Energie-Agentur gegen längeren Betrieb alter Kernkraftwerke
Die Deutsche Energie-Agentur (dena) lehnt eine Verlängerung der Restlaufzeiten alter Atomkraftwerke ab. Für den Atomausstieg sei vereinbart worden, nur Restlaufzeiten alter Anlagen auf neue Werke zu übertragen, was angesichts der Risiken der Atomkraft richtig sei, betonte dena-Geschäftsführer Stephan Kohler.
Birgit Kolkmann: Die Pannenserie in den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel und die desolate Informationspolitik des Betreibers Vattenfall haben der Atombranche in den letzten zwei Wochen schwer geschadet. Personelle Konsequenzen gibt es beim Betreiber, der Chef der Atomsparte musste gehen ebenso der Kommunikationschef. Aber nach der Pannenserie ist die Diskussion um den Atomausstieg wieder voll entbrannt. Wie lange sollen die alten Reaktoren noch laufen, sollten diese nicht besser stillgelegt und die Restlaufzeiten auf neue übertragen werden. Das macht Sinn, sagt der Umweltminister, das sagen auch Umweltverbände, doch die Energieriesen möchten gerne die bereits abgeschriebenen Atomkraftwerke laufen lassen, denn die bringen pro Tag rund eine Million Euro Gewinn. Das allerdings müsste der Umweltminister genehmigen, was er kaum tun wird. Mittel- und langfristig sollen die regenerativen Energien die Trumpfkarte sein. Ich begrüße in der Ortszeit den Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur zum Interview. Guten Morgen, Stephan Kohler!
Stephan Kohler: Guten Morgen, hallo!
Kolkmann: Herr Kohler, was halten Sie vom Vorschlag der Konzerne, die alten AKWs länger laufen zu lassen?
Kohler: Also, ich denke, dass dieser Vorschlag, und jetzt nicht angesichts der aktuellen Störfälle in Krümmel und Brunsbüttel, sondern prinzipiell, für nicht sinnvoll. Sondern wir, die Bundesregierung, hat mit den Energiekonzernen einen Atomausstieg vereinbart, freiwillig. Die Energiekonzerne haben diesem auch freiwillig zugestimmt und haben unterschrieben. Und da ist eben vereinbart worden, dass, wenn Restlaufzeiten übertragen werden, dann eben nur von alt auf neu und dass insgesamt es beschränkt wird auf 32 Jahre. Und ich denke, das ist angesichts der Risiken der Atomenergie, der ungelösten Atommüllproblematik auch sinnvoll.
Kolkmann: Sind die Kernkraftwerke, insbesondere die alten, offenbar viel unsicherer, als öffentlich von den Betreibern dargestellt?
Kohler: Also, man kann nicht eindeutig einen Zusammenhang herstellen zwischen alt und unsicherer und neu und sicherer. Also, wir können zum Beispiel in der Geschichte Harrisburg, war der neue Reaktor in den USA, wo der Störfall aufgetreten ist, wir hatten auch in Tschernobyl, das war der neueste Reaktor, der eben in einen Störfall oder in eine Katastrophe gegangen ist. Also diesen Zusammenhang gibt es nicht. Aber gerade zum Beispiel bei Krümmel, bei Brunsbüttel können wir eindeutig nachweisen, dass das Kernkraftwerke sind, sind ja auch Siedewasserreaktoren der Baulinie 69, das sind nicht Druckwasserreaktoren, dass da eine Restlaufübertragung auf diese Kernkraftwerke völlig unakzeptabel ist.
Kolkmann: Nun ist ja die Diskussion noch um die Pannenserie und auch um die Informationspolitik verheerend für die Atomindustrie. Könnte das für die regenerativen Energien, die Sie ja vor allen Dingen vertreten, mehr Rückenwind bedeuten, mehr Akzeptanz auch?
