Einsame Seelen in der Metropole

Von Jörg Taszman · 03.08.2010
Subtil und melancholisch sind die Filme der spanischen Regisseurin Isabel Coixet. Ihr Film "Eine Karte der Klänge von Tokio" kommt in unsere Kinos. Er erzählt die Geschichte einer japanischen Auftragsmörderin und eines spanischen Weinhändlers, die sich ineinander verlieben.
Schon die Filmtitel von Isabel Coixet klingen einfach gut. Ob "Mein Leben ohne mich"; "Das geheime Leben der Worte" oder der neue Film "Eine Karte der Klänge von Tokio". Dabei lassen sich ihre Filme nur sehr schwer nacherzählen. So sind es diesmal zwei einsame Seelen in der Riesenmetropole Tokio. Eine japanische Auftragsmörderin verliebt sich in ihr potenzielles neues Opfer, einen spanischen Weinhändler, der in Tokio lebt. Der aber trauert seiner japanischen Freundin hinter her, die sich umgebracht hat.

Wie immer bei Isabel Coixet zählt nicht der Plot, oder die klischeehaft klingende Geschichte, sondern die Stimmung und Sensibilität. Die Filmemacherin sagt dazu, ihre Geschichten würden sie regelrecht kidnappen. Irgendwann sieht sie etwas. Beispielsweise eine junge Frau auf dem Tokioter Fischmarkt, die sie wütend anschaute, weil Isabel Coixet sie fotografierte. Und dann spinnt sie die Geschichte einfach weiter. Zu Japan fühlte sie sich schon länger hingezogen.

"Es gibt da dieses Geheimnisvolle, diese seltsame und herausfordernde Schüchternheit. Das ist sehr japanisch, aber ich fühle mich dieser Schüchternheit sehr nah. Es ist diese Melancholie die man auch bei den Figuren aus den Erzählungen von Murakami, Banana Yoshimoto oder Yoko Ogawa findet. All diese Frauen und diese unheimliche und verzerrte Atmosphäre, wo nichts geschieht, aber alles möglich ist. Und ja, das ist wohl ein Liebesbrief an Tokio. Das ist eine Stadt, die ich lieben gelernt habe."

Ihren Durchbruch feierte Isabel Coixet vor sieben Jahren mit "Mein Leben ohne mich". Dort erfährt eine noch sehr junge Frau und Mutter zweier kleiner Mädchen, dass sie nur noch zwei Monate zu leben hat. Sie sagt Niemandem etwas davon, aber erstellt für sich eine Liste mit zehn Dingen, die sie noch tun möchte, bevor sie stirbt. So will sie nur noch sagen, was sie denkt, endlich einmal mit anderen Männern schlafen, um zu wissen, wie es ist, weil sie den Mann heiratete, der sie als erster küsste. Und sie möchte für ihre Töchter bis zu deren 18. Lebensjahr Geburtstagsgrüße aufs Band sprechen.

Es ist ein wunderbar trauriger aber auch optimistischer Film, ein melancholisches Melodrama und typisch für die Regisseurin.

"Ich glaube alle meine Filme sind Märchen. Sie reflektieren, was ich mir wünsche. Dinge von denen ich möchte, dass sie geschehen. Zum Beispiel wenn man jemanden liebt und dann stirbt diese Person. Aber sie lebt auch in dir weiter. Das Problem ist nur, dieser Mensch ist tot, also lebt man mit einem Geist. Dann lebt man ein Doppelleben. Das passiert ja bei vielen. Du lebst mit jemandem zusammen und alles sieht perfekt aus. Aber dann ist da in deinem Kopf ein Hinterzimmer und auch eine andere Hintergrundgeschichte in deinem Leben. Und damit macht man einfach andere Dinge…"

Auffallend ist, dass Isabel Coixet mit und für ihre Filme durch die ganze Welt reist. Egal ob es die USA, Irland, Paris oder Japan sind. Nur in Spanien selber hat sie bisher noch nie wirklich gedreht, wohl aber mit den spanischen Stars Penelope Cruz oder Sergi Lopez, die bei ihr aber hauptsächlich Englisch reden. In ihrer Heimat kommt das nicht immer gut an.

"In einem Interview mit dem spanischen Fernsehen kürzlich wurde mir gesagt, aber Sie hassen Spanien, sie hassen Spanier und ich antworte nur die Welt ist groß, die Welt ist offen und ich möchte sie kennen lernen und diese Länder, mit denen ich nicht so vertraut bin. Ich mag es, wenn mir die Landschaften und Orte fremd sind. So kann ich etwas lernen und fühle mich sehr frei. Ich weiß nicht, aber ich mag die spanische Sprache und lebe in Barcelona aber ich liebe es, außerhalb meines Landes zu arbeiten und fühle mich dort freier. Es ist auch eine größere Herausforderung und wer weiß, vielleicht mache ich eines Tages einen Film in Spanien. Aber nicht den Nächsten…"

Neben ihrer außergewöhnlichen Fähigkeit, hypnotische und tief bewegende Geschichten zu erzählen, hat Isabel Coixet auch ein gutes Händchen für Schauspieler. Gerade bekannte Darsteller oder Stars wie Mark Ruffalo, Ben Kingsley, Penelope Cruz oder wie in ihrem vorletzten Film "Elegy" auch Dennis Hopper sind bei ihr oft so gut, wie lange nicht mehr. Dennis Hopper vermisst sie sehr. Noch vor sechs Monaten lud er sie und Freunde zu sich in sein Haus ein und zeigte dort ihren gemeinsamen Film. Isabel Coixet ärgert sich über die Berichterstattung zum Tod von Hopper und sagt nur: "Der Mann war viel mehr als eine Legende, sondern ein großer Künstler."

Sie liebt ihre Schauspieler und sie liebt das Kino. Das spürt man in jedem ihrer Filme, die einen bei aller Trauer immer auch mit einer gewissen Hoffnung aus dem Kino entlassen.
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