Entdeckungsfahrt durch den Hunsrück

Eine Initiative schützt den Soonwald

07:21 Minuten
Hans Peter Kissling zeigt Besuchern in seinem lebendigen Museum Simmerhammer das Handwerk des Eisengießers.
Traditionelles Handwerk: Noch heute fertigt Hans Peter Kissling in seiner Eisengießerei Sonderaufträge für Künstler an. © Deutschlandradio / Anke Petermann
Von Anke Petermann |
Audio herunterladen
Mit einer Tour bringt die Soonwälder Initiative Einheimischen ihre eigene Region näher. Stationen sind dabei eine alte Eisengießerei, ein Schloss und natürlich der Wald. Diesem gilt das besondere Interesse der Aktiven.
Mitten im Wald liegt das Backsteingebäude einer Eisengießerei. Im ganzen Gebäude hört man den Kellenbach rauschen, sein Wasser trieb einst den sogenannten Simmerhammer der Familie Kissling an.
"Das war früher eine Hammerschmiede, seit 1550 ist das schon erwähnt. Das ging durch verschiedene Hände und meine Familie, die Ururgroßeltern haben sich so um 1860 niedergelassen", erzählt Hans Peter Kissling, einst Chef von 20 Angestellten.

Altes Handwerk kennenlernen

Heute noch erledigt Pensionär Kissling Sonderanfertigen im Auftrag von Soonwald-Künstlern. Genau deshalb hat die Soonwald-Initiative ihn und seinen Betrieb in der Denkmalzone als erste Station für ihren Ausflugsbus ausgewählt. Soeben fährt der rote Bus vor. Hubert Beicht, ehrenamtlicher Exkursionsleiter der Initiative, steigt aus.
57 großenteils Soonwälder Einheimische wollen an diesem warmen Sonntag ihre Umgebung näher kennenlernen oder Altvertrautes wiedersehen.
"Schauen Sie sich um und fragen Sie", ermuntert Hans Peter Kissling die Besucher und erzählt von der letzten Blütezeit seines Handwerks: die 1980er-Jahre, Zeit der öffentlich geförderten Dorferneuerung samt gusseisernen Brunnen und Leuchten.

Das Hochwasser bedeutet das Ende

Die Simmertaler Gießerei mit 30 Beschäftigten war damals schon einer der letzten großen Handwerksbetriebe dieses Metiers und fuhr Aufträge bundesweit ein:
"Treppengeländer für Wiesbaden. Die Königsallee für Düsseldorf haben wir mitgestaltet, mit den Pollern, da oben stehen noch die viereckeigen Modelle, oder die Baumscheibenabdeckungen, das hat alles Sonderformat gehabt, kein Standard. So waren wir aktiv vom München bis Hamburg."
Bis dann das Hochwasser der 1990er-Jahre kam. Der Anfang vom Ende. Die Hallen mit Geräten und Produktionsresten aus allen Epochen wirken wie ein lebendiges Museum.
"Wir versuchen, den Museumscharakter zu erhalten, die Hallen zu erhalten, unseren Vater zu unterstützen, wo es geht", sagt Michael Kissling stellvertretend für die drei Söhne des Seniors. Die Wertschätzung aus der gesamten Region gebe dabei Auftrieb.

Blick in den sonst verschlossenen Schlosshof

Elvira Schneider taucht gern ins alte Handwerk ein und freut sich auch auf die nächste Busstation:
"Gemünden, da bin ich zur Schule gegangen. Das Schloss mussten wir im Kunstunterricht schon malen, aber da durfte man ja nie rein."
Eine halbe Stunde nach der Besichtigung des Simmerhammers wird Schneider die Burganlage aus dem 18. Jahrhundert erstmals aus der Nähe sehen. Auf dem Felsvorsprung überm Ort erläutert Exkursionsleiter Beicht:
"Heute ist Bauern- und Künstlermarkt auf Schloss Gemünden. Schloss Gemünden ist im Privatbesitz, es ist heute eine einmalige Gelegenheit, auf den Schlosshof zu kommen."

