Empörung über Lagerhaft-Urteil

Erneute Festnahme Nawalnys

Der russische Regierungskritiker Alexej Nawalny wurde auf dem Weg zur Protestdemo festgenommen
Der russische Regierungskritiker Alexej Nawalny wurde auf dem Weg zur Protestdemo festgenommen © imago / Mikhail Pochuyev
Von Gesine Dornblüth · 31.12.2014
Der unter Hausarrest stehende Blogger und Anwalt ist in Moskau erneut festgenommen worden. Er sei auf dem Weg zu eine Protestdemo gegen die Justiz verhaftet worden, hieß es. Zuvor hatte ein Gericht ihn auf Bewährung und seinen Bruder zu einer Haftstrafe verurteilt.
Bereits am Nachmittag hatte die Polizei zahlreiche Zugänge zum Manege-Platz in Moskaus Zentrum abgesperrt. Tausende Sicherheitskräfte waren im Einsatz. Sogar ein Weihnachtsmarkt am Kreml wurde geschlossen, die Buden blieben dunkel, dazwischen wachten alle paar Meter Uniformierte. Am Abend kamen dann schließlich rund 2.000 Menschen zu der nicht genehmigten Kundgebung, um gegen die Verurteilung der Nawalnyj-Brüder zu protestieren. Sie taten es friedlich, skandierten "Freiheit" und den Namen "Nawalnyj". In der Menge auch die Pädagogin Julia: "Bei mir ist heute das Fass übergelaufen. Es heißt, wir sind eine Großmacht. Worin soll die Größe bitte bestehen? Darin, dass so eine Willkür geschieht? Dann bin ich dagegen."
Und Julias Freundin Zhanna sagt: "Das Urteil war ungerecht und an den Haaren herbeigezogen. Es bedeutet, dass jede unternehmerische Tätigkeit als Betrug interpretiert werden kann. Da kann man jeden Geschäftsmann ins Gefängnis bringen. So entwickelt sich unsere Wirtschaft nie."
Hafturteil gegen Oleg soll seinen Bruder, den Oppositionspolitiker Aleksej unter Druck setzen
Der Oppositionspolitiker Aleksej Nawalnyj und sein Bruder Oleg waren am Morgen von einem Moskauer Bezirksgericht wegen Unterschlagung verurteilt worden. Sie sollen den französische Kosmetikkonzern Yves Rocher um rund eine halbe Million Euro betrogen haben, als sie den Vertrieb des Unternehmens in Russland organisierten.
Der Konzern hat allerdings erklärt, ihm sei gar kein Schaden entstanden. Beobachter halten den Prozess für politisch motiviert. Er ziele darauf, den in Russland derzeit wohl bekanntesten Gegner Putins mundtot zu machen. Dass die Strafe gegen den Politiker auf Bewährung verhängt wurde, sein Bruder hingegen ins Straflager muss, setze Aleksej Nawalnyj unter enormen psychologischen Druck, sagen Vertreter der Opposition. Die Aktivistin Olga Romanowa sagt: "Der kleinere Bruder muss den Kopf für den Älteren hinhalten. Das ist niederträchtig und ekelhaft."
Während sein Bruder heute in das Moskauer Untersuchungsgefängnis Butyrka überstellt wurde, steht Aleksej Nawalnyj weiterhin unter Hausarrest. Dennoch verließ er am Abend seine Wohnung, um an der Kundgebung auf dem Manegeplatz teilzunehmen. Er wolle an diesem Abend bei seinen Leuten sein, teilte er über Twitter mit.
Unterwegs wurde er von der Polizei gefasst und wieder nach Hause gefahren. Im Laufe des Abends nahm die Polizei nach Angaben von Menschenrechtlern mindestens 245 Demonstranten fest.
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