Endlose Variationen, niemals gleich
Die amerikanische Künstlerin Vija Celmins ist dem europäischen Publikum kaum bekannt. Im Mittelpunkt ihrer Kunst stehen Vergleich und Wahrnehmung. Die Motive bleiben immer gleich: Wüste, Meer, Steine, Sterne, Spinnennetze.
Nur vier Motive, in endlosen Variationen, niemals gleich: Wüste, Meer, Sterne und Spinnweben. Und das alles in Schwarz-weiß, kleinformatig. Unzeitgemäßer kann Kunst kaum sein. Und auch nicht wunderbarer. Fotografische Vorlagen überträgt die lettischstämmige amerikanische Künstlerin Vija Celmins auf Zeichnungen, insbesondere auf Druckgrafik.
"Ich entwickle, entfalte da ein paar alte Techniken wie die Gravur oder das Mezzotinto. Ich mag das Körperliche am Druck."
Die sieben, unmittelbar nebeneinander hängenden, kleinen Blätter der bewegten Meeresoberfläche sehen wie Aufnahmen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten aus, aber es ist immer die gleiche Aufnahme, nur mit Bleistiften verschiedener Härtegrade umgesetzt. Nüchtern, zeit- und ortlos heißt die Arbeit von 1972 nur "Ocean: 7 Steps". Ausstellungsmacherin Julia Friedrich über fotografische Vorlage und grafische Umsetzung:
"Das ist eben der Unterschied zur reinen Fotografie, die ein sehr technisches Medium ist, ein sehr kaltes und flaches Medium, was rein über eine Illusion funktioniert. Und ihr Medium ist ein warmes, eines, was mit der künstlerischen Hand sehr eng verbunden ist, die auch immer zu sehen ist, so perfekt das aussieht, wenn man ganz nah ran geht, sieht man immer den Unterschied. Und den soll man auch sehen, das ist ihr ganz wichtig."
Sind ihre namenlosen Bilder von bewegten Meeresoberflächen oder bewegungslosen Himmelskörpern das Ergebnis wissenschaftlicher Beschäftigung? Ist das Wissenschaft, Vija Celmins?
"Nein, nein, nein!. Aber ich mag wissenschaftliche Fotos. Ich mag diese anonymen Bilder. Das künstlerische Werk ist emotionaler als das wissenschaftliche Bild, die Vorlage. Ganz einfach, weil es meine Handschrift, meine Spuren trägt. Na eben alles was ein Kunstwerk draus macht."
Man wird als Betrachter den Eindruck einer Art vorösterlichen Besinnung, einer Kontemplation, nicht los. Hier wird aber nicht vorsokratische Naturphilosophie illustriert. Es geht nicht um die Unerschütterlichkeit der Seele beim Anblick der Wasseroberfläche, nicht um Stoizismus. Auge und Wahrnehmung werden trainiert, ein Bildgedächtnis geübt. Wenn es gut geht, kann man sich mithilfe dieser Bilder beim Erinnern zuschauen. Die ereignislosen, geschichtslosen Bilder muss man aushalten. Sie zeigen nur ihr Material selbst.
Vija Celmins: "Diese Arbeit ist so zurückgenommen, gebändigt und still, allein weil es wirklich keine Botschaft hat. Es ist, was es ist. Es ist keine religiöse oder politische Arbeit. Es sagt nichts über mich. Nicht, wann am Tag ich es gemacht habe oder ob die Regierung gut oder schlecht ist."
Vija Celmins arbeitet unregelmäßig, gibt sie zu. Mal arbeitet sie im Atelier, dann wieder nicht und schaut nur in die Gegend. Ihre konzeptuelle Kunst kennt kein menschliches Abbild, kein Ding, das ablenkt. Ihre Meeresoberflächen in "Ocean Steps" sind sieben Mal das gleiche Motiv und erzeugen sieben Mal ganz verschiedene emotionale Wirkung. Sie malt dasselbe Bild mehrfach ab und untersucht das Zeichenmaterial auf seine Wirkung. Von links nach rechts wird das gleiche Bild unmerklich immer dunkler. Die Aufmerksamkeit verschiebt sich vom Motiv, dem Meer, aufs Material. Mit traditionellen, begrenzten Techniken nähert sie sich dem Unbegrenzten. Und wenn man den Blick auf den scheinbar unstrukturierten Wüstenboden aushält, kommt sogar Rhythmus in die Bilder. Einen Free-Jazz-Saxofonisten könnte man sich gut dazu vorstellen.
