Energie

Der Erdgasspeicher in Rehden

Blick auf ein Leitungssystem auf das Erdgasspeichergelände im niedersächsischen Rehden
Blick auf ein Leitungssystem auf das Erdgasspeichergelände im niedersächsischen Rehden © picture alliance / dpa
Von Franziska Rattei  · 08.07.2014
Mitten im Sommer laufen bereits die Vorbereitungen für den nächsten Winter. So stellt sich zum Beispiel die Frage, ob es wegen des Ukraine-Konfliktes zu Engpässen in der Gaslieferung kommen wird. Besuch in einer niedersächsischen Lagerstätte.
Sommerbetrieb beim Erdgasspeicher im niedersächsischen Rehden. Drei Männer in roten Latzhosen, mit weißen Schutzhelmen und Arbeitsschuhen führen Wartungsarbeiten durch. Die drei steigen zwischen dicken, silbernen Rohren hin und her. Unter ihnen, in zwei Kilometer Tiefe, befindet sich der Stoff, um den sich in Rehden das Geschäft dreht. Zechstein. 260 Millionen Jahre alt und mit mikroskopisch kleinen Poren. In ihnen lagert so viel Gas, dass man – theoretisch – die gesamte sächsische Bevölkerung damit versorgen könnte; und zwar ein ganzes Jahr lang.
Das Speicherarreal ist so groß wie 910 Fußballfelder. Diesen Platz vermietet Astora, der Speicherbetreiber, an rund ein Dutzend deutsch und europäische Kunden, sagt Markus Radmacher. Er leitet die Vermarktung der Speicherkapazitäten.
"Das sind in der Regel große Energieversorgungsunternehmen, aber auch kleine Händler, teilweise auch die eine oder andere Bank, die im Erdgashandel tätig ist. Also ein bunter Mix der gesamten Erdgaswirtschaft."
4,4 Milliarden Kubikmeter Kapazität
Radmacher vergleicht das, was er seinen Kunden bietet, mit einem Parkhaus – einem großen.
Der Rehdener Speicher ist mit 4,4 Milliarden Kubikmetern Kapazität der größte Westeuropas. Astoras Kunden mieten Speicherplatz, der Speicherbetreiber stellt ihn zur Verfügung. Nur: Gas ein- und ausspeichern ist nicht ganz so einfach wie ein- und ausparken. Das Gas, das in Rehden gespeichert wird, gelangt über die Erdgas-Pipeline MIDAL, die mitteldeutsche Anbindungsleitung, aufs Gelände.
"Manchmal rauscht es ein bisschen, wenn Differenzdruck überbrückt wird. Aber im Wesentlichen hören Sie nicht sehr viel."
Das sagt Andreas Schulz, Betriebsleiter des Erdgasspeichers Rehden. Er steht vor zwei dicken Rohren mit jeweils 80 Zentimetern Durchmesser. Durch diese Rohre rauschen täglich mehr als eine Million Kubikmeter Gas – aus Norwegen, Großbritannien, Deutschland oder Russland. Um das Gas unterirdisch speichern zu können, muss es verdichtet werden.
Das Gas wird getrocknet
In der Verdichterhalle; einem grauen Betonkasten mit weiteren unterschiedlich dicken silbernen Rohrleitungen und rauschenden Turbinen.
"Gas hat bei einem Kubikmeter ein bar ungefähr. Und Sie können das jetzt zusammenpressen, dass Sie in diesen Kubikmeter 200 bar reinbekommen; anders als bei Flüssigkeit. Hier sehen Sie die ein- und ausgehende Rohrleitung. Die Eingangsleitung ist die linke, die ist im Durchmesser größer. Weil der Druck tiefer ist. Jetzt wird es verdichtet, und die gleiche Menge passt dann in eine kleinere Rohrleitung rein. So kann man das immer bisschen besser verstehen."
Nach dem Komprimieren wird das Gas eingelagert, und bei Bedarf – also wenn der Kunde es verlangt – aus dem unterirdischen Speicher wieder herausgeholt; "ausgelagert" im Fachjargon. Das geschieht vor allem im Winter, zur Heiz-Zeit. Bevor das Gas allerdings zurück in die Pipeline kann, muss es getrocknet werden.
Bedenken, dass der Boden unter den Häusern absackt
Denn während der Einlagerung nimmt das Gas Feuchtigkeit auf. Das Prinzip klingt simpel: ein Kunde kauft Gas, schickt es nach Rehden, dort wird es gespeichert und bei Bedarf wieder aus dem Gestein geholt. Nur: es gibt auch Kritiker. Menschen haben Bedenken, dass der Boden unter ihren Häusern absackt und so Risse in den Wänden verursacht. Betriebsleiter Schulz:
"Die sind unbegründet an dieser Stelle. Wir sind also hier auf einer Lagerstätte, wo sowas nicht passieren kann. Das ist ja kein Hohlraum, das ist ja eine Gesteinsschicht, hier gibt's also keine Bodensenkung. Hier in Rehden haben wir einen sehr guten Kontakt zur Öffentlichkeit, und wir haben also überhaupt keine Probleme."
Je näher die Menschen am Speicher wohnen, desto aufgeklärter sind sie, sagt auch der Vermarktungsleiter Radmacher. - Mangelnde Aufklärung sei auch daran schuld, dass mancher Bundestagsabgeordnete astora als eine Gefahr in Zeiten der russisch-ukrainischen Krise sehe. Ja, die endgültige Übernahme der astora durch Gazprom stehe kurz bevor, aber für die Verbraucher in Deutschland habe das keine Bedeutung, erklärt Radmacher.
"Wir unterliegen deutschen Gesetzen und deutscher Regulierung und europäischer Regulierung. Und da halten wir uns auch dran. Also mir fällt kein Szenario ein, wo das umgangen werden könnte. Also z.B. ist auch hier keine Gazprom Kunde, sondern denen gehört irgendwann mal dieser Speicher. Aber das Gas, das hier eingespeichert wird, gehört nicht der Gazprom. Also insofern ist diese Sorge wirklich unbegründet."
Letztlich, meint Radmacher, diene der Rehdener Speicher ja genau dazu, eventuelle Lieferengpässe auszugleichen. Und zum Ende des Sommers sei er wieder so voll, dass man – rein theoretisch- mehrere Monate ohne weiteren Import liefern könne.
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