Elke Heidenreich muss gehen

Von Burkhard Müller-Ullrich |
"Von mir aus schmeißt mich raus!" - Das hatte Literaturkritikerin Elke Heidenreich dem ZDF nach dem Eklat bei der Vergabe des Deutschen Fernsehpreises entgegengeschleudert. Nun erfüllt das ZDF den wütenden Wunsch der Moderatorin und beendet die Zusammenarbeit.
Wir wollen jetzt mal ganz behutsam sein mit schadenfrohen und gehässigen Bemerkungen unter Berufskollegen, unter befreundeten Sendeanstalten des öffentlichen Rechts und unter Kulturbetriebsangehörigen. Behutsamer jedenfalls als Elke Heidenreich, die über Thomas Gottschalk schrieb: "Er ist nicht intelligent, er ist nicht charmant, er hat keinen Witz", die Denis Scheck als "Rolltreppendickerchen" verhöhnte und die erklärte, sich dafür zu schämen, in so einem Sender wie dem ZDF überhaupt noch zu arbeiten. Und wir wollen deshalb ganz behutsam fragen, warum das ZDF ihren vor knapp zwei Wochen in der Sonntags-FAZ herausgebrüllten Wut-Wunsch: "Von mir aus schmeißt mich jetzt raus!" auf einmal erfüllen will. Beziehungsweise warum erst nach knapp zwei Wochen.

Nun, es ist natürlich nicht das ZDF, das sie jetzt rausschmeißt, sondern es sind dessen Manager: der Abteilungsleiter, der Programmdirektor, der Intendant. Diese Männer sind offenbar sehr dünnhäutig. So eine kreischende Elke traktieren sie mit ganz schmallippigen Texten: "habe mit Verwunderung zur Kenntnis genommen", "über das Verhalten auch persönlich enttäuscht", "Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört", heißt es da. Und genau diese Formulierungen dokumentieren den ganzen Wohlverhaltensdruck, der das Deutsche Fernsehen so schwerfällig und ungenießbar macht. Immer nur verstohlen auf Krawall schielen, aber mit den Krawallschachteln nicht umgehen können: Darin liegt das Drama der Programmverantwortlichen.

Das Drama der Elke Heidenreich besteht indessen darin, dass sie sich vom Fernsehen überzeugen ließ, bedeutend zu sein. Nur so konnte es zu dem intellektuellen Fiasko kommen, dass sie eine Literatursendung als Stunde der wahren Emphase gestaltete, und nur so ist die drollige Selbstüberschätzung zu erklären, mit der sie noch am letzten Wochenende, wiederum in der Sonntags-FAZ, verlautbarte: "Ich mache auf jeden Fall die letzten beiden Sendungen am 31.10 und am 5.12., und dann wird sich zeigen, ob ein besserer Termin zur Verfügung steht."

Jetzt haben ihr die Mächtigen gezeigt, wie "Verfügung" aussieht – und zwar "mit sofortiger Wirkung", was wieder so ein fürchterlicher Managerjargon ist: als ob sie die Geschasste noch irgendwie hindern müssten, Geld an Lehman Brothers zu überweisen. Vielleicht fürchten sie ja selber, irgendwann für alle ihre Fehlentscheidungen – erst Elke anschaffen, dann Elke abschaffen – zur Rechenschaft gezogen zu werden. Bloß: Intendanten, Fernsehdirektoren und Abteilungsleiter kriegen keine Boni, und vergeudete Sendeminuten können sie höchstens im Himmel zurückzahlen.

Elke Heidenreich aber muss sich in die eindrucksvolle Reihe rausgeschmissener Fernsehfrauen stellen und die bittere Banalität ihres Abschieds vom ZDF beklagen: Sie hatte es darauf angelegt, als beleidigte Sigrid-Löffler-Leberwurst zu gehen. Aber nun sieht es mehr nach Strafe für schlechtes Benehmen aus. Das aber kann sich eben bloß der alte Reich-Ranicki leisten.