Einmarsch in New York
Bernd Alois Zimmermanns Oper "Die Soldaten" galt lange als unaufführbar. Das Stück sprengt die Möglichkeiten eines normalen Musiktheaters. Doch in der Bochumer Jahrhunderthalle wurden die "Soldaten" vor zwei Jahren zu einem triumphalen Erfolg. Nun ist sind die "Soldaten" der Ruhrtriennale in New York im Rahmen des <papaya:link href="http://www.lincolncenter.org/" text="Lincoln Center" title="Lincoln Center" target="_blank" /> Festivals zu sehen. Spielort ist die Armory in Manhattan, ein Militärcasino.
Die Soldaten marschieren ein. Auf einem Steg, der zwischen zwei Publikumsblöcken gebaut ist. Die Sitzgruppen bewegen sich, fahren auf Schienen den Soldaten entgegen. Mit einem überwältigenden Effekt beginnt David Pountneys Inszenierung der "Soldaten" von Bernd Alois Zimmermann. Zur Geschichte der Armory, einer Riesenhalle am New Yorker Central Park, passt dieses Bild grandios.
Jürgen Flimm: "Das war das Exerzierfeld des 7. New Yorker Regiments."
Jürgen Flimm, scheidender Intendant der Ruhrtriennale.
"Die haben da exerziert. Es gibt Fotos, wo die alle in einer Reihe stehen. Und wenn sie mal in diese Räume gehen, drum herum, die sind fantastisch. Da gibt es lauter Clubräume. Das ist alles Tiffany, was die da unten sehen, also von kunsthistorischem Wert."
Die Inszenierung entstand für die Bochumer Jahrhunderthalle, einem Denkmal industrieller Machtentfaltung. In diesem riesigen Raum konnte Bernd Alois Zimmermanns visionäre Oper endlich adäquat aufgeführt werden. Denn die Grenzen des Musiktheaters hat der Komponist bewusst gesprengt. 40 Solisten, ein weit über 100 Mann starkes Orchester, allein mit 16 Schlagzeugern, die in zwei Blöcken im Raum verteilt sind, elektronische Einspielungen. Das alles kann ein normales Opernhaus nicht leisten.
In den USA waren die "Soldaten" bisher nur zweimal zu sehen, in Aufführungen, die einige Kompromisse machen mussten. Zum Beispiel wurde die zweite Orchestergruppe aus einem Nebenraum über Lautsprecher eingespielt.
Die Armory atmet militärisches Selbstbewusstsein, ungebrochenen Patriotismus. An den Wänden hängen Ölgemälde von Generälen, die einem Kavalleriewestern John Fords entsprungen sein könnten. In einem Clubraum der Offiziere stehen zwei Kanonen. In so einer Halle, am Tag nach dem amerikanischen Independence Day, ein Stück zu zeigen, in dem ein junges Mädchen von Soldaten vergewaltigt und ihr Leben zerstört wird, ist mutig. Zumal die New Yorker an Inszenierungen in solchen Räume nicht gewöhnt sind.
Jürgen Flimm: "Ich glaube, dass das für New York ein richtiger ästhetischer Schock ist. Das kennen die nicht. Die kennen das Gefühl für die anderen Räume nicht."
Das Gastspiel der Ruhrtriennale ist so teuer, dass das Lincoln Center Festival andere Programmpunkte absagen musste, um es bezahlen zu können. Etwas Geld kommt auch vom Land Nordrhein-Westfalen und der Zeitungsgruppe WAZ, die darin eine Chance sehen, auf das Niveau der Theaterlandschaft hinzuweisen, noch bevor das Ruhrgebiet 2010 europäische Kulturmetropole wird.
Jürgen Flimm: "Das bedeutet für die Ruhrtriennale, dass wir zeigen, dass wir uns auf internationalem Parkett gut bewegen können. Und dass die Ruhrtriennale weit über das Ruhrgebiet hinausweist und internationale Ausstrahlung hat."
Die Bochumer Symphoniker sind sonst ein reines Konzertorchester. Mit der komplexen, Alban Berg, Bach und auch Unterhaltungsmusik zitierenden Partitur Bernd Alois Zimmermanns beweisen sie auch im Musiktheater internationale Qualität. Wie Generalmusikdirektor Steven Sloane den Riesenapparat zu expressiver Wucht ballt und, wie der Komponist es vorschreibt, das Leid der Welt verhandelt, wie er aber auch Momente kammermusikalischer Feinheit findet, das beeindruckt.
