Elektro-Pop

Organischer Selbsterfahrungstrip

Fabian Fenk (l.) und Anton Feist sind das Elektro-Pop-Duo The/Das. Feist hält auf dem Foto die Augen geschlossen.
Schon bei Bodi Bill, der Vorgänger-Band von The/Das, machten Anton Feist und Fabian Fenk zusammen Musik - hier bei einem Konzert 2009 in Tempelhof. © Martin Risel
Von Martin Risel · 26.08.2014
Sänger Fabian Fenk und Keyboarder Anton Feist sind: The/Das. Sanfte Elektro-Sounds prägen diese Supergroup, die zu mehr heranreifen könnte, als zu einer Eintagsfliege im Berliner Club-Untergrund - auch wenn sie das gar nicht vorhatten, auf ihrem Trip zu sich selbst.
Da im Song "Somebody is" versucht er mal, ein sozialkritischer Songwriter zu sein: Fabian Fenk, Sänger von The/Das. Muss er das? Muss er nicht. Seine Qualitäten und die von Keyboarder Anton Feist waren schon bei der Vorgänger-Band Bodi Bill ganz andere: Elektronische Beats mit gefühlvollen Songs zu verbinden. Das hat ihnen viel Respekt eingebracht und Ruhm, weltweiten Ruhm sogar. Reichtum allerdings nicht. Und es geht auch jetzt nicht um Charts oder Mainstream.
Bodi Bill macht nun Pause. Und aus dem Berliner Club-Untergrund kommt auch The/Das – komischer Name – was soll das?
"Wahrscheinlich ist der größte Vorteil an dem Namen, dass er erst mal weitgehend imagefrei ist. Wir wollten erst mal ganz locker ohne Erwartungen an die Musik herangehen. Und wenn du dir dann so nen aufgeladenen Namen besorgst, dann gibt’s schon wieder Erwartungen. Und du hast – bevor du überhaupt nen Ton von Dir geben kannst – ein Image aufgebaut. Und mit The/Das kann das nun wirklich nicht passieren, hoffe ich. (Lacht)"
Musik zur Selbstverwirklichung
Die Lachfalten durchdringen den modischen Vollbart in seinem freundlich-rundlichen Gesicht: Anton Feist, vor 36 Jahren in Sibirien geboren, mit zwei nach Ost-Berlin gekommen, in den 90ern von Nirvana sozialisiert, studierter Filmtonmeister, macht Musik und Sounddesign für Film, Fernsehen, Werbung zum Geldverdienen und The/Das zum Selbstverwirklichen.
So ähnlich tun es viele Musiker beim Berliner Geheimtipp-Label Sinnbus, bei dem auch schon Bodi Bill eine Bleibe hatten. Man ist gut Freund statt Geschäftspartner, lebt das gleiche Leben – und ein bisschen Marketing können die Sinnbus-Leute auch schon: Dichten The/Das als Genre die Wort-Neuschöpfung "Techno tenderness" an – und alle Artikel über sie schreiben dann von der "Zärtlichkeit des Techno" .
"Zum Thema 'Techno tenderness': So komisch, das auch klingt: Da wurde viel drüber nachgedacht. Wir können damit leben. Und sind glücklich, dass wir das selber nicht erfinden mussten."
Die Romantik Thüringens
"Ich hab tatsächlich die Frau, mit der ich jetzt zusammen bin, einmal umarmt und – whow, was ist denn hier los? Und ungefähr darum geht’s in dem Text. Ich hab dann auch ein, zwei Jahre später meinen Mut zusammengenommen und ihr den Song geschickt und (lacht) ihr Interesse für mich gewonnen. – Ist das jetzt zuviel verraten? Naja …"
Fabian Fenk stammt aus Thüringen, ebenfalls in Ost-Berlin aufgewachsen, ebenfalls Mitte 30. Seine romantische Ader entspringt der Natur in Thüringens Wäldern, seine Beats denen von Depeche Mode. Dem Wunsch seiner Eltern nach einem Studium vor der Kunst-Karriere hat er mit Grafik-Design so halbwegs entsprochen. Blöd nur, dass man in der Medien-Musik-Metropole mit diesen Absolventen die Straßen pflastern könnte.
"In Berlin sind die Löhne ja nicht so gut, ne. Und Grafik-Designer ist jetzt auch nicht der prädestinierte Beruf, um nebenbei Geld zu scheffeln. Sagen wir mal so … (lacht)."
Ehrlich erzählte Erfahrungen
Auch der lange blonde Schlacks vom Typ Farin Urlaub strahlt übers ganze Gesicht, wenn er davon träumt, davon erzählt, wie er – Geld hin, Geld her – sich mit dieser seiner Musik bei The/Das selbst verwirklichen kann. Vielleicht so sehr wie nie zuvor. Denn jetzt klingt die Stimme des autodidaktischen Sängers wirklich nach Gesang, nicht mehr nach rhythmischen Rufen. Äußerst organisch schmeicheln sich die sanften Elektro-Sounds rund um seine erschreckend ehrlich erzählten Erfahrungen, die er da in den Strophen preisgibt.
Und so hat The/Das das Zeug, zu mehr heranzureifen als einer elektronischen Eintagsfiiege aus dem Berliner Club-Untergrund, sicher wieder rund um die Welt erfolgreich, vielleicht ja sogar in den Charts, auch wenn sie das gar nicht vorhatten auf ihrem Trip zu sich selbst.
"Also, ich les gerade in Hunter S. Thompsons Buch – und da muss der Typ irgendeinem Kumpel erklären: Naja, soll ich jetzt Autor werden oder nicht? Und der hält ihm nen langen Vortrag, was es heißt, das zu finden, was man gerne machen möchte oder so, ja?
Also mir geht‘s jetzt so, dass ich ganz klar sagen kann: Obwohl ich nicht immer Musiker bin, isset absolut meine Identität und ich fühl mich absolut wohl. Und unsere Platte beweist das und macht mich dann auch glücklich oder so. Und da geht’s dann auch nicht ums Geld."
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