Einmal in der Woche wird gekürt

Von Tonia Koch |
Die SPD im Saarland möchte mit einer neuen Aktion auf sich aufmerksam machen. Fortan wird sie das Neu-Mitglied der Woche küren, um zu demonstrieren, dass ihr jedes einzelne Mitglied eine Ehrung wert ist. Auch die CDU macht sich Sorgen um ihre Mitglieder. Sie sucht noch nach einer würdigen Aktion, den Neu-Mitgliedern den Einzug in die Partei zu verschönern. Die Linke hat inzwischen so viele Mitglieder, dass sie sich nicht mehr um jeden einzelnen Neuling kümmern kann. Die treten gleich im doppelten Dutzend in die Partei ein.
Grundeitel und ein Provokateur aus Leidenschaft. Das verbindet Oskar Lafontaine mit dem Interpreten, dem enfant terrible der französischen Musikszene, Serge Gainsbourg.

Vieles was Lafontaine tut, ist vielen seiner Landsleute – zumindest außerhalb seiner saarländischen Heimat – irgendwie unangenehm. Auch das eine Parallele zu Gainsbourg.

Gefeiert wird er trotzdem, bei seinen Anhängern. Und es werden immer mehr. Wann immer und wo immer er kann, selbst im letzten Winkel des kleinsten Flächenlandes der Republik wirbt er um neue Mitglieder.

Lafontaine: „Macht doch mit bei uns, wir brauchen Neue, die mitmachen, wir brauchen Euch, um dieses Land zu erneuern.“

15 Monate existiert die Neue Linke an der Saar. Und bislang ist es ihr gelungen, fast 3000 Mitglieder zu werben. Die Hälfte davon im Verlauf des letzten Jahres. Darunter viele Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind und bislang nicht den Eindruck hatten, dass es für sie sinnvoll sein könnte, sich politisch zu engagieren. Darüber hinaus findet der Aufbauhelfer Lafontaine selbst in einem gesellschaftlichen Umfeld Gehör, dem kaum jemand attestieren würde, dass die Lafontainesche Strahlkraft tatsächlich bis dort hin vordringen könnte. Bestes Beispiel: Ferdinand Sprink.

„Ich war bei der FDP bis 1995 und damals hatte sich ein Wandel vollzogen, damals kamen die Neo-Liberalen und das Freiburger Programm wurde über Bord geworfen. Das war dann ein Grund für mich auszutreten.“

Insgesamt zehn Jahre saß der Ingenieur für die Liberalen im Saarbrücker Stadtrat und genau da möchte er auch wieder hin, nur eben unter ganz anderen Vorzeichen.

„Ich bin jetzt seit einem halben Jahr bei den Linken, weil ich der Meinung bin, dass soziale Gerechtigkeit doch wichtig ist und kein ausufernder Kapitalismus.“

Sorgen, dass er als Kandidat von der Linken nicht für den Stadtrat nominiert werden könnte, macht er sich keine.

„Der Andrang ist groß, aber den größten Andrang wird es wohl beim Landtag geben, wo es auch um Geld geht. Aus meiner Erfahrung beim Stadtrat, da gibt es ja nur eine kleine Aufwandsentschädigung und es ist sehr, sehr viel Arbeit.“

Die Saar-Linken stecken im Dilemma. Sie haben annähernd 3000 Mitglieder, und wer seinen Aufnahmeantrag abgegeben hat, der will auch was machen, besser noch, der will was werden. Die Basis hat die Landtagswahl im kommenden Jahr fest im Blick. Sie glaubt daran, dass es Oskar Lafontaine gelingt, hinter der CDU zweitstärkste Kraft im Saarland zu werden und dass es dann für eine Rot-Rote Koalition im Land reicht. Sollte es zu einem rot-roten Wagnis in einem westdeutschen Bundesland kommen, dann winken nicht nur Landtagsmandate, sondern auch Minister- und Staatssekretärsposten. Viele Linke-Mitglieder der ersten Stunden fühlten sich ob dieses Postengeschachers inzwischen ausgeschlossen, sagt Henry Schmitt, ein partieinterner Kritiker.