Kohler: Also, ich denke schon. Und wir können ja zum Beispiel auch feststellen, dass immer mehr Kunden zum Beispiel von Vattenfall hier in Hamburg oder in Berlin wechseln zu Anbietern von regenerativem Strom. Wir merken, dass eben regenerative Energiequellen immer mehr an Bedeutung gewinnen und an Akzeptanz in der Bevölkerung. Wobei man natürlich auch sehen muss, dass wir heute einen Anteil von rund 13 Prozent an der Stromerzeugung haben. Die Bundesregierung hat beschlossen, diesen Anteil bis zum Jahr 2020 auf 25 Prozent zu erhöhen. Das können wir schaffen. Und ich denke, das ist ein sinnvoller Weg. Dann aber auch gekoppelt mit modernen Kraftwärmekoppelungsanlagen oder eben modernen Gas- und Kohlekraftwerken.
Kolkmann: Werden denn jetzt die Weichen für die künftige Stromversorgung in Deutschland gestellt?
Kohler: Ja, eindeutig! Weil wir haben einen Investitionszyklus vor uns. Also in den nächsten 15 Jahren müssen ungefähr die Hälfte der Kraftwerke ersetzt werden. Und dadurch werden natürlich Strukturen geschaffen, die dann wiederum für die nächsten 30, 40 Jahre bestimmend sind.
Kolkmann: Wie viel können die regenerativen davon übernehmen?
Kohler: Die regenerativen Energiequellen, und da sind sich eigentlich alle Fachleute auch einig, können bis zum Jahr 2050 ungefähr die Hälfte bis 60 Prozent der Stromversorgung übernehmen und ich denke, dieses Ziel sollten wir auch anstreben.
Kolkmann: Nun sind ja die klassischen Energiekonzerne, also E.ON, RWE, Vattenfall und NBW, nicht nur diejenigen, die Atomkraftwerke betreiben, sondern auch diejenigen, die natürlich auch bei den regenerativen Energiequellen mitmachen. Wie stark sind sie da vertreten?
Kohler: Also, bisher sind die großen Konzerne bei den regenerativen Energiequellen sehr schwach vertreten, aber das wird sich zukünftig ändern. Wir kennen viele Projekte jetzt zum Beispiel auch im Offshore-Windbereich, wo die großen Konzerne reingehen. Aber gerade bei Biogasanlagen, bei Photovoltaik-Anlagen, auch bei Windparks onshore, also an Land, können wir feststellen, dass die dominanten Investoren und Betreiber eben nicht die großen Energiekonzerne sind, sondern Privatleute, Fondsgesellschaften oder eben andere kleinere Gesellschaften.
Kolkmann: Nun sind ja die Konzerne auch in der Energie- oder an der Energie-Agentur beteiligt. Welche Rolle spielen sie bei Ihnen?
Kohler: Nein, also, Energiekonzerne sind bei uns nicht beteiligt. Wir haben 50 Prozent Bundesrepublik Deutschland und auf der anderen Seite haben wir vier Banken, also die KfW, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Allianz, die Deutsche Bank und die Genossenschaftsbank. Energiekonzerne sind an der Deutschen Energie-Agentur nicht beteiligt und der Aufsichtsrat hat das auch absichtlich so beschlossen, weil eben die Neutralität der Deutschen Energie-Agentur ein sehr hohes Gut ist und das wollte der Aufsichtsrat auch erhalten.
Kolkmann: Sie haben ja auch Netzstudien herausgegeben, inzwischen schon die zweite. Wenn Sie das einmal auch in den europäischen Vergleich stellen. In anderen Ländern wie in Frankreich, da werden Kernkraftwerke weiter gebaut. Sie sagen, es wäre gut, den Atomausstieg voranzutreiben. Wie passt das denn europäisch zusammen?
