Einst waren wir Krieger

Von Jochanan Shelliem · 13.10.2012
Wie eine lange weiße Wolke erschien den Polynesiern dieses Land am Horizont, das sie Aotearo nannten. Die Maori hielten nichts von Büchern. Ihre Aufzeichnungen trugen sie im Gesicht. Tätowierungen gaben Auskunft über Stammeszugehörigkeit und Rang. Als die Missionare kamen, etwa tausend Jahre später, hielten die Krieger stand.
James Busby, der Gesandte des Gouverneurs von New South Wales, Australien, fixierte 1840 im englischen Original des Vertrags von Waitangi die Unterwerfung der Maori unter die Krone ihrer Majestät. Die Übersetzung aber sprach von "Staatlichkeit" und "Souveränität."

Was folgte, waren die Neuseelandkriege und die Entwicklung einer schriftlichen Tradition bei den Maori. Einwanderer, Seefahrer und Emigranten beflügeln seither die Literatur des Landes, dessen Eingeborene sich nie unterkriegen ließen. Das Ende der Welt war immer Ausgangspunkt zur Reise nach England. Wir folgen den Seereisenden. Katherine Mansfield zog 1903 nach London und sehnte sich ihr Leben lang nach Neuseeland zurück. Der Booker Prize an Keri Hulmes "The Bone People" gut achtzig Jahre später würdigt die Maori nun auch in der Literatur.

Anthony McCarten reiste nach Europa und schrieb Bestseller mit Kiwi-Blick: Liebe am Ende der Welt. Kein Wunder, dass diese Nation am Ende der Welt zur Projektion von Mittelerde und zum Experimentierfeld vieler Poeten, Schriftsteller und Walfänger geworden ist. Die Kontinentalplatten reiben sich in Neuseeland - und das Land hat sich emanzipiert.


Neuseeland: Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2012


James Cook
" Samstag, 31. März
Ehe ich dies Land endgültig verlasse, will ich eine kurze und allgemeine Beschreibung seiner Gestalt und seiner Einwohner nebst deren Sitten und Gebräuchen geben. "

Ludwig Eichrodt
" Nach Neuseeland, nach Neuseeland,
Auch ein schönes Ei- und Schneeland,
Dahin, Alter, lass mich hin!
Wo die bösen Menschenfresser
Und die bösen Beefsteakesser
Fuchtelnd ihre Messer ziehen -
Dahin, Alter, lass mich ziehn! "


James Cook war ein britischer Seefahrer und Entdecker. Berühmt wurde er durch drei Fahrten in den Pazifischen Ozean, auf denen er zahlreiche Inseln entdeckte sowie weitere Inseln vermaß und kartografierte.

Captain James Cook
Entdeckungsfahrten im Pazifik
Die Logbücher der Reisen von 1768-1779
Marixverlag 2011
Kein Seefahrer vor James Cook unternahm so ausgedehnte Reisen, verbrachte so lange Zeiträume ununterbrochen auf See und kehrte mit so umfangreichen Kenntnissen weiter Teile der Erde zurück. Cook war der Navigator, der die weißen Flecken auf der Karte des Pazifischen Ozeans tilgte. Wir lesen heute, über zweihundert Jahre später, seine umfangreichen, sachlich knapp und unprätentiös gehaltenen Logbücher mit Atem raubender Faszination. In der Abfolge einer Fülle bildkräftig geschilderter Eindrücke und Erlebnisse erkennen wir auch die wachsende Erfahrung des Kapitäns in der Führung seiner Schiffe Endeavour, Resolution, Discovery und Adventure und ihrer Mannschaften. In ihrer epochalen Bedeutung, aber auch in ihrer abenteuerlichen Erlebnisfülle können die Reisen James Cooks durchaus in einem Atemzug mit den Fahrten des Columbus genannt werden.



Janet Paterson Frame war eine neuseeländische Schriftstellerin.


Janet Frame:
Ein Engel an meiner Tafel
C. H. Beck, München 2012
Janet Frames autobiografischer Roman erzählt die Lebensgeschichte einer der eigenwilligsten Autorinnen der Weltliteratur. Die junge Janet Frame wächst unter ärmlichen und tragischen Umstanden an der Küste Neuseelands auf: Ihr Bruder erkrankt an Epilepsie, und ihre beiden Schwestern ertrinken bei Badeausflügen. Nach einem Selbstmordversuch in die Psychiatrie eingeliefert, rettet die junge Autorin nur wenige Tage vor einer geplanten Hirnoperation ein Literaturpreis, und sie wird nach acht Jahren entlassen. "Ein Engel an meiner Tafel" liefert den Beweis für die lebensspendende Kraft der Literatur, erzählt von einer Autorin, die ihr Leben dem Schreiben.

