Energie für übermorgen
Beim Erdöl gehen die Vorräte langsam zur Neige. Ganz anders beim Erdgas: An Land werden mit neuer Bohrtechnik seit einigen Jahren immer neue Vorkommen erschlossen. Und jetzt richtet sich der Blick auch noch auf die Ränder der Tiefsee.
Beim Erdöl gehen die Vorräte langsam zur Neige. Ganz anders beim Erdgas: An Land werden mit neuer Bohrtechnik seit einigen Jahren immer neue Vorkommen erschlossen. Und jetzt richtet sich der Blick auch noch auf die Ränder der Tiefsee. Dort lagern enorme Mengen an Erdgas, gebunden als sogenanntes Methanhydrat. Deutsche Wissenschaftler und Industrieunternehmen beteiligen sich an der Entwicklung einer geeigneten Abbautechnik, Umweltschützer sind entsetzt.
Laurenz Thomsen sitzt vor seinem aufgeklappten Laptop an der Bremer Jacobs University. Per Mausklick kann er die Videokamera auf einem Tiefseeroboter steuern, der 900 Meter unter dem Meeresspiegel vor der kanadischen Pazifikinsel Vancouver Island stationiert ist.
"Jetzt drück ich auf den Knopf: Licht an. Wir befinden uns an einer Position circa 20 Meter entfernt von diesem Methanhydrathügel auf dem Wegepunkt 13."
Methanhydrate bestehen aus Erdgasmolekülen, die in der Kälte und unter dem Druck des Meerwassers in 300 bis 2000 Metern Tiefe in einem Käfig von Wassermolekülen gefangen sind. Der Hügel, auf den Laurenz Thomsen gerade die Videokamera richtet, scheint zu sprudeln.
"Das sind diese Blasen, die bis zur Meeresoberfläche aufsteigen. Und beim Aufstieg wird der Druck vermindert und die Gasbläschen breiten sich immer weiter aus und das hat zur Folge, dass an der Oberfläche aus einem Kubikmeter Gasbläschen 160 Kubikmeter Methan werden."
Könnte man das hochkonzentrierte Gas am Meeresgrund einsammeln und an Land bringen, stünde der Menschheit eine völlig neue Energiequelle zur Verfügung.
"Das Potenzial ist wohl riesig. Wir haben auf jeden Fall deutlich mehr Erdgas in Methanhydraten als in den konventionellen Lagerstätten, wahrscheinlich von der förderbaren Menge mindestens dreimal so viel."
Der Kieler Meeresgeologe Klaus Wallmann leitet seit vier Jahren das deutsche Forschungsprojekt Sugar. Knapp 30 Partner aus Wissenschaft und Industrie versuchen, das wirtschaftliche Potenzial und die Gefahren einer Methanhydrat-Gewinnung abzuschätzen.
"Man kann die Gashydrate im Prinzip abbauen, wenn sie in sandigen Sedimenthorizonten vorkommen, die ihrerseits dann von tonigen Sedimenten bedeckt sind als Deckschicht obendrauf. In Japan wurde das sehr detailliert untersucht welcher Prozentsatz von den gesamten Vorkommen in dieser Form vorkommt und da ist es etwa 50 Prozent, was sehr erfreulich ist."
Auch unter den Permafrostböden in Sibirien, Alaska und Kanada finden sich große Mengen Methanhydrat. Dort haben bereits kleinere Abbauversuche stattgefunden. Vom Meeresboden soll Methanhydrat das erste mal 2013 in 1000 Metern Tiefe vor der japanischen Küste gewonnen werden. Die deutsche Nord- und Ostsee sind für die Bildung von Methanhydrat zu flach, die nächstgelegenen Vorkommen gibt es vor Norwegen und Portugal.