„Weil es nicht mehr um die Dinge geht, für die wir gekämpft haben, sondern dass es nur noch um Personalfragen, um Jobmaschinen geht. Und das ist nicht unser Interesse. Wir haben für gesellschaftlichen Wandel, für Veränderung gestanden und jetzt sehen wir uns einem Apparat gegenüber, der halt eben so funktioniert wie die SPD. Es geht einfach nur noch um Personalfragen, um persönliche Zukunftsfragen und nicht mehr um Inhalte.“

Die Linke hat mehr Aspiranten auf aussichtsreiche Listenplätze bei den Landtagswahlen, als ihr lieb sein kann. Das gilt auch für 220 Busfahrer der Saarbrücker Verkehrsgesellschaft, die im Sommer im Pulk in die Linke eingetreten sind. Der Betriebsratsvorsitzende der Saar-Bahn GmbH, Winfried Jung, will die Partei nutzen, um auf städtischer Ebene zum Wohle der Busfahrer zu handeln.

„Aus diesem Grund versuchen wir, uns aktiv zu betätigen, indem wir versuchen, Mandate fürs Rathaus zu bekommen. Und ich denke, wenn wir im Rathaus sind, können wir verhindern, dass privatisiert wird.“

Damit Jung seinen Gang durch die Institutionen antreten kann, hat die Linke eigens einen Bezirk Saarbrücken Mitte gegründet und ihn – trotz vereinzelten Widerstands aus den eigenen Reihen – zum Vorsitzenden gewählt. Aber nicht Neid oder Missgunst stehen den Plänen des Saar-Bahn-Betriebsratsvorsitzenden entgegen, sondern Ärger mit der Geschäftsführung des Unternehmens. Jung und vier weiteren Betriebsräten droht die fristlose Kündigung. Ihnen werden Lohnvergehen sowie politische Agitation während der Dienstzeit vorgeworfen, was Jung vehement bestreitet.

„Eine Agitation gab es nicht. Es hat lediglich den Versuch gegeben, Leute zu überzeugen, dass, wenn sie ihren Arbeitsplatz absichern wollen und eine Privatisierung verhindern wollen, dass nur die Partei die Linke dafür zuständig ist.“

Selbstverständlich sei die Arbeitszeit nicht für diese Überzeugungsarbeit genutzt worden.

„Nur in den Pausen, kein Fahrer wird ihnen sagen, dass er jemals auf dem Bus oder in der Bahn angesprochen wurde.“

Die fristlosen Kündigungsversuche der Busfahrer sind inzwischen vor dem Saarbrücker Arbeitsgericht anhängig. Vor Februar kommenden Jahres wird wohl nichts entschieden. Bis dahin kann sich die Linke getrost einem anderen Problem zuwenden: Der Frauenquote. Die geltende Regel sieht vor, dass die Hälfte aller Ämter der Linken zumindest intern mit Frauen besetzt wird. Für die bevorstehenden Kommunal- und Landtagswahlen müsse diese Regel zwar nicht zwingend angewendet werden, sagt der Landesvorsitzende Rolf Linsler; aber der Landesvorstand wolle ihr dennoch entsprechen.

„Wir werden auch im Saarland versuchen, das einzuhalten, also das Reißverschlusssystem. Das heißt Frau /Mann, dann Frau/ Mann, also Geschlechterwechsel. Ich werde darauf drängen und andere auch. Und ich gehe davon aus, dass wir das letztendlich auch durchsetzen können.“

Das letzte Wort über die Kandidaten haben die Vollversammlungen. Die Hoffnung der linken Männer. Denn um auch den Männern ihre Chancen zu belassen, hat sich die Linke an der Saar entschieden, ihre Kandidaten in Mitgliederversammlungen und nicht in Delegiertenversammlungen zu küren. Ein Prozedere, dem die Vorsitzende des Kreisverbandes Saarbücken, Astrid Schramm, gelassen entgegen sieht.

„Ich war ein Befürworter der offenen Mitgliederversammlung. Ich war gegen Delegiertenversammlungen, weil wir noch im Aufbau sind. Was bedeutet, dass wir Kampfkandidaturen bekommen werden. Aber wir wollen nicht Quotenfrauen sein, sondern wir wollen Frauen sein, die etwas bewegen, und deshalb brauchen wir uns davor nicht zu fürchten.“

Schramm hat eine Biographie wie so viele bei den Linken:

„Ich war mit der SPD verheiratet.“

30 Jahre war sie Mitglied in der SPD, stand den sozialdemokratischen Frauen vor, engagierte sich im Stadtrat ihrer Heimatgemeinde und im Betriebsrat. Die Agenda 2010 ließ erste Zweifel in ihr aufkommen, ob sie noch in der richtigen Partei sei. Dann beschloss die Berliner Koalition die Mehrwertsteuererhöhung und Astrid Schramm handelte.