Janet Frame im Poetry Archive
Janet Frame beim new zealand electronic poetry centre



Aus dem Manuskript


Janet Frame: " Das Schreiben einer Autobiografie, normalerweise als ein Zurückblicken gedacht, kann ebenso gut ein Überblicken oder Durchblicken sein, wobei die fortschreitende Zeit einen Röntgenblick verleiht. Auch ist die vergangene Zeit keine verschwundene Zeit, es ist angesammelte Zeit - die Menge gleicht der Märchenfigur, der sich auf ihrem Weg immer mehr Gestalten anschlossen, von denen keine sich von der anderen und von der ganzen Menge trennen ließ; manche hafteten so fest, dass ihre Gegenwart körperliche Schmerzen bereitete. Man füge den Gestalten alle Ereignisse, Gedanken und Gefühle hinzu, und es entsteht eine Masse von Zeit, bald ein klebriges Chaos, bald ein Juwel, größer als die Planeten und Sterne.

Wenn ich durch 1945 hindurchblicke, sehe ich das Skelett des Jahres und, sowohl den Schatten des Todes als auch des Lebens darüber werfend, die Atombombe; ich sehe die unscheinbaren Krokusse, die im späten Frühlingsschnee überlebten, die Geburtstage und Todestage und zwei oder drei andere Ereignisse, die jene erträumten Planeten und Sterne in meine private Welt und in die vieler anderer in Neuseeland hineintrugen. Diese Ereignisse waren die Publikation von "Jenseits der Palisaden", Gedichten von James K. Baxter, einem jungen Studenten an der Universität, des Bandes "Neuseeländische Versdichtung", herausgegeben von Allen Curnow, und einer Sammlung von Kurzgeschichten mit dem Titel "Für uns selbst gesprochen", herausgegeben von Frank Sargeson. Als Kind hatte ich die neuseeländische Literatur als Domäne meiner Mutter betrachtet, und wenn ich mich danach sehnte, dass mein vertrautes Umfeld - der Hügel, die Kiefernwäldchen, Eden Street 56, Oamaru, die Küste und das Meer - zu fantasievollem Leben erwachte, blieb mir nur, es mit Gestalten und Träumen aus der dichterischen Welt einer anderen Hemisphäre und mit meinen eigenen Vorstellungen zu bevölkern.

Der Begriff der neuseeländischen Literatur existierte, doch ich zog es vor, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen, ja, ich war mir ihrer kaum bewusst. Nur wenige Leute sprachen von ihr, so als wäre sie eine unanständige Krankheit Lediglich in der Buchhandlung der Moderne auf dem Moray Place standen drei Regale mit schmalen neuseeländischen Bändchen, in kleinen Verlagen erschienen, und ich hatte sogar einige davon gekauft und ohne Erfolg versucht, solche Gedichte zu schreiben. James Baxters Gedichte, die weltweit Zuspruch fanden, schüchterten mich auch ein. Die Anthologien aber waren anders: Ihre Kraft und Vielfalt gaben mir Hoffnung für mein eigenes Schreiben und weckten in mir ein Bewusstsein für Neuseeland als einen Ort von Schriftstellern, die verstanden, wie ich empfunden hatte, als ich J. C. Squire importierte, um meine geliebten Flüsse auf der Südinsel zu beschreiben, und obwohl ich das Gedicht immer wieder las, musste ich mich mit dem Kongo, dem Nil, dem Colorado, dem Niger, dem Indus und dem Sambesi zufrieden geben: schöne Namen, aber aus einer anderen Welt. "




"Ein Engel an meiner Tafel", die dreiteilige Autobiografie von Janet Frame wurde 1990 von der Regisseurin Jane Campion verfilmt. Zweimal wurde die Eisenbahnertochter - geboren 1924, 2004 gestorben - für den Nobelpreis vorgeschlagen. Die Traumata ihrer Jugend, der abrupte Tod zweier Geschwister und ihr achtjähriges Martyrium in der Psychiatrie wegen einer falschen Diagnose haben ihr Werk geprägt. Den zweite Teil ihrer Autobiografie hat Janet Frame engen Freunden, darunter Karl und Kay Stead, gewidmet. - 1945 - Drei.


