Enfant terrible der Weinkritikerzunft
Eigentlich wollte er Maler werden. Aber weil er dringend Geld brauchte, begann er zu schreiben: über Wein. Damit kannte er sich aus. Und weil Stuart Pigott zudem über viel schrägen Humor verfügt, gilt er als Autor für "Feinschmecker" oder "Weingourmet" als Enfant terrible der Weinkritikerszene.
"Stuart Pigott an einem normalen Tag, an einem Schreibtag, trägt ein schwarzes T-Shirt und Jeans, wenn er rausgeht, sieht er bunter aus: Dann trage ich ein Vivian Westwood T-Shirt mit einem riesigem Frauendekolleté drauf als Foto. Es ist witzig. Wenn ich gegenüber Männern stehe, dann fällt mir dieser Frauenspruch ein: Ich habe auch Augen!"
Blau-graue Augen, in die zu schauen sich lohnt: Blitzt hier doch regelmäßig ein gewisser Schalk auf, der Spaß macht. Auffällig auch sein langes, schmales Gesicht, die große Nase und das prägnante Kinn. Stuart Pigott sticht ins Auge. Keine Frage. Wer ihn einmal gesehen hat, der merkt ihn sich.
"Manche meinen, dass er exzentrisch aussieht, dass er abgedreht ist, das er schrille Klamotten liebt, dass er zuviel Vivian Westwood im Kopf hat. Vielleicht meinen einige, dass er ein Lederfetischist ist oder so was, so what?!"
Einordnungen - Etikettierungen - sind für diesen geborenen Selbstdarsteller ein Gräuel: Im Privaten wie im Wein-Business. Gerade wenn man denkt, "ah, so ist er also, dieser gebürtige Londoner!", schlüpft er in eine andere Rolle. Mal ist er laut, ruppig und überheblich. Dann wieder amüsant und einfühlsam. Solche Wechsel sind unterhaltsam - können aber auch anstrengend werden. Was steckt dahinter? Eitelkeit?
"Gelogen, wenn ich Nein sage! Aber bei mir hat das schon was Ironisches."
Der Drang zur Selbstdarstellung liegt dem Sohn eines Computerfachmanns und einer Lehrerin nicht von Anfang an im Blut: Als Kind ist er introvertiert und schüchtern.
"Ich ging aufs Gymnasium. War kein guter Schüler. Den einzigen Preis, den ich je gewonnen habe, war für verbesserte Handschrift. Das aus sich rausgehen, fing damit an, dass ich mit zwölf Jahren anfing, Witze zu erzählen. Oder wahre Geschichten, die witzig waren."
Heute interessieren ihn nur noch die wahren Geschichten. Die Abseitigen, die, die nicht jeder erzählt und schon gar nicht so. Sein Stil kommt an. Regelmäßig schreibt er für Zeitungen wie den "Feinschmecker", "Weingourmet" oder für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Dabei ist Stuart Pigott - dieses Enfant terrible der um Seriosität bemühten Weinkritikerzunft - ein Ketzer aus Überzeugung:
"Meine ganze Weltanschauung sagt, es gibt nicht den einen besten, schlechtesten Wein. Ich liebe die Vielfalt. Es gibt weltweit sechs Milliarden Menschen - ich bin einer davon. Vielzahl bedeutet Vielfalt, und das ist toll."
Genau diese Vielfalt gilt es zu entdecken: Im wahrsten Sinne des Wortes. Wie ein Jäger auf der Pirsch reist der 1960 geborene Wahlberliner auf der Suche nach guten Tropfen um die ganze Welt. Und er wird an Orten fündig, die auf den ersten Blick scheinbar gar nichts mit edlem Wein zu tun haben: Indien, Thailand, die USA und Südtirol. Stuart Pigott wagt einen anderen Blick ins Weinglas. Ein Blick, der viele Weingurus provoziert.
Vielleicht liegt das an seinem ungewöhnlichen Werdegang: Am Ende eines Malerei- und Kunstgeschichtsstudiums hing er wirtschaftlich in der Luft, erinnerte sich aber rechtzeitig an seinen Job als Weinkellner und an seine Erfahrungen, die er mit angeblich guten und teuren Weinen machen durfte:
"Ich habe gesehen, dass mehr Potenzial in diesem Thema steckt - Spezialgebiet für Fachleute und besonders Wein-interessierte Menschen. Und ich habe diese ganzen bunten Menschen gesehen, die mit dem Wein zu tun haben. Extreme Welt, in der sie leben und arbeiten, und der Vermarktungswahnsinn - was unglaubliches Potenzial in sich birgt. Und dann habe ich angefangen, diese Geschichten zu erzählen."