„Weil ich zuvor Wahlkampf gemacht habe und den Leuten vor Ort erzählt habe, mit der SPD gibt es keine Mehrwertsteuererhöhung. Und ich habe gesagt, wenn die SPD zustimmt, werde ich aus der SPD austreten, weil es Betrug am Bürger war. Ich fühlte mich selbst belogen, ich habe die Bürger belogen, das tue ich mir nicht mehr an.“

Menschen wie Astrid Schramm sind unverzichtbar für die Linke. Sie wissen, wie Parteiorganisation funktioniert, sie kennen Satzungen und Regeln, sie sorgen dafür, dass Fristen eingehalten werden und in ihrem Schlepptau finden viele andere den Weg in die Partei. Hunderte Betriebsräte sind den gleichen Weg gegangen wie Astrid Schramm.

Das hat die Saar-SPD nun veranlasst, eine Offensive zu starten. Denn in einem wirtschaftlich von der Automobilindustrie und ihren Zulieferbetrieben geprägten Bundesland wie dem Saarland haben Betriebsräte und Gewerkschafter Vorbildfunktion. Der Verdi-Vorsitzende Alfred Staudt und der IG-Metall Bevollmächtigte für Saarbrücken, Hans-Peter Kurz, stehen deshalb auf den Kandidaten-Listen für Bundesstag und Landtag.

Für 8 Prozent mehr Lohn und Gehalt mobilisiert Kurtz die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie.

„Hier spricht die IG-Metall. Wir fordern die Beschäftigten der ZF-Getriebe auf, die Arbeit einzustellen und zur Kundgebung vor das Werkstor 1 zu kommen.“

Wie für die 8 Prozent, so hat er mit der IG-Metall gegen die Agenda 2010 und gegen die Rente mit 67 mobil gemacht. Und damit gegen das Credo der Bundes-SPD. Trotzdem bleibt Kurtz seiner politischen Heimat, der SPD treu.

„Es muss auch Menschen geben wie mich, die sich in der SPD dafür stark machen, dass diese Agenda 2010 Politik ein Ende findet und dass die SPD wieder eine sozialdemokratische Partei wird, die sich für die Belange der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitsnehmer einsetzt.“

Ein knappes Jahr vor der Landtags-Wahl ist es der Saar-SPD gelungen, einen lang anhaltenden Trend zu stoppen. Die Zahl der Partei-Mitglieder wächst wieder. 400 neue Mitglieder konnte die Partei allein in diesem Jahr in ihren Ortsverbänden begrüßen. Einer davon ist Paul Nagel.

Zwischen Würstchen, Schinken und Frikadellen hat der Versandleiter eines großen saarländischen Fleischproduzenten fast sein ganzes Berufsleben verbracht. Seit 25 Jahren genießt er als Betriebsrat das Vertrauen der Belegschaft und nun, mit 60 Jahren, hat er sich entschlossen, der SPD beizutreten.

„Das liegt daran, dass Heiko Maas unseren Betrieb besucht hat und es hat mir alles mehr zugesagt, was er gesagt hat und ich war schon immer ein Sympathisant der SPD.“

Als Kind, als der amtierende SPD-Landesvorsitzende Heiko Maas noch längst nicht das Licht der Welt erblickt hatte, habe er bereits gemeinsam mit dem Vater Plakate für die SPD geklebt. Und in der schwierigen Phase, in der die SPD jetzt stecke, dürfe man sie nicht alleine lassen, so Nagel.

„Ich will ein Zeichen setzten und nicht zur Linken abwandern wie viele meiner Gewerkschaftskollegen. Denn ich weiß nicht, ob die Linke die Partei ist, die die Interessen der Arbeitnehmer vertritt, ich bezweifle es, muss ich ganz ehrlich sagen."“

Soviel ehrliche Anteilnahme am Schicksal der Sozialdemokraten verdient besondere Anerkennung. Die Saar-SPD hat Herrn Nagel deshalb zum Mitglied der Woche gekürt. 7 Tage lang zierte sein Konterfei die Web-Seite der Saar-SPD. Paul Nagel ist gerührt.

„Ach, das freut mich schon, das war für mich völlig überraschend, dass ich das Mitglied der Woche bin. Ich hab es durch Sie ja erst erfahren.“

Karina Bähr ist eher auf Web-Seiten zu Hause als Herr Nagel. Sie ist erst 18 Jahre alt und nicht überrascht, sich im Internet wieder zu finden, nachdem sie gerade ihren SPD Aufnahmeantrag unterschrieben hat.