Jane Campion ist eine neuseeländische Filmregisseurin. Die spätere Regisseurin von "Das Piano", verfilmte "An Angel at My Table". Trailer zum Film auf YouTube


Anthony McCarten ist ein Schriftsteller und Filmemacher aus Neuseeland.

Anthony McCarten
"Liebe am anderen Ende der Welt"
Diogenes Verlag 2011

Anthony McCarten in Diogenes

Professor Bill Manhire über Originalität:
On Originality

Jan Kemp
Dantes Himmel
Gedichte aus Neuseeland
Aus dem Englischen von Dieter Riemenschneider
Zweisprachig, mit einer Audio-CD
Gedichte, Mainz 2012
erschienen bei Verlag André Thiele

36 Bücher bis zur Frankfurter Buchmesse 2012 - Dantes Himmel
4. September 2012 | von B. Lechner
Anlässlich der Frankfurter Buchmesse und des Ehrengastes Neuseeland werden einige Bücher nun erstmals auf Deutsch übersetzt und erscheinen in den Wochen vor Eröffnung der Messe im Buchhandel.

Quellen und Zitate:

James Cook:
Entdeckungsfahrten im Pazifik - Die Logbücher der Reisen 1768 - 1779
Herausgegeben von A. Grenfell Price, Edition Erdmann,
Matrix Verlag, Wiesbaden 2011

" Sollte je an eine Besiedlung dieses Landes gedacht werden, so wäre die beste Stelle für die Errichtung einer Kolonie entweder an dem Fluss Themse oder an der Bucht der Inseln zu finden; jeder dieser Orte hat den Vorteil eines guten Hafens, und im Falle des Ersteren ließe sich eine angenehme Art des Verkehrs herstellen, und Siedlungen könnten sich in die inneren Teile des Landes fortsetzen, denn mit sehr wenigen Mühen und Kosten ließen sich am Fluss kleine Schiffe bauen, die zur Befahrung desselben geeignet wären.
Soweit ich mich über die Art dieser Leute zu unterrichten wusste, scheinen für Fremde keinerlei Schwierigkeiten vorhanden, in diesem Land eine Siedlung zu begründen. Sie sind untereinander offenbar so gespalten, dass sie sich kaum zum Widerstand vereinen würden. "


Ludwig Eichrodt:
Schulebuben's Wanderslust
In: Lyrischer Kehraus, 1869 Schauenburg
und
In: Christine Freudenstein ( Hrsg. ): Neuseeland erzählt - Vom anderen Ende der Welt, Fischer TaschenBibliothek, Frankfurt am Main 2012

S. Barnett & J. McCrystal:
Das kuriose Neuseeland Buch - Was Reiseführer verschweigen,
Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012

Bill Manhire
Ein anderes Land
Short Story aus Neuseeland, dtv 2012

Bill Manhire:
Milchstraße
In: Neuseeland Akzente, Hanser Verlag, München
" Milchstrasse
Ich lebe am Rande des Universums,
wie jeder andre auch. Manchmal denke ich,
Glückwünsche wären angebracht:
Ich sehe draußen die Sterne,
meine Augen zwinkern kaum
und meiner Stimme reicht ein Seufzer.

Aber mein größtes Vergnügen ist das Unscheinbare;
ich liebe das Unwichtige.
Ich gehe runter zur Schummerlichtspielothek
und beobachte die von unserer Sprache
längst erschütterten Invasoren vom Mars,
wie sie auf das zeigen, was sie wollen. "


Aus dem Manuskript:

Bill Manhire: " Die Kurzgeschichte von Witi Ihimaera, die auf englisch Ein Kartenspiel heißt, empfinde ich vor allem als eine lyrische Hommage an seine Großeltern und deren Generation. "

Bill Manhire, geboren 1943 ist Lyriker und Lehrer, ein ganz besonderer Lehrer - doch davon später mehr. Seine Anthologien neuseeländischer Short Stories, seine Creative Writing Kurse an der Victoria University sind in seiner Heimat legendär...

