Entdeckung der Atombombe
In "Kettenreaktion" schildert Hubert Mania die Entdeckungsgeschichte der Atombombe - schnörkellos, ohne Einleitung, Bilder oder Fußnoten. Größtenteils unkommentiert lässt er den Zeitenlauf für sich selber sprechen und spart die Spätfolgen der Atomkraft aus.
1789 isoliert der Apotheker Martin Heinrich Klaproth zum ersten Mal ein unbekanntes Metall aus dem Gestein einer Silbermine. Uranium nennt er den neuen Stoff, der in den folgenden 100 Jahren eine Karriere als gelb-grünes Porzellanfärbemittel macht. Hubert Mania rekapituliert die Geschichte dieses Stoffes: Von der Entdeckung seiner Radioaktivität durch Henri Becquerel 1896 bis zur Zündung der ersten A-Bombe vergehen weniger als 50 Jahre.
Wie sich aus dem unschuldigen Entdeckungseifer der Forscher zuerst die Bausteine einer neuen Physik bilden und später die größte Vernichtungswaffe der Menschheit entsteht, beschreibt, nein, erzählt Hubert Mania in einem Zwischending aus historischem Wissenschaftsroman und romanhafter Wissenschaftshistorie. Eng an Originalquellen orientiert, schildert er chronologisch die Ereignisse, die zu einem neuen Verständnis für die Vorgänge im Atom und dessen innerem Aufbau geführt haben, und an deren Ende die Möglichkeit einer Bombe steht.
Was als Geschichte der Atomtheorie beginnt, wird durch die Entdeckung der Kernspaltung im Winter 1938/39 im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs zur Geschichte der Atombombe. Wissenschaftler im amerikanischen Exil fürchteten, Nazi-Deutschland könnte die neu entdeckte Kraft des Urans militärisch nutzen und schafften es, die US-Regierung davon zu überzeugen, in die Erforschung einzusteigen. 1945 hatte das geheime Manhattan-Projekt zum Bau der Bombe den gleichen Umfang wie die gesamte Automobilindustrie der USA.
Der Wettlauf um die Entfesselung der Kernkraft, das wird in der Rückschau klar, war im Grunde keiner. Als die USA am 16. Juli 1945 in einer Wüste in Neu-Mexiko die erste Bombe zündeten, hatte Deutschland längst kapituliert und war wegen Forscher- und Materialmangel noch auf dem wissenschaftlichen Stand vom Sommer 1940.
Schnörkellos, ohne Einleitung, Bilder oder Fußnoten, erzählt Hubert Mania diese Entdeckungsgeschichte. Seine Chronologie ist fast romanhaft in ihrer Sprache. Er lässt den Zeitenlauf größtenteils unkommentiert für sich selber sprechen und spart die Spätfolgen dieser einschneidenden Entdeckung der Atomkraft aus. Das Buch endet mit dem ersten Test in der Wüste.
Der erste Kriegseinsatz, Strahlenschäden, die langen Jahre des atomaren Wettrüstens und des Kalten Krieges, die Diskussion um die Mitverantwortung der Wissenschaftler für ihre Schöpfung, all das wird kaum angedeutet. Und das ist das Problem mit diesem ansonsten wunderbar erzählten Buch.
Hubert Mania erweckt mit seiner prosaischen Schilderung den Eindruck, als halte er sich raus. Er macht aus dem Bau der Bombe die mitunter spannende Schilderung eines wissenschaftlichen Abenteuers, das trotz aller Details merkwürdig unvollständig wirkt.
Besprochen von Gerrit Stratmann
Hubert Mania: Kettenreaktion. Die Geschichte der Atombombe
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2010, 352 Seiten, 22,95 Euro
Wie sich aus dem unschuldigen Entdeckungseifer der Forscher zuerst die Bausteine einer neuen Physik bilden und später die größte Vernichtungswaffe der Menschheit entsteht, beschreibt, nein, erzählt Hubert Mania in einem Zwischending aus historischem Wissenschaftsroman und romanhafter Wissenschaftshistorie. Eng an Originalquellen orientiert, schildert er chronologisch die Ereignisse, die zu einem neuen Verständnis für die Vorgänge im Atom und dessen innerem Aufbau geführt haben, und an deren Ende die Möglichkeit einer Bombe steht.
Was als Geschichte der Atomtheorie beginnt, wird durch die Entdeckung der Kernspaltung im Winter 1938/39 im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs zur Geschichte der Atombombe. Wissenschaftler im amerikanischen Exil fürchteten, Nazi-Deutschland könnte die neu entdeckte Kraft des Urans militärisch nutzen und schafften es, die US-Regierung davon zu überzeugen, in die Erforschung einzusteigen. 1945 hatte das geheime Manhattan-Projekt zum Bau der Bombe den gleichen Umfang wie die gesamte Automobilindustrie der USA.
Der Wettlauf um die Entfesselung der Kernkraft, das wird in der Rückschau klar, war im Grunde keiner. Als die USA am 16. Juli 1945 in einer Wüste in Neu-Mexiko die erste Bombe zündeten, hatte Deutschland längst kapituliert und war wegen Forscher- und Materialmangel noch auf dem wissenschaftlichen Stand vom Sommer 1940.
Schnörkellos, ohne Einleitung, Bilder oder Fußnoten, erzählt Hubert Mania diese Entdeckungsgeschichte. Seine Chronologie ist fast romanhaft in ihrer Sprache. Er lässt den Zeitenlauf größtenteils unkommentiert für sich selber sprechen und spart die Spätfolgen dieser einschneidenden Entdeckung der Atomkraft aus. Das Buch endet mit dem ersten Test in der Wüste.
Der erste Kriegseinsatz, Strahlenschäden, die langen Jahre des atomaren Wettrüstens und des Kalten Krieges, die Diskussion um die Mitverantwortung der Wissenschaftler für ihre Schöpfung, all das wird kaum angedeutet. Und das ist das Problem mit diesem ansonsten wunderbar erzählten Buch.
Hubert Mania erweckt mit seiner prosaischen Schilderung den Eindruck, als halte er sich raus. Er macht aus dem Bau der Bombe die mitunter spannende Schilderung eines wissenschaftlichen Abenteuers, das trotz aller Details merkwürdig unvollständig wirkt.
Besprochen von Gerrit Stratmann
Hubert Mania: Kettenreaktion. Die Geschichte der Atombombe
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2010, 352 Seiten, 22,95 Euro