Akustisch - sagt der Schlagzeuger Nicholas Bardach - schneidet die New Yorker Armory im Vergleich mit der Bochumer Jahrhunderthalle gar nicht schlecht ab.
"Es ist ein bisschen anders, aber es ist erstaunlich ähnlich. Es ist 'ne große Halle mit etwas anderen Dimensionen. Eine etwas verständlichere Akustik. Es ist fast besser als die Jahrhunderthalle. Man kann es wagen, ganz leise zu spielen, und es klingt durch die ganze Halle. Man muss sogar ein bisschen vorsichtig sein, nicht zu laut zu spielen und die anderen abzudecken."
Bardach war schon einige Tage früher in New York als seine Kollegen. Denn die Schlagzeuger für die zweite Gruppe auf der anderen Seite der Halle und die Jazzband, die einmal auf dem Bühnensteg die musikalische Führung übernimmt, sind mit Musikern aus New York besetzt. Bardach hat diese Passagen einstudiert und auch dafür gesorgt, dass er und seine Schlagwerkkollegen genug Material zum Trommeln haben.
"Das war eine gigantische logistische Aufgabe. Aus Kostengründen haben wir 95 Prozent der Instrumente von hier rekrutiert, gemietet, weil die Transportkosten so immens hoch sind."
Die Kosten wurden sehr genau berechnet, sonst wäre die monumentale Produktion gar nicht zu stemmen gewesen. Einen Monat lang wurden in der Armory Schienen verlegt, der lange Steg, die opulente Beleuchtung, die Zuschauerblöcke aufgebaut. Der Bochumer Orchesterinspektor Jürgen Eckstein beschäftigt sich schon seit acht Monaten mit dem Projekt.
"Allein die Visa zu kriegen für alle, (...) das ist schon 'ne lange Vorlaufzeit. (...) Also Kanadier, Litauer, Niederländer, Engländer dabei. Das alles muss beachtet werden. Es gibt teilweise unterschiedliche Visabestimmungen für die ganzen Leute im Orchester oder für unsere Gastmusiker."
Langen Jubel gab es am Ende der Premiere. Die "New York Times" brachte schon vorab zwei Seiten über die Produktion, die Ruhrtriennale ist mit ihren "Soldaten" in den USA angekommen.
Vielleicht gibt es bald die nächste Bochumer Produktion in der Armory zu sehen. Gerard Mortier, Gründungsintendant der Ruhrtriennale und bald Leiter der New York City Opera, will Olivier Messiaens "Francois d'Assise" in der Militärhalle zeigen. Mit der gigantischen Kuppel, die Ilya Kabakov für die Aufführung in der Bochumer Jahrhunderthalle gebaut hat.
Jürgen Flimm: "Das war das Exerzierfeld des 7. New Yorker Regiments."
Jürgen Flimm, scheidender Intendant der Ruhrtriennale.
"Die haben da exerziert. Es gibt Fotos, wo die alle in einer Reihe stehen. Und wenn sie mal in diese Räume gehen, drum herum, die sind fantastisch. Da gibt es lauter Clubräume. Das ist alles Tiffany, was die da unten sehen, also von kunsthistorischem Wert."
Die Inszenierung entstand für die Bochumer Jahrhunderthalle, einem Denkmal industrieller Machtentfaltung. In diesem riesigen Raum konnte Bernd Alois Zimmermanns visionäre Oper endlich adäquat aufgeführt werden. Denn die Grenzen des Musiktheaters hat der Komponist bewusst gesprengt. 40 Solisten, ein weit über 100 Mann starkes Orchester, allein mit 16 Schlagzeugern, die in zwei Blöcken im Raum verteilt sind, elektronische Einspielungen. Das alles kann ein normales Opernhaus nicht leisten.
In den USA waren die "Soldaten" bisher nur zweimal zu sehen, in Aufführungen, die einige Kompromisse machen mussten. Zum Beispiel wurde die zweite Orchestergruppe aus einem Nebenraum über Lautsprecher eingespielt.
Die Armory atmet militärisches Selbstbewusstsein, ungebrochenen Patriotismus. An den Wänden hängen Ölgemälde von Generälen, die einem Kavalleriewestern John Fords entsprungen sein könnten. In einem Clubraum der Offiziere stehen zwei Kanonen. In so einer Halle, am Tag nach dem amerikanischen Independence Day, ein Stück zu zeigen, in dem ein junges Mädchen von Soldaten vergewaltigt und ihr Leben zerstört wird, ist mutig. Zumal die New Yorker an Inszenierungen in solchen Räume nicht gewöhnt sind.