Bill Manhire: " Die Geschichte handelt von einer Maori Gemeinschaft an der Ostküste der Nordinsel von Neuseeland, wo Witi aufgewachsen ist. Sie spiegelt die Erinnerungen seiner Kindheit an das Dorf und den Zusammenhalt, der die die Menschen eint, ganz im Gegensatz zur Individualkultur in der Kultur der Pakeha, der Weißen.
Insofern zelebriert er die Kraft der Familie und die heitere Kultur des Clans. Er ist ein überaus produktiver Schriftsteller. "

Witi Ihimaera:
Ein Kartenspiel
In: Ein anderes Land - Short Storys aus Neuseeland,
Herausgegeben und mit einem Vorwort von Bill Manhire,
dtv, München , 2012


Witi Ihimaera, geboren 1944, gehört zu den Te Whanau a Kai, einem Unterstamm der Rongowhakaata. Er lebt in Auckland. Sieben Bände seiner Short Storys sind bisher erschienen, sagt Manhire, der 2008 A Game of Cards in seine Anthologie "Some other Country. New Zealand's Best Short Stories" aufnahm.


Aus dem Manuskript:

Witi Ihimaera :
" Der Zug fuhr in den Bahnhof ein. Für einen Moment herrschte Durcheinander: eine Stimme plärrte über die Lautsprecher, Menschen stiegen aus dem Zug, Gedränge und Geschubse am Gleis.

Und da stand Dad, wartete auf mich. Wir umarmten uns. Wir hatten uns lange nicht gesehen. Dann gaben wir uns einen Kuss. Doch ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte.

"Deine Nanny Miro ?" sagte er. "Sie ist sehr krank."

Von all meinen Kinderfrauen hatte ich Nanny Miro am liebsten gemocht. Alle behaupten immer, dass ich ihr liebster mokupuna sei, dass sie mich mehr liebte als ihre eigenen Kinder, die schon erwachsen waren und selbst Kinder hatten.

Sie lebte ein Stück weiter in unserer Straße, gleich neben dem Gemeindehaus, einem alten Gehöft, das jeder im Dorf "Museum" nannte, weil dort die wertvollen Besitztümer der whanau, der Dorffamilie untergebracht waren. Nanny Miro war reich und besaß viel Land, deshalb fragten wir uns alle, warum sie sich kein neueres, komfortableres Haus kaufte. Aber Nanny Miro wollte nicht umziehen. Sie mochte ihr Haus genau so, wie es war.

"Wie könnte ich mir ein neues Haus leisten?", sagte sie immer. "Meine dahergelaufenen Kinder und deren dahergelaufene Kinder und diese ganze dahergelaufene whanau, alle sind ja ständig pleite und pumpen mich an."

Nanny Miro machte sich eigentlich nichts aus Geld. "Wer braucht denn so was?", pflegte sie zu sagen. "Was meinst du, warum ich so viele Kinder in die Welt gesetzt habe. Na? Damit sie einmal für mich sorgen. Dumm bin ich nicht."

Dann kicherte sie vor sich hin. Was sie sagte, meinte sie nicht ernst. Ihre Familie schickte sämtliche Kinder zu ihr, wenn sie knapp bei Kasse waren. Und Nanny Miro sorgte für alle. Sie hatte ihre mokupuna gerne um sich, allerdings nicht auf Dauer. Früher oder später rief sie bei den Eltern an und sagte: "Hey, wann kommst du endlich, um deine Brut zu holen. Sie verwüstet mir die ganze Bude."

Und wenn sie dann gingen, vergoss sie immer ein paar Tränen und steckte ihnen ein bisschen Geld zu ?

Ich war gerne bei ihr. Für mich war das Haus meiner Nanny eine große Schatzkammer mit glänzenden Sportpokalen, Fotos, Schnitzereien, Schmuckstücken aus Grünstein und Federum-hängen, die an den Wänden hingen. "



Keri Hulme
Pa mai To Reo Aroha
In: Wildes Licht - Gedichte aus Aotearoa Neuseeland
Herausgegeben und übersetzt von Dieter Riemenschneider,
Tranzlit, Kronberg im Taunus 2012


" Deine liebevolle Stimme ist hier zu hören
Seetang schwimmt ein braunes Knotenbündel,
nimmt Kurs weg von den Felsen.
Es fällt und sinkt im Atemzug des Wassers.

Auf dem Strand wird aprikosengoldener Kies
rostigorange am Wellenrand.
Wo Matuatiki in die See fließt
zieht sich ein Streifen eisendunkler Sand.
Zerborstene schwarze Felsen überall
in der gekrümmten Bucht.