Kohler: Also, wir haben europäisch natürlich Frankreich, das sehr stark in der Vergangenheit auf Atomenergie gesetzt hat. Aber nur zur Klarstellung: Derzeit wird in Frankreich kein neues Atomkraftwerk gebaut. Aber wir können in anderen europäischen Ländern feststellen, dass auch die regenerativen Energiequellen, ich schaue da nur nach Spanien, aber auch in Frankreich, wird verstärkt über den Ausbau von regenerativen Energiequellen, insbesondere Windenergie, die natürlich an der Atlantikküste sehr gut auch genutzt werden kann, nicht nur nachgedacht, sondern auch investiert. Und das deutsche Modell des erneuerbaren Energiegesetzes, ja, wo ja der Erfolg auch der regenerativen Energiequellen abhängt, das wird immer in mehr andere europäische Länder transportiert, entsprechend angepasst. Aber hier können wir auch sehr große Fortschritte feststellen.
Kolkmann: Ich bedanke mich, Stephan Kohler. Das war der Geschäftführer der Deutschen Energie-Agentur zur Diskussion um den Atomausstieg und den Einsatz der regenerativen Energiequellen.
Stephan Kohler: Guten Morgen, hallo!
Kolkmann: Herr Kohler, was halten Sie vom Vorschlag der Konzerne, die alten AKWs länger laufen zu lassen?
Kohler: Also, ich denke, dass dieser Vorschlag, und jetzt nicht angesichts der aktuellen Störfälle in Krümmel und Brunsbüttel, sondern prinzipiell, für nicht sinnvoll. Sondern wir, die Bundesregierung, hat mit den Energiekonzernen einen Atomausstieg vereinbart, freiwillig. Die Energiekonzerne haben diesem auch freiwillig zugestimmt und haben unterschrieben. Und da ist eben vereinbart worden, dass, wenn Restlaufzeiten übertragen werden, dann eben nur von alt auf neu und dass insgesamt es beschränkt wird auf 32 Jahre. Und ich denke, das ist angesichts der Risiken der Atomenergie, der ungelösten Atommüllproblematik auch sinnvoll.
Kolkmann: Sind die Kernkraftwerke, insbesondere die alten, offenbar viel unsicherer, als öffentlich von den Betreibern dargestellt?
Kohler: Also, man kann nicht eindeutig einen Zusammenhang herstellen zwischen alt und unsicherer und neu und sicherer. Also, wir können zum Beispiel in der Geschichte Harrisburg, war der neue Reaktor in den USA, wo der Störfall aufgetreten ist, wir hatten auch in Tschernobyl, das war der neueste Reaktor, der eben in einen Störfall oder in eine Katastrophe gegangen ist. Also diesen Zusammenhang gibt es nicht. Aber gerade zum Beispiel bei Krümmel, bei Brunsbüttel können wir eindeutig nachweisen, dass das Kernkraftwerke sind, sind ja auch Siedewasserreaktoren der Baulinie 69, das sind nicht Druckwasserreaktoren, dass da eine Restlaufübertragung auf diese Kernkraftwerke völlig unakzeptabel ist.
Kolkmann: Nun ist ja die Diskussion noch um die Pannenserie und auch um die Informationspolitik verheerend für die Atomindustrie. Könnte das für die regenerativen Energien, die Sie ja vor allen Dingen vertreten, mehr Rückenwind bedeuten, mehr Akzeptanz auch?
Kohler: Also, ich denke schon. Und wir können ja zum Beispiel auch feststellen, dass immer mehr Kunden zum Beispiel von Vattenfall hier in Hamburg oder in Berlin wechseln zu Anbietern von regenerativem Strom. Wir merken, dass eben regenerative Energiequellen immer mehr an Bedeutung gewinnen und an Akzeptanz in der Bevölkerung. Wobei man natürlich auch sehen muss, dass wir heute einen Anteil von rund 13 Prozent an der Stromerzeugung haben. Die Bundesregierung hat beschlossen, diesen Anteil bis zum Jahr 2020 auf 25 Prozent zu erhöhen. Das können wir schaffen. Und ich denke, das ist ein sinnvoller Weg. Dann aber auch gekoppelt mit modernen Kraftwärmekoppelungsanlagen oder eben modernen Gas- und Kohlekraftwerken.
Kolkmann: Werden denn jetzt die Weichen für die künftige Stromversorgung in Deutschland gestellt?
