Konzept müsse auch nach einiger Zeit evaluiert werden. "Führt das zum Beispiel dazu, dass Mitarbeiter stärker zu einer inneren Kündigung kommen oder dass sie nicht mehr motiviert sind - das sind Dinge, die natürlich auch nicht im Interesse des Arbeitgebers liegen", sagt Lütge.
Disziplinierungsmaßnahmen für Mitarbeiter sollten transparent sein und nicht bestimmte Gruppen benachteiligen, so Lütge, wie zum Beispiel Frauen, wenn sie in den Mutterschutz gingen. "Ich erhoffe mir, dass man Klarheit gewinnt über diese Regeln, die zur Entfristung führen, die dazu führen, dass jemand angestellt wird oder nicht und dass die Menschen Klarheit darüber erlangen, warum sie zu ihren dauerhaften Arbeitsverhältnissen kommen oder auch nicht."
Jedoch nur noch unbefristete Arbeitsverhältnisse zu haben, könne auch nicht das Ziel sein. "Das geht von einer Vorstellung von Arbeitswelt aus, dass jemand 40 Jahre im gleichen Betrieb bleibt – so wie es früher einmal war, aber das hat sich ja nun schon lange gewandelt." Befristete Arbeitsverhältnisse gäben beiden Seiten mehr Flexibilität – dem Arbeitgeber genauso wie dem Arbeitnehmer.
(inh)
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