Die Klippen sind aus Lehmstein, grünlich
und ocker, Einsprengsel hier und dort von rosa
Geschmolzenen Felsen. Dornbüsche oben am Rand vom Meere abgewandt. Der Wind hat sie
rasiert, getrimmt, verletzt.

An beiden Enden der Kaik'buch fällt die Klippe
in Buckeln stumpfnasig hinab
gegen das Meer. Die Felsen aber kriechen
weit hinaus, schwarze Armen, Riffe. Sind voll
verborgener Tümpel. Die starrenden Krakenaugen
in der Nacht.

Heut schwingt und tanzt ein Mückenschwarm
in der Abendsonne.
Geheimnisvolle Spuren aus Glas
auf dem Wasser.
Zart huschen Wellen herein, verhalten: schlüpfen fort.
Moeraki, still wie ungestörter Schlaf ... "

Roma Potiki:
Papatuanuku
In: Wildes Licht - Gedichte aus Aotearoa Neuseeland
Herausgegeben und übersetzt von Dieter Riemenschneider,
Tranzlit, Kronberg im Taunus 2012

" Papatuanuku

Ich bin Papatuanuku
gebe alles doch bewahre aufrecht
Lebenskraft -

Mein Fuß zeichnet das Muster des
bunten Lebens,
Regen und Flüsse.

Wenn alles andere vergangen ist
wird man wissen wer ich bin -

Ihr die auf meine Haut drängt
auf meinen Körper tretet den ihr nicht wahrnehmt.
Mit meinem knochigen Gesicht
meinem endlos sich streckenden Leib
bedarf ich keiner Erklärung

ich bin Papatuanuku, das Land. "






Aus dem Manuskript - das würde nächste ich austauschen gegen....siehe unten, weil er dann auch eingeführt wird

C. K. Stead: " In meine Kindheit war Neuseeland tief geprägt von der britischen Kultur. Wir aßen alle traditionellen britischen Gerichte, mit dem Unterschied, dass es in Neuseeland genügend Fleisch gegeben hat. Eigentlich gab es bei uns immer von allem viel. Und in meiner Kindheit, während des Zweiten Weltkriegs, als die Briten hungerten, waren unsere Tische reichlich gedeckt.
Wir lebten in Auckland, der damals größten Stadt Neuseelands, die gemessen an den Maßstäben der Welt aber überhaupt keine große Stadt gewesen ist. "


C. K. Stead ein Schüler Katherine Mansfields, war mit Allen Curnow, Frank Sargeson und Janet Frame befreundet, seine Autobiografie "South-West of Eden" liest sich wie ein Who's who der neuseeländischen Literatur, eine unprätentiöse und facettenreiche Analyse des kulturellen Umbruch am Rand und doch im Zentrum zusammenbrechender Welten zwischen 1932 und 1956, darauf bedacht keine lebenden Zeitgenossen zu kompromittieren. "South-West of Eden" hat - 2010 erschienen - Aufsehen erregt und Steads Ansehen gesteigert, in der Bundesrepublik aber hat sich bislang kein Verlag gefunden, ganz im Gegensatz zur Dutzendware der zur Buchmesse verlegten Stapelbücher voller Schafsweisheiten reiselustiger deutscher Flaneurs, sowie seltsam rassistischer Notizen von Ethnologen aus den 1930ern, als der Rassenwahn entstand. Doch das tangiert den großen alten Mann in Auckland nicht.



Allen Curnow:
Das Skelett des Großen Moa
Übersetzung Joachim Sartorius
In: Christine Freudenstein
( Hrsg. ): Neuseeland erzählt - Vom anderen Ende der Welt,
Fischer TaschenBibliothek, Frankfurt am Main 2012

" Das Skelett des Großen Moa im Canterburymuseum, Christchurch
Das Skelett des Moa auf eisernen Krücken
Brütet über keiner großen Öde; im eigener Sumpf war,
Wo einst dieser Baum sich Federn wachsen ließ. Er hütet
Das staubige Nest und schützt sie vor Feuchtigkeit.