Geschichten, die er mit Herzblut und Rock'n' Roll in der Feder erzählt. Einem Dichter gleich erschmeckt er nasse Erde, Schokolade und Seide in seinem Glas. Dressurpferde, Bestien und Vampire springen ihm entgegen. Bestimmte Weinreben erinnern ihn an die Bassstimme von Bootsy Collins, an die Vielseitigkeit von Madonna oder den Beat der frühen Hits von The Who.
Wer Stuart Pigotts Weinbücher liest, hat bald keinen Zweifel mehr: Wein ist Musik - ist Kult. Sinnlich, abwechslungsreich und verführerisch. So verführerisch sind diese Bücher, dass sie ihren eigenen Sog entwickeln und selbst den Autor in eine monatelange, ununterbrochene Schreibsession zwingen.
"Außer meine Frau sagt, nächste Woche Mittwoch machen wir frei. Irgendwann wird es zu viel und sie sagt: 'Nee! Ein Tag ohne'. Dann gehen wir spazieren, in den Zoo, Museum, Kino - wir sind ganz normale Menschen."
Seine deutsche Ehefrau, Ursula Heinzelmann - ebenfalls ein stetig steigender Stern am Autorenhimmel - und er leben seit 1994 in Berlin. Am Hackeschen Markt. Kinder?
"Keine Kinder. Kein Auto. Kein Fernseher. Keine Spülmaschine."
Ach?
"Meine Frau zieht es vor, per Hand zu spülen, und ich trockne ab, poliere die Gläser. Ich finde das eine beruhigende Zeit. Es gibt spezielle Spülmusik, was aufgelegt wird und ja, das ist ein ruhiger Moment am Tag, das ist schön."
Und noch während er spricht, verwandelt sich dieser Mann, der schrille Klamotten liebt, geniale Geschichten schreibt und ein exzellenter Weinkenner ist, schon wieder. Einem Chamäleon gleich schlüpft er in eine neue Rolle: in die des Frauen-Verstehers. Und auch die nimmt man ihm ab. Stuart Pigott ist einfach unglaublich. Oder um es mit seinen Worten zu sagen: "Verflixte Scheiße, der Mann ist einfach gut! Der rockt!"
Stuart Pigotts neues Buch heißt "Wilder Wein. Reise in die Zukunft des Weins". Es ist im Scherz Verlag erschienen und kostet 22.90 Euro.
Blau-graue Augen, in die zu schauen sich lohnt: Blitzt hier doch regelmäßig ein gewisser Schalk auf, der Spaß macht. Auffällig auch sein langes, schmales Gesicht, die große Nase und das prägnante Kinn. Stuart Pigott sticht ins Auge. Keine Frage. Wer ihn einmal gesehen hat, der merkt ihn sich.
"Manche meinen, dass er exzentrisch aussieht, dass er abgedreht ist, das er schrille Klamotten liebt, dass er zuviel Vivian Westwood im Kopf hat. Vielleicht meinen einige, dass er ein Lederfetischist ist oder so was, so what?!"
Einordnungen - Etikettierungen - sind für diesen geborenen Selbstdarsteller ein Gräuel: Im Privaten wie im Wein-Business. Gerade wenn man denkt, "ah, so ist er also, dieser gebürtige Londoner!", schlüpft er in eine andere Rolle. Mal ist er laut, ruppig und überheblich. Dann wieder amüsant und einfühlsam. Solche Wechsel sind unterhaltsam - können aber auch anstrengend werden. Was steckt dahinter? Eitelkeit?
"Gelogen, wenn ich Nein sage! Aber bei mir hat das schon was Ironisches."
Der Drang zur Selbstdarstellung liegt dem Sohn eines Computerfachmanns und einer Lehrerin nicht von Anfang an im Blut: Als Kind ist er introvertiert und schüchtern.
"Ich ging aufs Gymnasium. War kein guter Schüler. Den einzigen Preis, den ich je gewonnen habe, war für verbesserte Handschrift. Das aus sich rausgehen, fing damit an, dass ich mit zwölf Jahren anfing, Witze zu erzählen. Oder wahre Geschichten, die witzig waren."