Ein Verein für die Region

Auch Mitwirkende der Soonwald-Initiative treffen sich hier oben. Mit weitem Blick auf den Wald, für den sie sich ins Zeug legen.
"Einen Verein für den Soonwald, den gab es noch nicht. Der ist jetzt 25 Jahre alt, und das ist ein Erfolgsmodell mit über 300 Mitgliedern. Es ist ein reger Verein, der hat Zukunft."
Mit einem harten Kern von vielleicht 30 Aktiven. Eine davon ist Eveline Mehler:
"Es ist eben ein Riesenwaldgebiet, das nicht besiedelt ist. Die Ortschaften liegen eigentlich wie an einer Perlenschnur aufgereiht drum herum. Und das ist erhaltenswert, nicht nur für uns, sondern auch für nachfolgende Generationen."

Der Wald als Schutzgebiet

Ein lebendiger Wald – nicht nur Biotop für Rotmilane, Wildkatzen und seltene Orchideen. Als Eichelweide für die Schweinemast wurde der Soonwald in vergangen Jahrhunderten genutzt, als Köhlerwald lieferte er Brennstoff für die frühe Eisenerzverhüttung.
"Man hat sich bedient am Holz, man hat sich bedient in den Steinbrüchen", erklärt Eveline Mehler.
Denn der Quarzit, der auch bizarre Felslandschaften prägt, ist begehrtes Baumaterial. Wie der aktive Abbau Schneisen in Hänge schlägt, lässt sich auf der Fahrt durchs Kellenbachtal besichtigen. Der Betreiber des Steinbruchs Henau wollte erweitern, weiß Hubert Beicht:
"Es war auch ein neuer Steinbruch in Gemünden geplant, der konnte Gott sei Dank verhindert werden, weil man die Kernzone ausgeweitet hat. Die Kernzone des Naturparks – und in Kernzonen darf kein Steinbruch angelegt werden. Das war das Glück."

Holz sammeln im Morgengrauen

Und das Ergebnis des Protests von ehrenamtlichen Soonwald-Schützern. Bernd-Uwe Philippi zählt sich dazu. Vor den alten Pferdeställen von Schloss Gemünden assistiert der Holzkünstler Kindern und Jugendlichen beim Bau von Bienenhotels. Sein Material sammelt er in Absprache mit den Soonwald-Förstern.
"Ich war gestern Morgen um 5 Uhr im Wald. Dann gehen Sie auf einer Waldwiese, da kommt Ihnen ein Hirsch mit einem Geweih entgegen, der sah aus wie ich, auch sehr müde und überrascht, dass ich da war."
Der Künstler bietet auch geführte Wanderungen an. Mooshügel, Totholz, alte Buchen und Eichenniederwälder, die aus der historischen Beweidung entstanden. Philippi will Auswärtige und Einheimische für die Naturschätze sensibilisieren. Er hält das fertige Bienenhotel hoch.
"Aktuell beim Bauen kam eine Wildbiene angeflogen und ist da rein gekrabbelt, erst vorwärts, dann rückwärts, und dann hat sie ihr Ei darein gelegt."

Regionale Produkte werden vermarktet

Mehr als ein Dutzend Imker vermarkten ihren Honig unter der Regionalmarke Sonare. Angefangen hatte es vor zehn Jahren mit einem Regionalbündnis von Bauern, Winzern, Lebensmittelverarbeitern und Gastronomen. Inzwischen gibt es eine Vermarktungsgesellschaft, die von fast 200 Mitgliedern und Partnern getragen wird. Kleines Handwerk konnte so erhalten bleiben, bilanziert Geschäftsführer Klaus Wilhelm.
"Es sind aber auch eine ganze Reihe von Betrieben neu dazu gekommen, die gesagt haben, wir wagen es, die Zeit ist reif dafür, die Verbraucher erkennen es und honorieren es eben auch."
Golden glänzt das kaltgepresste Rapsöl in den Flaschen der Ölmühle Schnorbach. Frei von Gentechnik direkt vom Hunsrücker Rapsacker des Produzenten.
"Das ist das Olivenöl des Nordens", schwärmt Eveline Mehler und beißt ins heimische Kirner Bauernbrot, das am Stand von "SooNahe" verkauft wird.
Mehr zum Thema