Interessant, dass er auf Inseln nicht heimisch wurde,
Größer, aber nicht tiefer gesunken als ich, beides
Knochenwerk, eigentümlich für Neuseeland.
Die Augen der Kinder flackern um dieses Grab

Unter den Oberlichtern, bestaunen das gewaltige Ei,
in tausend Stücken gefunden, zusammengestückelt,
Doch mit weniger Geduld als die Knochen, mit der Zeit
Sich eine tiefe Zuflucht gruben gegen das Meeresklima:

Nicht ich, ein Kind, geboren in einem wunderbaren Jahr,
wird das Kunststück lernen, hier aufrecht zu stehen. "

Vgl. andere Übersetzung: In: Wildes Licht - Gedichte aus Aotearoa Neuseeland herausgegeben und übersetzt von Dieter Riemenschneider, Tranzlit, Kronberg im Taunus 2012,


Aus dem Manuskript

Heute fällt es schwer, den Tabubruch zu ermessen, der entstand, als die ersten Autoren am Rand des Commonwealth es wagten, von sich selbst zu sprechen und nicht mehr in das Hohe Lied von Rule, Britannia! und seiner über allem stehenden Dichtung einzustimmen. Frank Sargesons Kurzgeschichten genießen den Dreck der Landarbeiter und das karge Leben in der Provinz. Seine Helden sind aus britischer Perspektive ganz und gar unwürdige Subjekte, die es nicht zu betrachten lohnt.

Frank Sargeson: " Als ich auf dieser Farm vorsprach, hieß es, ich könne zwei Monate bleiben, und so nahm ich die Stelle an, merkte aber bald, dass es ein harter Job war. Der Boss war in Ordnung, mit dem kam ich gut aus, der hockte die meiste Zeit am Kamin und nahm sich seine Häkelarbeit vor. Es war wirklich nett, ihn so glücklich und zufrieden mit seinem Wollknäuel dasitzen zu sehen.

Aber ich will hier nicht von einem kleinen Farmer erzählen, der immer vor dem Kamin saß und häkelte. Was nicht heißt, dass ich keine Geschichte über ihn wüsste, aber die muss ich mir für ein andermal aufheben.

Ja, der Boss war in Ordnung, der Stein des Anstoßes war seine Frau. Es gibt ja Leute, die sagen, arbeite nie für eine Frau, denn bei Frauen ist mit Vernunft nichts auszurichten. Aber da habe ich ganz andere Erfahrungen. Geh mit Bedacht zu Werke, sage ich, und du musst schon wirklich Pech haben, wenn du sie nicht bald um den Finger wickeln kannst. "

Letzte Abenteuer und andere neuseeländische Erzählungen nannte Frank Auerbach 1973, also zum Siebzigsten von Frank Sargeson, der 1982 starb, eine Anthologie im heute liquidierten Tübinger Erdmann Verlag.i Ihr Titel klingt wie Frank Sargesons Programm: Auf dem Weg zum Neuseeländer


Frank Sargeson:
Auf dem Weg zum Neuseeländer
In: Christine Freudenstein ( Hrsg. ):
Neuseeland erzählt - Vom anderen Ende der Welt,
Fischer TaschenBibliothek, Frankfurt am Main 2012



Aus dem Manuskript

Sie wollte nix wie weg und hat sich doch nach ihren Inseln verzehrt. Sie hat ihr Land verachtet und in ihren Erzählungen Neuseeland ein Denkmal gesetzt, sie wollte sein wie sie, die Reichen, Schönen, Klugen ihrer Zeit und hat deren Sprache revolutioniert und mit dem Herz geschrieben. Anthony McCarten über den unausstehlichen Wildfang und das eigenartige Genie der 1888 in Wellington geborenen Katherine Mansfield Beauchamp.

Anthony McCarten: " Geboren im Jahr 1888 als drittes von fünf Kindern einer angesehenen und wohlhabenden Familie in Wellington - eine erst vierzig Jahre zuvor gegründete Kolonialsiedlung - verbrachte sie eine glückliche Kindheit. Doch mit ihrem lebhaften, rebellischen Wesen stand sie einer Kultur, die so eng und blaß, so pragmatisch und unliterarisch war wie die neuseeländische, schon früh kritisch gegenüber. Über ihre Landsleute schrieb sie später: "

"Sie beherrschen ja noch nicht einmal das ABC."

" Als begabte Cellistin schickten ihre Eltern die erst vierzehnjährige Katherine für drei Jahre nach London; und dort, am Queen's College, schrieb sie die ersten Geschichten und Gedichte; sie bescherten ihr den Posten der Chefredakteurin der Schülerzeitung. In Berichten an ihre Eltern bezeichneten ihre Lehrer sie als "impulsiv", "störrisch", "aufsässig" und, was noch beunruhigender war, als ein Mädchen "voller Ideen". "

Der Eisenbahnertochter Janet Frame drohte Jahrzehnte später dafür die Psychiatrie.