Kohler: Ja, eindeutig! Weil wir haben einen Investitionszyklus vor uns. Also in den nächsten 15 Jahren müssen ungefähr die Hälfte der Kraftwerke ersetzt werden. Und dadurch werden natürlich Strukturen geschaffen, die dann wiederum für die nächsten 30, 40 Jahre bestimmend sind.
Kolkmann: Wie viel können die regenerativen davon übernehmen?
Kohler: Die regenerativen Energiequellen, und da sind sich eigentlich alle Fachleute auch einig, können bis zum Jahr 2050 ungefähr die Hälfte bis 60 Prozent der Stromversorgung übernehmen und ich denke, dieses Ziel sollten wir auch anstreben.
Kolkmann: Nun sind ja die klassischen Energiekonzerne, also E.ON, RWE, Vattenfall und NBW, nicht nur diejenigen, die Atomkraftwerke betreiben, sondern auch diejenigen, die natürlich auch bei den regenerativen Energiequellen mitmachen. Wie stark sind sie da vertreten?
Kohler: Also, bisher sind die großen Konzerne bei den regenerativen Energiequellen sehr schwach vertreten, aber das wird sich zukünftig ändern. Wir kennen viele Projekte jetzt zum Beispiel auch im Offshore-Windbereich, wo die großen Konzerne reingehen. Aber gerade bei Biogasanlagen, bei Photovoltaik-Anlagen, auch bei Windparks onshore, also an Land, können wir feststellen, dass die dominanten Investoren und Betreiber eben nicht die großen Energiekonzerne sind, sondern Privatleute, Fondsgesellschaften oder eben andere kleinere Gesellschaften.
Kolkmann: Nun sind ja die Konzerne auch in der Energie- oder an der Energie-Agentur beteiligt. Welche Rolle spielen sie bei Ihnen?
Kohler: Nein, also, Energiekonzerne sind bei uns nicht beteiligt. Wir haben 50 Prozent Bundesrepublik Deutschland und auf der anderen Seite haben wir vier Banken, also die KfW, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Allianz, die Deutsche Bank und die Genossenschaftsbank. Energiekonzerne sind an der Deutschen Energie-Agentur nicht beteiligt und der Aufsichtsrat hat das auch absichtlich so beschlossen, weil eben die Neutralität der Deutschen Energie-Agentur ein sehr hohes Gut ist und das wollte der Aufsichtsrat auch erhalten.
Kolkmann: Sie haben ja auch Netzstudien herausgegeben, inzwischen schon die zweite. Wenn Sie das einmal auch in den europäischen Vergleich stellen. In anderen Ländern wie in Frankreich, da werden Kernkraftwerke weiter gebaut. Sie sagen, es wäre gut, den Atomausstieg voranzutreiben. Wie passt das denn europäisch zusammen?
Kohler: Also, wir haben europäisch natürlich Frankreich, das sehr stark in der Vergangenheit auf Atomenergie gesetzt hat. Aber nur zur Klarstellung: Derzeit wird in Frankreich kein neues Atomkraftwerk gebaut. Aber wir können in anderen europäischen Ländern feststellen, dass auch die regenerativen Energiequellen, ich schaue da nur nach Spanien, aber auch in Frankreich, wird verstärkt über den Ausbau von regenerativen Energiequellen, insbesondere Windenergie, die natürlich an der Atlantikküste sehr gut auch genutzt werden kann, nicht nur nachgedacht, sondern auch investiert. Und das deutsche Modell des erneuerbaren Energiegesetzes, ja, wo ja der Erfolg auch der regenerativen Energiequellen abhängt, das wird immer in mehr andere europäische Länder transportiert, entsprechend angepasst. Aber hier können wir auch sehr große Fortschritte feststellen.
Kolkmann: Ich bedanke mich, Stephan Kohler. Das war der Geschäftführer der Deutschen Energie-Agentur zur Diskussion um den Atomausstieg und den Einsatz der regenerativen Energiequellen.