"Die Japaner laufen da vorne weg, die haben sehr große Vorkommen und eben auch einen sehr großen Erdgasbedarf. Deren Vorkommen sind sehr gut kartiert, und sie können mit großer Sicherheit sagen, dass sie genug Methan in den Hydraten haben, um den Erdgasbedarf von Japan der nächsten 100 Jahre abzudecken."
Ohne Gefahren ist das nicht. Auf eine davon hatte Frank Schätzing in seinem Bestseller "Der Schwarm" hingewiesen. Die Anregung dafür kam von dem Bremer Meeresgeologen Gerhard Bohrmann.
"Es gibt Georisiken, die in der Tiefsee lauern und ein Beispiel sind die Kontinentalränder, die also Rutschungen produzieren und diese Rutschungen können Tsunamis auslösen. Das kann auch durch normale Erdbeben, also durch Erdbewegungen stattfinden an Plattengrenzen, es kann aber auch durch ganz einfach Rutschungen geschehen, die ausgelöst werden durch diese Gashydratzersetzungen."
Klaus Wallman empfiehlt deshalb, nur dort über eine Gewinnung von Methanhydrat nachzudenken, wo der Meeresboden flach ist.
"Wir können das nicht an steilen Hängen abbauen, das wäre viel zu riskant. Glücklicherweise ist es so, dass die Kontinentränder sehr komplex aufgebaut sind. Man hat große Bereiche, die sind völlig eben, und andere sehr steile Bereiche. Die Hydrate sind meistens in den ebenen Bereichen zu finden, weil da die Sedimente sich auch ansammeln können, aus denen dann durch die Mikroorganismen das Methan ausgebrütet wird."
Äußerst gefährlich wäre die unkontrollierte Freisetzung großer Mengen Methanhydrat auch noch aus einem ganz anderen Grund. Gelangt das Gas in die Atmosphäre, trägt es dort 25 mal stärker zum Treibhauseffekt bei als die gleiche Menge Kohlendioxid aus der Verbrennung fossiler Energie. Schon kleine Lecks in den Förderanlagen hätten fatale Folgen.
Kurzfristig wird es deshalb nicht zum Abbau größerer Mengen kommen, meint Volker Steinbach. Er leitet die Energieabteilung bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
"Das ist eine Forschungsaufgabe für die nächsten 10, 20 Jahre. Da muss die Technologie entsprechend entwickelt werden, da müssen auch die Umwelteinflüsse untersucht werden bevor man so etwas im großtechnischen Maßstab dann auch nutzen kann. Aber ein interessantes Potenzial für die Zukunft."
Laurenz Thomsen sitzt vor seinem aufgeklappten Laptop an der Bremer Jacobs University. Per Mausklick kann er die Videokamera auf einem Tiefseeroboter steuern, der 900 Meter unter dem Meeresspiegel vor der kanadischen Pazifikinsel Vancouver Island stationiert ist.
"Jetzt drück ich auf den Knopf: Licht an. Wir befinden uns an einer Position circa 20 Meter entfernt von diesem Methanhydrathügel auf dem Wegepunkt 13."
Methanhydrate bestehen aus Erdgasmolekülen, die in der Kälte und unter dem Druck des Meerwassers in 300 bis 2000 Metern Tiefe in einem Käfig von Wassermolekülen gefangen sind. Der Hügel, auf den Laurenz Thomsen gerade die Videokamera richtet, scheint zu sprudeln.
"Das sind diese Blasen, die bis zur Meeresoberfläche aufsteigen. Und beim Aufstieg wird der Druck vermindert und die Gasbläschen breiten sich immer weiter aus und das hat zur Folge, dass an der Oberfläche aus einem Kubikmeter Gasbläschen 160 Kubikmeter Methan werden."
Könnte man das hochkonzentrierte Gas am Meeresgrund einsammeln und an Land bringen, stünde der Menschheit eine völlig neue Energiequelle zur Verfügung.
"Das Potenzial ist wohl riesig. Wir haben auf jeden Fall deutlich mehr Erdgas in Methanhydraten als in den konventionellen Lagerstätten, wahrscheinlich von der förderbaren Menge mindestens dreimal so viel."
