Ende der Schmalfilm-Ära

Von Jörg Taszman · 26.07.2005
Die Firma Kodak hat den Kodachrome 40, ein legendärer Super-8-Film, vom Markt genommen. Generationen von Hobbyfilmern und Familienvätern drehten auf diesem Schmalfilm Kurzfilme. Aber auch heutige berühmte Regisseure machten damit ihre ersten filmischen Gehversuche.
Schon Paul Simon besag die satten Farben und das Grün des Sommers und bat eine imaginäre Mutter in seinem Song, ihm doch bloß nicht den Kodachrome Film wegzunehmen. Fast drei Minuten konnte man mit dem Super-8-Film Kodachrome 40 aufnehmen und wegen der geringen Lichtempfindlichkeit von nur 40 ASA war und blieb es ein Schönwetterfilm.

Und doch bekam jeder, der einmal einen Super-8-Film gedreht hat, ein Gefühl für Kamerabewegungen, für Bildkomposition und für Licht. So waren die Super-8-Filmer nicht nur Familienväter, sondern auch junge Filmenthusiasten wie der französische Regisseur Francois Ozon, bekannt durch seine Filme "8 Frauen", "Swimming Pool" und "5x2". Auch Ozons Vater hatte eine Super 8 Kamera und Francois begann mit ihr eigene Filme zu drehen.

Francois Ozon: "Ich habe Super 8 vor zehn Jahren benutzt, heute nicht mehr. Da gibt es Video, digital video, in den letzten zehn Jahren ist alles sehr schnell gegangen. Das ist schade, weil Super 8 ein sehr schönes Trägermedium ist. Aber es gab kein Negativ, so verschwindet alles sehr schnell. Als meine DVDs in Frankreich heraus kamen, habe ich einige meiner Super-8-Filme dort erscheinen lassen, mit meiner Familie und so. "

Nicht nur Ozon, auch sein Regiekollege Christophe Barratier, der den Welterfolg "Die Kinder des Monsieur Mathieu" drehte, begann auf Super 8, interessanterweise mit Home Made Horrorfilmen. Super 8 war immer ein Medium mit dem man filmisch spielen konnte, in Ländern wie der DDR entwickelte sich sogar eine ganz eigene Underground-Filmemacherkultur.

Aber auch große Hollywoodregisseure wie Steven Spielberg oder George Lucas fingen mit Super 8 an. Und Wim Wenders benutzte noch vor 20 Jahren in Paris Texas Super 8, um eine raffinierte Rückblende zu erzählen. So sieht Travis, der sich jahrelang in die Einsamkeit geflüchtet hat, erstmals seine Frau, sein Kind und sein einstiges Glück auf Super 8. Auf der DVD zu Paris Texas kann man die ganze, über 6 Minuten lange, ungeschnittene Sequenz bewundern und im englischen Audiokommentar gibt Wenders zu, dieser letzte Drehtag nur mit den Schauspielern, ohne Technik, ohne Crew hätte ihm am meisten Spaß bereitet.

"This was the best time I had on the entire film. We shot this on the last day of shooting…we drove to the sea side in Houston and shot this on the beach. And it was just myself and the actors, no crew, nobody else around... And it was just heaven. "

Wenn Kodak nun den Kodachrome 40 vom Markt nimmt, heißt das noch nicht das Ende des Super-8-Films, es gibt noch den lichtstärkeren Ektachrome 64. Gerade in der Werbung oder für Musikvideoclips wird auf das Format gerne zurückgegriffen. Und Zeiten, wo sich digitale Bilder durchsetzen, verlangen ja auch nach Gegenbildern.

Heute, wo es normal erscheint, jedes stehende und bewegte Bild sofort sehen und austauschen zu können, erscheint es altmodisch, auf Super 8 zu drehen, die Filmkassette einzuschicken und erst ca. drei Wochen später wieder zu bekommen, nicht wissend, ob die Aufnahmen wirklich gelungen sind.

Aber diese Ungewissheit, das feierliche Zeremoniell eines abgedunkelten Zimmers und der ratternde Sound des Super-8-Projektors haben auch ihren Reiz. Ich habe meinen videoerprobten Kindern vor kurzem stundenlang alte Super-8-Filme gezeigt. Sie waren begeistert. Und allen, die noch eine Super 8 Kamera besitzen, kann man nur raten: Packt die Kamera aus und dreht mal wieder auf Film.