Anthony McCarten: " Zurück in Neuseeland war sie todunglücklich, dem Vaterland entfremdet und dürstend nach Kultur, schrieb sie an Ida Baker, die einzige wahre Freundin, die sie in London gefunden hatte: "

Die Vorstellung, stillzusitzen und auf einen Ehemann zu warten, ist ganz und gar abstoßend... Ich wünschte, ich hätte Macht über die Umstände... Ich bin ganz und gar krank vor Kummer und Trauer - hier -, das ist ein Alptraum... Wie man sich jemals wünschen kann, hier zu leben, das kann ich mir nicht vorstellen.


Anthony McCarten:
Vorwort
In: Katherine Mansfield:
Sämtliche Erzählungen.
Band 1, Herausgegeben und aus dem Englischen übersetzt von Elisabeth Schnack,
Mit einem Vorwort von Anthony McCarten,
Diogenes Verlag, Zürich, September 2012

Katherine Mansfield (Biografie bei Diogenes)


Keri Hulme
" Der Wind hat sich gelegt.
Es wird sehr dunkel.
Die Kette der Kormorane hat sich nach Maukiekie zurückgezogen, ein Vogel nach dem anderen vorwärts rudernd in dem taumelnden Schwärm..
Die Wellen saugen an den Felsen und verlassen sie zögernd.
Wir sssind gleich wieder da, zischen sie aus der Dunkelheit.
Maukiekie liegt im Abenddunkel,
dieser Fels von einer Insel,
nicht viel größer als ein Morgen und kahl
bis auf eine armselige Decke von Buschwerk und Gras,
von Guano verbrannt,
wo die Kormorankolonie ihre Flügel im Sonnenlicht
ausbreitet
und abends um Schlafplätze streitet;
Maukiekie bei Einbruch der Nacht,
nichts als schwarzer Fels, verkrustet mit Salz und
Vogelmist
und schlafendem Leben, und,
dem Land am nächsten,
der Merlinfalke, ein blinder Posten,
der die Klippen bewacht.

Ajiii, Schmerz und Sehnsucht und Erleichterung ? zu lange war ich von hier fort. Zu lange war dies nur Erinnerung.
Tränen treten mir in die Augen, sooft ich eine Möwe klagen höre oder einen Kormoran auf pfeifenden Flügeln vorüberfliegen sehe.
O Land, du bist zu tief in meinem Herzen und Sinn.
O See, du bist mein Blut.
Die Nacht wird dunkler.
Es ist zu leicht, hier im Felsensitz zu hocken und Wörter für die Geräusche der See zu finden. Wörter über die Wellen, die sich an der Küste brechen, gegen die Felsen klatschen. Vor allem jetzt, wo alles still ist und man allein in der Dunkelheit lauscht.
(Ja, aber da sind sie ? und ich glaube, es war ein Fehler, die beiden mitzubringen ? aber wie kann ich sie jetzt wegschicken?)
Doch meine Familie ist fort. Ich bin allein.
Warum habe ich an jenem Abend die Beherrschung verloren und sie alle mit Worten und Erinnerungen verletzt?
("Es ist die verdammte Scheußlichkeit, mit der du dich an alles Schlechte über jeden erinnert und es dein Leben lang behalten hast, um es in dir schwären zu lassen.")
Sie haben damit angefangen.
Ich habe es zu Ende gebracht.
Sie sind unwiederbringlich fort. Auch ich bin fort.
Nichts ist mehr wichtig. "

Keri Hulme:
Unter dem Tagmond
S. Fischer Verlag,
Frankfurt am Main 2012


Aus dem Manuskript

Zwei Merkmale zeichnen die Schriftsteller von Neuseeland aus, das eine ist: sie springen gerne über Grenzen. Sie respektieren keine Genregrenzen und sie wandern zeitweise gerne aus. Auf das die erste Qualität ist der Universitätsprofessor und Poet Bill Manhire ganz offensichtlich stolz.