Eine in Europa wenig bekannte Künstlerin, die seit Jahrzehnten obsessiv ein Thema verfolgt, ist in Köln zu bestaunen. Die Naturzeichnung, die kühle Oberfläche erhält bei Vija Celmins unmerklich wieder einen warmen Körper. Aus anonymen Strukturen erzeugt der Betrachter persönliche Wahrnehmungen und erschafft sich das Bild neu. Zahllose Grautöne bringen Wüste, Meer, Sterne und Spinnweben zum Klingen. Ist es Zeichnung, ist es Fotografie? Julia Friedrich:
"Es ist definitiv beides. Das ist das Tolle daran, dass man es intellektuell kaum fassen kann, aber emotional kann man es fassen."
"Ich entwickle, entfalte da ein paar alte Techniken wie die Gravur oder das Mezzotinto. Ich mag das Körperliche am Druck."
Die sieben, unmittelbar nebeneinander hängenden, kleinen Blätter der bewegten Meeresoberfläche sehen wie Aufnahmen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten aus, aber es ist immer die gleiche Aufnahme, nur mit Bleistiften verschiedener Härtegrade umgesetzt. Nüchtern, zeit- und ortlos heißt die Arbeit von 1972 nur "Ocean: 7 Steps". Ausstellungsmacherin Julia Friedrich über fotografische Vorlage und grafische Umsetzung:
"Das ist eben der Unterschied zur reinen Fotografie, die ein sehr technisches Medium ist, ein sehr kaltes und flaches Medium, was rein über eine Illusion funktioniert. Und ihr Medium ist ein warmes, eines, was mit der künstlerischen Hand sehr eng verbunden ist, die auch immer zu sehen ist, so perfekt das aussieht, wenn man ganz nah ran geht, sieht man immer den Unterschied. Und den soll man auch sehen, das ist ihr ganz wichtig."
Sind ihre namenlosen Bilder von bewegten Meeresoberflächen oder bewegungslosen Himmelskörpern das Ergebnis wissenschaftlicher Beschäftigung? Ist das Wissenschaft, Vija Celmins?
"Nein, nein, nein!. Aber ich mag wissenschaftliche Fotos. Ich mag diese anonymen Bilder. Das künstlerische Werk ist emotionaler als das wissenschaftliche Bild, die Vorlage. Ganz einfach, weil es meine Handschrift, meine Spuren trägt. Na eben alles was ein Kunstwerk draus macht."
Man wird als Betrachter den Eindruck einer Art vorösterlichen Besinnung, einer Kontemplation, nicht los. Hier wird aber nicht vorsokratische Naturphilosophie illustriert. Es geht nicht um die Unerschütterlichkeit der Seele beim Anblick der Wasseroberfläche, nicht um Stoizismus. Auge und Wahrnehmung werden trainiert, ein Bildgedächtnis geübt. Wenn es gut geht, kann man sich mithilfe dieser Bilder beim Erinnern zuschauen. Die ereignislosen, geschichtslosen Bilder muss man aushalten. Sie zeigen nur ihr Material selbst.
Vija Celmins: "Diese Arbeit ist so zurückgenommen, gebändigt und still, allein weil es wirklich keine Botschaft hat. Es ist, was es ist. Es ist keine religiöse oder politische Arbeit. Es sagt nichts über mich. Nicht, wann am Tag ich es gemacht habe oder ob die Regierung gut oder schlecht ist."
Vija Celmins arbeitet unregelmäßig, gibt sie zu. Mal arbeitet sie im Atelier, dann wieder nicht und schaut nur in die Gegend. Ihre konzeptuelle Kunst kennt kein menschliches Abbild, kein Ding, das ablenkt. Ihre Meeresoberflächen in "Ocean Steps" sind sieben Mal das gleiche Motiv und erzeugen sieben Mal ganz verschiedene emotionale Wirkung. Sie malt dasselbe Bild mehrfach ab und untersucht das Zeichenmaterial auf seine Wirkung. Von links nach rechts wird das gleiche Bild unmerklich immer dunkler. Die Aufmerksamkeit verschiebt sich vom Motiv, dem Meer, aufs Material. Mit traditionellen, begrenzten Techniken nähert sie sich dem Unbegrenzten. Und wenn man den Blick auf den scheinbar unstrukturierten Wüstenboden aushält, kommt sogar Rhythmus in die Bilder. Einen Free-Jazz-Saxofonisten könnte man sich gut dazu vorstellen.
Eine in Europa wenig bekannte Künstlerin, die seit Jahrzehnten obsessiv ein Thema verfolgt, ist in Köln zu bestaunen. Die Naturzeichnung, die kühle Oberfläche erhält bei Vija Celmins unmerklich wieder einen warmen Körper. Aus anonymen Strukturen erzeugt der Betrachter persönliche Wahrnehmungen und erschafft sich das Bild neu. Zahllose Grautöne bringen Wüste, Meer, Sterne und Spinnweben zum Klingen. Ist es Zeichnung, ist es Fotografie? Julia Friedrich:
"Es ist definitiv beides. Das ist das Tolle daran, dass man es intellektuell kaum fassen kann, aber emotional kann man es fassen."