Der Kieler Meeresgeologe Klaus Wallmann leitet seit vier Jahren das deutsche Forschungsprojekt Sugar. Knapp 30 Partner aus Wissenschaft und Industrie versuchen, das wirtschaftliche Potenzial und die Gefahren einer Methanhydrat-Gewinnung abzuschätzen.
"Man kann die Gashydrate im Prinzip abbauen, wenn sie in sandigen Sedimenthorizonten vorkommen, die ihrerseits dann von tonigen Sedimenten bedeckt sind als Deckschicht obendrauf. In Japan wurde das sehr detailliert untersucht welcher Prozentsatz von den gesamten Vorkommen in dieser Form vorkommt und da ist es etwa 50 Prozent, was sehr erfreulich ist."
Auch unter den Permafrostböden in Sibirien, Alaska und Kanada finden sich große Mengen Methanhydrat. Dort haben bereits kleinere Abbauversuche stattgefunden. Vom Meeresboden soll Methanhydrat das erste mal 2013 in 1000 Metern Tiefe vor der japanischen Küste gewonnen werden. Die deutsche Nord- und Ostsee sind für die Bildung von Methanhydrat zu flach, die nächstgelegenen Vorkommen gibt es vor Norwegen und Portugal.
"Die Japaner laufen da vorne weg, die haben sehr große Vorkommen und eben auch einen sehr großen Erdgasbedarf. Deren Vorkommen sind sehr gut kartiert, und sie können mit großer Sicherheit sagen, dass sie genug Methan in den Hydraten haben, um den Erdgasbedarf von Japan der nächsten 100 Jahre abzudecken."
Ohne Gefahren ist das nicht. Auf eine davon hatte Frank Schätzing in seinem Bestseller "Der Schwarm" hingewiesen. Die Anregung dafür kam von dem Bremer Meeresgeologen Gerhard Bohrmann.
"Es gibt Georisiken, die in der Tiefsee lauern und ein Beispiel sind die Kontinentalränder, die also Rutschungen produzieren und diese Rutschungen können Tsunamis auslösen. Das kann auch durch normale Erdbeben, also durch Erdbewegungen stattfinden an Plattengrenzen, es kann aber auch durch ganz einfach Rutschungen geschehen, die ausgelöst werden durch diese Gashydratzersetzungen."
Klaus Wallman empfiehlt deshalb, nur dort über eine Gewinnung von Methanhydrat nachzudenken, wo der Meeresboden flach ist.
"Wir können das nicht an steilen Hängen abbauen, das wäre viel zu riskant. Glücklicherweise ist es so, dass die Kontinentränder sehr komplex aufgebaut sind. Man hat große Bereiche, die sind völlig eben, und andere sehr steile Bereiche. Die Hydrate sind meistens in den ebenen Bereichen zu finden, weil da die Sedimente sich auch ansammeln können, aus denen dann durch die Mikroorganismen das Methan ausgebrütet wird."
Äußerst gefährlich wäre die unkontrollierte Freisetzung großer Mengen Methanhydrat auch noch aus einem ganz anderen Grund. Gelangt das Gas in die Atmosphäre, trägt es dort 25 mal stärker zum Treibhauseffekt bei als die gleiche Menge Kohlendioxid aus der Verbrennung fossiler Energie. Schon kleine Lecks in den Förderanlagen hätten fatale Folgen.
Kurzfristig wird es deshalb nicht zum Abbau größerer Mengen kommen, meint Volker Steinbach. Er leitet die Energieabteilung bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
"Das ist eine Forschungsaufgabe für die nächsten 10, 20 Jahre. Da muss die Technologie entsprechend entwickelt werden, da müssen auch die Umwelteinflüsse untersucht werden bevor man so etwas im großtechnischen Maßstab dann auch nutzen kann. Aber ein interessantes Potenzial für die Zukunft."