Jürgen Flimm: "Ich glaube, dass das für New York ein richtiger ästhetischer Schock ist. Das kennen die nicht. Die kennen das Gefühl für die anderen Räume nicht."
Das Gastspiel der Ruhrtriennale ist so teuer, dass das Lincoln Center Festival andere Programmpunkte absagen musste, um es bezahlen zu können. Etwas Geld kommt auch vom Land Nordrhein-Westfalen und der Zeitungsgruppe WAZ, die darin eine Chance sehen, auf das Niveau der Theaterlandschaft hinzuweisen, noch bevor das Ruhrgebiet 2010 europäische Kulturmetropole wird.
Jürgen Flimm: "Das bedeutet für die Ruhrtriennale, dass wir zeigen, dass wir uns auf internationalem Parkett gut bewegen können. Und dass die Ruhrtriennale weit über das Ruhrgebiet hinausweist und internationale Ausstrahlung hat."
Die Bochumer Symphoniker sind sonst ein reines Konzertorchester. Mit der komplexen, Alban Berg, Bach und auch Unterhaltungsmusik zitierenden Partitur Bernd Alois Zimmermanns beweisen sie auch im Musiktheater internationale Qualität. Wie Generalmusikdirektor Steven Sloane den Riesenapparat zu expressiver Wucht ballt und, wie der Komponist es vorschreibt, das Leid der Welt verhandelt, wie er aber auch Momente kammermusikalischer Feinheit findet, das beeindruckt.
Akustisch - sagt der Schlagzeuger Nicholas Bardach - schneidet die New Yorker Armory im Vergleich mit der Bochumer Jahrhunderthalle gar nicht schlecht ab.
"Es ist ein bisschen anders, aber es ist erstaunlich ähnlich. Es ist 'ne große Halle mit etwas anderen Dimensionen. Eine etwas verständlichere Akustik. Es ist fast besser als die Jahrhunderthalle. Man kann es wagen, ganz leise zu spielen, und es klingt durch die ganze Halle. Man muss sogar ein bisschen vorsichtig sein, nicht zu laut zu spielen und die anderen abzudecken."
Bardach war schon einige Tage früher in New York als seine Kollegen. Denn die Schlagzeuger für die zweite Gruppe auf der anderen Seite der Halle und die Jazzband, die einmal auf dem Bühnensteg die musikalische Führung übernimmt, sind mit Musikern aus New York besetzt. Bardach hat diese Passagen einstudiert und auch dafür gesorgt, dass er und seine Schlagwerkkollegen genug Material zum Trommeln haben.
"Das war eine gigantische logistische Aufgabe. Aus Kostengründen haben wir 95 Prozent der Instrumente von hier rekrutiert, gemietet, weil die Transportkosten so immens hoch sind."
Die Kosten wurden sehr genau berechnet, sonst wäre die monumentale Produktion gar nicht zu stemmen gewesen. Einen Monat lang wurden in der Armory Schienen verlegt, der lange Steg, die opulente Beleuchtung, die Zuschauerblöcke aufgebaut. Der Bochumer Orchesterinspektor Jürgen Eckstein beschäftigt sich schon seit acht Monaten mit dem Projekt.
"Allein die Visa zu kriegen für alle, (...) das ist schon 'ne lange Vorlaufzeit. (...) Also Kanadier, Litauer, Niederländer, Engländer dabei. Das alles muss beachtet werden. Es gibt teilweise unterschiedliche Visabestimmungen für die ganzen Leute im Orchester oder für unsere Gastmusiker."
Langen Jubel gab es am Ende der Premiere. Die "New York Times" brachte schon vorab zwei Seiten über die Produktion, die Ruhrtriennale ist mit ihren "Soldaten" in den USA angekommen.
Vielleicht gibt es bald die nächste Bochumer Produktion in der Armory zu sehen. Gerard Mortier, Gründungsintendant der Ruhrtriennale und bald Leiter der New York City Opera, will Olivier Messiaens "Francois d'Assise" in der Militärhalle zeigen. Mit der gigantischen Kuppel, die Ilya Kabakov für die Aufführung in der Bochumer Jahrhunderthalle gebaut hat.