Heute interessieren ihn nur noch die wahren Geschichten. Die Abseitigen, die, die nicht jeder erzählt und schon gar nicht so. Sein Stil kommt an. Regelmäßig schreibt er für Zeitungen wie den "Feinschmecker", "Weingourmet" oder für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Dabei ist Stuart Pigott - dieses Enfant terrible der um Seriosität bemühten Weinkritikerzunft - ein Ketzer aus Überzeugung:
"Meine ganze Weltanschauung sagt, es gibt nicht den einen besten, schlechtesten Wein. Ich liebe die Vielfalt. Es gibt weltweit sechs Milliarden Menschen - ich bin einer davon. Vielzahl bedeutet Vielfalt, und das ist toll."
Genau diese Vielfalt gilt es zu entdecken: Im wahrsten Sinne des Wortes. Wie ein Jäger auf der Pirsch reist der 1960 geborene Wahlberliner auf der Suche nach guten Tropfen um die ganze Welt. Und er wird an Orten fündig, die auf den ersten Blick scheinbar gar nichts mit edlem Wein zu tun haben: Indien, Thailand, die USA und Südtirol. Stuart Pigott wagt einen anderen Blick ins Weinglas. Ein Blick, der viele Weingurus provoziert.
Vielleicht liegt das an seinem ungewöhnlichen Werdegang: Am Ende eines Malerei- und Kunstgeschichtsstudiums hing er wirtschaftlich in der Luft, erinnerte sich aber rechtzeitig an seinen Job als Weinkellner und an seine Erfahrungen, die er mit angeblich guten und teuren Weinen machen durfte:
"Ich habe gesehen, dass mehr Potenzial in diesem Thema steckt - Spezialgebiet für Fachleute und besonders Wein-interessierte Menschen. Und ich habe diese ganzen bunten Menschen gesehen, die mit dem Wein zu tun haben. Extreme Welt, in der sie leben und arbeiten, und der Vermarktungswahnsinn - was unglaubliches Potenzial in sich birgt. Und dann habe ich angefangen, diese Geschichten zu erzählen."
Geschichten, die er mit Herzblut und Rock'n' Roll in der Feder erzählt. Einem Dichter gleich erschmeckt er nasse Erde, Schokolade und Seide in seinem Glas. Dressurpferde, Bestien und Vampire springen ihm entgegen. Bestimmte Weinreben erinnern ihn an die Bassstimme von Bootsy Collins, an die Vielseitigkeit von Madonna oder den Beat der frühen Hits von The Who.
Wer Stuart Pigotts Weinbücher liest, hat bald keinen Zweifel mehr: Wein ist Musik - ist Kult. Sinnlich, abwechslungsreich und verführerisch. So verführerisch sind diese Bücher, dass sie ihren eigenen Sog entwickeln und selbst den Autor in eine monatelange, ununterbrochene Schreibsession zwingen.
"Außer meine Frau sagt, nächste Woche Mittwoch machen wir frei. Irgendwann wird es zu viel und sie sagt: 'Nee! Ein Tag ohne'. Dann gehen wir spazieren, in den Zoo, Museum, Kino - wir sind ganz normale Menschen."
Seine deutsche Ehefrau, Ursula Heinzelmann - ebenfalls ein stetig steigender Stern am Autorenhimmel - und er leben seit 1994 in Berlin. Am Hackeschen Markt. Kinder?
"Keine Kinder. Kein Auto. Kein Fernseher. Keine Spülmaschine."
Ach?
"Meine Frau zieht es vor, per Hand zu spülen, und ich trockne ab, poliere die Gläser. Ich finde das eine beruhigende Zeit. Es gibt spezielle Spülmusik, was aufgelegt wird und ja, das ist ein ruhiger Moment am Tag, das ist schön."
Und noch während er spricht, verwandelt sich dieser Mann, der schrille Klamotten liebt, geniale Geschichten schreibt und ein exzellenter Weinkenner ist, schon wieder. Einem Chamäleon gleich schlüpft er in eine neue Rolle: in die des Frauen-Verstehers. Und auch die nimmt man ihm ab. Stuart Pigott ist einfach unglaublich. Oder um es mit seinen Worten zu sagen: "Verflixte Scheiße, der Mann ist einfach gut! Der rockt!"
Stuart Pigotts neues Buch heißt "Wilder Wein. Reise in die Zukunft des Weins". Es ist im Scherz Verlag erschienen und kostet 22.90 Euro.