Bill Manhire
In: Neuseeland Akzente
( Hrsg. )Michael Krüger
Hanser Verlag, München, Oktober 2012

Bill Manhire: " Neuseelands Lyrik ist sehr stark geworden. Neuseeländer schreiben heute sehr gute Gedichte und ich weiß nicht warum. Die Dichtung ist heute in Neuseeland zu einem kraftvollen Genre avanciert. Aber Sie haben Recht, die meisten Schriftsteller in Neuseeland versuchen sich in allen Genres. Und CK Stead, den haben Sie erwähnt, er würde sich selbst als Lyriker sehen, die meisten Menschen in Neuseeland würden ihn vielleicht als einen Romanschriftsteller sehen, er hat eine ganze Reihe von Büchern mit seinen Kurzgeschichten herausgebracht, er ist ein bedeutender Kritiker, ein geachteter Anglist, er nutzt die gesamte Bandbreite der neuseeländischen Literatur und jüngst schrieb er einen sehr interessanten Band seiner Autobiografie.

Ein anderer bedeutender Schriftsteller ist Vincent O'Sullivan. Er ist der zweite Großvater der neuseeländischen Literatur neben CK Stead. Vincent hat mehrere Bücher mit Gedichten vorgelegt, er schrieb zwei Romane, hat fünf Bände mit Kurzgeschichten veröffentlicht und eine ganze Reihe Bühnenstücke geschrieben, die in den Theatern von Neuseeland aufgeführt werden. Auch er ist ein bedeutender Literaturkritiker, auch er ist ein Katherine Mansfield Schüler. Und so sind sie beide außergewöhnliche Schriftsteller und doch typisch für Neuseeland, sie beschränken sich nicht auf ein Genre. Aber wenn man sie befragte, welche Form der Dichtung, die ihnen liebste sei, auf welches Arbeit sie am meisten stolz wären und welche sie am wenigsten verlieren wollten, ihre Antwort, so vermute ich, sie wäre - das Gedicht. "

Auf den Braindrain, auf den Auszug der Autorinnen und Autoren weist er nicht freiwillig hin. Auch Anthony McCarten, geboren 1961 am Mount Taranaki, einem Vulkan im neuseeländischen New Plymouth, der 25jährig mit seinem Freund Stephen Sinclair eine Stripperkomödie um vier Loser ohne Job und Geld und Liebesleben entwickelte, ist heute Bestsellerautor der zwischen drei Kontinenten pendelt. Auch Anthony McCarten hat in Wellington das Institut for Creative Writing an der Victoria Universität unter Bill Manhire besucht, bevor er auf der Suche nach einem Publikum, von dem er leben konnte, ins Flugzeug stieg.


Die Werke des Bestsellerautors Anthony McCarten erscheinen im Diogenes Verlag, seiner Heimat hat er 2011 mit dem Roman "Liebe am anderen Ende der Welt" ein herrliches Denkmal gesetzt.


Weitere neuseeländische Autoren und Titel

Chad Taylor
Lügenspiele
Mana Verlag, Berlin 2012

Emily Perkins
Die Forrests
Roman einer Familie

Berlin Verlag 2012
Emily Perkins hat einen berührenden Familien-, Generationen- und Neuseelandroman geschrieben, einen Roman, der das Leben in seiner überwältigenden Vielfalt preist, in all seiner Sinnlichkeit und Farbigkeit.

Von New York City nach Auckland, Neuseeland - nach einem Umzug um den halben Globus tauchen die Forrests in eine neue Welt ein, eine Welt tiefen, satten Grüns, wechselnden Lichts und silberglänzender Gewässer. So anarchisch das Familienleben mit vier Kindern und entrückten Eltern, so unbändig ihre Lust, die fremde Umgebung zu erforschen. Die Straßen der Nachbarschaft, die wild wuchernden Gärten der Frauenkommune, in die sie vorübergehend übersiedeln, die Flüsse, die Parks.

Dorothy, genannt Dottie, ist die Hellhörige, Feinnervige unter den Geschwistern, mit wachem Sinn nimmt sie die Welt um sich wahr, fühlt mit und lässt sich mitreißen. Sie ist das Zentrum eines Romans, der von tiefen, unerschütterlichen Verbindungen, die ein Leben durchziehen, erzählt.

Emily Perkins' Ton ist von großer Intensität, lakonisch und verschwenderisch zugleich. Sie hat einen Roman geschrieben, der die Bewegungen des Lebens aufnimmt, die großen und die kleinen Schwingungen, und es wagt, einen weiten Bogen zu schlagen. Ein Roman voll ungebändigter Kraft und Zuversicht.