Einspruch gegen gemütliche Lethargie
Der Autor, langjähriger Intendant des Hauses, ist auch als Fernsehjournalist vielen als Mann bekannt, der mit seiner Meinung nicht zögerlich und ein Freund des direkten Wortes ist. Will sagen: Elitz macht nicht viel Lamento, wenn er sich ärgert, er "spuckt es aus", wie der Berliner sagt - und er ist schließlich einer.
Wenn alle weg wollen, auf den Selbsterfahrungstrip oder in die Wellness-Oase zum Beispiel - um mal genauso wie er zu übertreiben -, dann bleibt der Autor, also Ernst Elitz, erst recht hier, um sich das Land, in dem er, indem wir leben, genau anzuschauen, im Großen, wie im Kleinen. Daraus macht er eine "deutsche Heimatkunde". Schon allein der Titel charakterisiert den Autor und seine Blickrichtung: Heimatkunde klingt irgendwie altmodisch. Doch Elitz beharrt bewusst, fast trotzig, will mir scheinen, auf diesem Begriff. Er ist ein Wertekonservativer und keiner, der diese Haltung entschuldigend begründet.
In 19 Kapiteln redet er Tacheles. Über die Demoskopie, die er als Einparkhilfe für Politiker bezeichnet. Beispiel: Hätte Helmut Kohl damals seine Europapolitik an den Umfragen der Demoskopen ausgerichtet, hätten wir heute noch immer keinen Euro. Er macht seiner Verwunderung Luft, dass Menschen immer stärker über Codes und Zahlen erkennbar werden: PIN Codes, Handynummern oder Passwörter aller Art. Er denkt über die Umweltverschmutzung durch völlig unnötigen Lärm nach, fragt berechtigt, warum wir von himmlischer Ruhe oder höllischem Lärm sprechen, oder macht sich lustig über den Regelungswahn durch Verordnungen aller Art.
Herrlichstes Beispiel ist die "Durchführungsanweisung zum Gebrauch von Trittleitern für weibliche Trittleiterbesteigerinnen" - keine Erfindung des Autors. Der wiederum schreibt das nicht um des Gags willen, sondern nimmt das kleine Beispiel, um sich und den Leser zu fragen, womit wir uns selber lahm legen, statt beherzt und furchtlos zuzupacken, ohne zunächst nach Versicherungen aller Art Ausschau zu halten.
Denn Elitz schreibt auch anschaulich über Menschen, die ohne viel Aufhebens Hilfsbereitschaft leben, als Bürger nicht nur ihre Rechte einfordern, sondern ihren Pflichten nachkommen, weil sie etwas für dieses Land tun möchten. Das ist nicht schlagzeilenträchtig, doch Elitz findet es im besten Sinne elitär. Denn: Elite dürfe man sein, sich aber nicht so fühlen.
Wenn Sie nun sagen: Ja, das ist mir alles nicht neu, dann antworte ich: Aber es kann gar nicht oft genug darüber geredet werden, um aus Gedanken praktisches Handeln abzuleiten.
Elitz ist dabei nie moralinsauer, er kann auch über sich selber lachen, haut gerne kräftig auf die Pauke, ist nicht ständig politisch korrekt, scheut mitunter nicht vor Kalauern zurück, schlägt witzige Volten (wenn er Dieter Bohlen als Inbegriff protestantischer Leistungsethik und deutschen Biedersinns bezeichnet). Ich habe viel gelacht und oft zugestimmt, weil es auch schön ist, wenn man beim Lesen spürt, man ist mit seinen Beobachtungen nicht allein und also kein Miesepeter, wenn man mal meckert. Schließlich will man ja auch nicht weg, sondern gerne hierbleiben.
Besprochen von Astrid Kuhlmey
Ernst Elitz: Ich bleib dann mal hier. Eine deutsche Heimatkunde
CH Beck, München/ 2009
220 Seiten, 12,95 EUR
In 19 Kapiteln redet er Tacheles. Über die Demoskopie, die er als Einparkhilfe für Politiker bezeichnet. Beispiel: Hätte Helmut Kohl damals seine Europapolitik an den Umfragen der Demoskopen ausgerichtet, hätten wir heute noch immer keinen Euro. Er macht seiner Verwunderung Luft, dass Menschen immer stärker über Codes und Zahlen erkennbar werden: PIN Codes, Handynummern oder Passwörter aller Art. Er denkt über die Umweltverschmutzung durch völlig unnötigen Lärm nach, fragt berechtigt, warum wir von himmlischer Ruhe oder höllischem Lärm sprechen, oder macht sich lustig über den Regelungswahn durch Verordnungen aller Art.
Herrlichstes Beispiel ist die "Durchführungsanweisung zum Gebrauch von Trittleitern für weibliche Trittleiterbesteigerinnen" - keine Erfindung des Autors. Der wiederum schreibt das nicht um des Gags willen, sondern nimmt das kleine Beispiel, um sich und den Leser zu fragen, womit wir uns selber lahm legen, statt beherzt und furchtlos zuzupacken, ohne zunächst nach Versicherungen aller Art Ausschau zu halten.
Denn Elitz schreibt auch anschaulich über Menschen, die ohne viel Aufhebens Hilfsbereitschaft leben, als Bürger nicht nur ihre Rechte einfordern, sondern ihren Pflichten nachkommen, weil sie etwas für dieses Land tun möchten. Das ist nicht schlagzeilenträchtig, doch Elitz findet es im besten Sinne elitär. Denn: Elite dürfe man sein, sich aber nicht so fühlen.
Wenn Sie nun sagen: Ja, das ist mir alles nicht neu, dann antworte ich: Aber es kann gar nicht oft genug darüber geredet werden, um aus Gedanken praktisches Handeln abzuleiten.
Elitz ist dabei nie moralinsauer, er kann auch über sich selber lachen, haut gerne kräftig auf die Pauke, ist nicht ständig politisch korrekt, scheut mitunter nicht vor Kalauern zurück, schlägt witzige Volten (wenn er Dieter Bohlen als Inbegriff protestantischer Leistungsethik und deutschen Biedersinns bezeichnet). Ich habe viel gelacht und oft zugestimmt, weil es auch schön ist, wenn man beim Lesen spürt, man ist mit seinen Beobachtungen nicht allein und also kein Miesepeter, wenn man mal meckert. Schließlich will man ja auch nicht weg, sondern gerne hierbleiben.
Besprochen von Astrid Kuhlmey
Ernst Elitz: Ich bleib dann mal hier. Eine deutsche Heimatkunde
CH Beck, München/ 2009
220 Seiten, 12,95 EUR