Elias Perabo von "Adopt a revolution"

Wie man von Berlin aus eine Revolution unterstützt

Mitglieder der deutsch-syrischen Solidaritätsorganisation "Adopt a Revolution" und andere Demonstranten protestieren am 05.04.2017 vor der russischen Botschaft in Berlin gegen den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien.
Mitglieder von "Adopt a Revolution" und andere Demonstranten protestieren am 05.04.2017 vor der russischen Botschaft in Berlin gegen den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien. © dpa / picture-alliance
Elias Perabo im Gespräch mit Ulrike Timm · 07.11.2017
"Adopt a revolution" heißt der Verein, den Elias Perabo 2011 gründete. Das Ziel: den unbewaffneten Widerstand in Syrien zu unterstützen. Doch nach sechs Jahren Krieg sind viele der syrische Aktivisten gestorben oder kämpfen ums Überleben. Wie geht man damit um?
Eine Revolution könne man natürlich nicht adoptieren wie ein Kind oder eine Katze, sagt Elias Perabo, aber es gehe darum, sich mit den Möglichkeiten des Umsturzes zu befassen.
"Im Englischen bedeutet dieser Begriff auch "sich einer Sache annehmen". Genau darum geht’s: hingucken, beschäftigen, intervenieren – das ist der Ansatz unserer Organisation."
Der 36-Jährige versteht sich als "politischer Pragmatiker". Er hat zwar in Leipzig und Toronto Politikwissenschaft studiert, die bloße Theorie befriedigt ihn aber nicht.
"Es ist ja nicht so, dass die Welt per se schlecht ist. Ich glaube, es geht darum zu sagen, ich habe keine Lust, die Welt so zu nehmen wie sie ist, sondern es geht um Veränderungen und Verbesserungen. Und da möchte ich sehen, welche Hebel habe ich, was kann ich da machen. Sich dafür einen Instrumentenkoffer zu erarbeiten, das war ein Ziel des Studiums."
Elias Perabo  hat 2011 den Verein "Adopt a Revolution" gegründet.
Elias Perabo hat 2011 den Verein "Adopt a Revolution" gegründet.© privat
Es ist deshalb kein Zufall, dass er zusammen mit anderen Ende 2011 in Berlin den Verein "adopt a revolution" gegründet hat. Ihr Ziel: Die Unterstützung des unbewaffneten Widerstands gegen das Assad-Regime in Syrien. Anfangs leisteten die deutschen Aktivisten vor allem organisatorische Hilfe für Demos und Kampagnen in Syrien – immer in dem Bewusstsein, als ausländische Organisation auf die Lage des Landes zu blicken:
"Man kommt von außen. Man muss da extrem vorsichtig sein. Es ist ihre Sache. Gleichzeitig gibt es ja etwas Vereinendes und Verbindendes. Wir alle versuchen, für universelle Werte zu kämpfen. Das ist das verbindende Element. Das ist etwas, wo man sagt: Da kann ich unterstützen. Ich kann nicht in der alltäglichen Arbeit unterstützen. Ich kann mir auch nicht anmaßen zu sagen, was gut oder schlecht oder richtig ist. Ich gucke darauf und sage: Hier sind Menschen, die sich für ähnliche Werte einsetzen wie ich. Hier sind Menschen, die etwas ganz anderes erreichen wollen, die Mitbestimmung wollen – Werte, die mir persönlich wichtig sind und darin möchte ich sie unterstützen."

Das nackte Überleben im Mittelpunkt

Nach über sechs Jahren Krieg steht das nackte Überleben ihrer Partner vor Ort im Mittelpunkt. Trotz der schwierigen Lage versucht Elias Perabo mit seiner Organisation, den Kontakt nach Syrien aufrechtzuhalten. Emotional sei das manchmal sehr schwierig, resümiert er.
"Oft sind wir einige der wenigen Quellen ins Ausland, das heißt es wird uns einfach viel erzählt über das alltägliche Leid (…) von fehlenden Milchprodukten für Babys, von Bomben, die auf Partner von uns fallen, wo wir nur zugucken können. Wo wir sozusagen erst einmal gefangen sind in diesem unglaublichen Leid. Gleichzeitig (…) erzeugt es Wut und das ist etwas sehr Produktives. Man sagt: Hey wir müssen hier etwas machen, wir müssen uns engagieren, wir müssen auch als Gesellschaft dazu kommen, dass wir handeln können, und das ist eine sehr positive Energie, die man dabei hat."
Das elfköpfige Team von "adopt a revolution" sammelt Spendengelder ein, betreut über 25 konkrete Hilfsprojekte und versucht die deutsche Öffentlichkeit über das Leid der Zivilbevölkerung in diesem Krieg aufzuklären. Er empfindet diese Arbeit aber keineswegs als einseitiges Geben:
"Es ist auch ein großes Nehmen. Für mich, für meine Biografie ganz persönlich, diesen Mut zu sehen der Menschen, die sagen: Wir wollen mitbestimmen, wir wollen unser Leben selbst gestalten – das war ein unglaublicher Wert. Das ist etwas, was Demokratie ausmacht und was auch Humanismus ausmacht."
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