„Ich habe‘ mir das Ganze angeguckt, was die auch so machen für junge Leute und dann hab ich gedacht, ich maul‘ hier nur rum, tue aber nix, so bin ich zu dem Entschluss gekommen, der SPD beizutreten.“

Familiäre Vorbilder hat Karina keine. Die Schülerin, die sich anschickt, ihr Fachabitur abzulegen, will in ihrem konkreten Umfeld etwas verändern, in der Bildungspolitik.

„Für mich persönlich ist der wichtigste Punkt, dass mehr Ausbildungsplätze für Jugendliche geschaffen werden, dass das Schulsystem verbessert wird.“

Augenblicklich absolviert sie ein Praktikum in der Kreisgeschäftsstelle der SPD in Neunkirchen. Die Leiterin, Christine Streicher-Clivot, bestätigt, dass Karina kein Einzelfall ist.

„Gerade bei den jungen Mitgliedern ist das schon seit längerem der Fall, dass sich wieder mehr junge Leute für die SPD interessieren. Könnte mir vorstellen, dass es mit dem Wechsel der Juso-Vorsitzenden auf Bundesebene zu tun hat, weil sie stark in den Medien war und die Jusos dadurch wieder einen Aufschwung erfahren haben.“

Als weitere Beweggründe für den Zulauf der jungen Klientel zur SPD können die Einführung von Studiengebühren und die vor einigen Jahren im Saarland flächendeckend erfolgte Umstellung auf das Abitur nach 8 Jahren gelten. Die Erfahrungen hiermit seien vielfach negativ, argumentiert der Generalsekretär der SPD, Reinhold Jost.

„Beispielsweise eine Reihe von Gymnasiasten, die sich mit G8 nicht zurecht finden und sagen, das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass man hier beispielsweise auch finanziell über das Elternhaus ausgleichen muss, etwa durch Nachhilfeinstitute lernen muss, was man in der Schule nicht beigebracht bekommt.“

Die Unzufriedenheit mit der saarländischen Bildungspolitik ist in der Bevölkerung spürbar. Es verwundert daher nicht, dass sämtliche Oppositionsparteien dieses Politikfeld für sich entdeckt haben. Es handelt sich um ein Thema, das quer durch die Reihen vor allem die Frauen regelrecht aufgescheucht hat. Denn sie sind am nächsten dran, sie wissen, wo beim Nachwuchs der Schuh drückt, wo die Schulorganisation nicht leistet, was von ihr erwartet wird. Und dieses Bewusstsein, dass Politik massiv in den Alltag der Frauen eingreift, schlägt sich nieder, das stellen auch Grüne und Freie Demokraten im Saarland fest. FDP-Vorsitzender Christoph Hartmann.

„Wir haben im Moment sehr viele Frauen im Alter zwischen 30, 35 und 40 Jahren, die zu uns kommen, weil sie sich für Bildungspolitik interessieren und weil sie ein Stück Sicherheit suchen, diese Sicherheit ihnen im Moment nicht gegeben wird und wir einfach wirtschaftliche Prosperität brauchen, damit diese Sicherheit wieder entsteht.“

Ob sich dieser Aufbruch der Frauen auch widerspiegeln wird, zum Beispiel in der Kandidatenaufstellung für den saarländischen Landtag, das muss sich erst noch erweisen. Im Moment verfügt die FDP über drei Landtagsmandate, alle drei sind mit Männern besetzt. Aber der Landesvorsitzende verspricht Frauen-Beteiligung.

" Es gibt sehr gute Möglichkeiten, dass wir Frauen, gute Frauen, an herausragenderen Positionen positionieren, als das bei der letzten Wahl der Fall gewesen ist.“

Vorausgesetzt die Saar-FDP löst ihr Luxusproblem.

„Wir haben mehr Kandidaten, als wir Listenplätze haben. Im Moment ist das ein Stück weit ein Luxusproblem, aber es zeigt eben auch, die Leute streben nach vorne, das ist auch ein Zeichen für eine lebendige Partei. Wenn ich zehn Jahre zurück blicke, dann war das so, dass sie auf Knien jemanden bitten mussten, dass er kandidiert.“

Bekniet werden müssen auch die Anhänger der CDU im kommenden Jahr ganz sicher nicht. Davon geht Ministerpräsident Peter Müller, der auch Landesvorsitzender der CDU ist, uneingeschränkt aus. Für die mit absoluter Mehrheit regierende CDU an der Saar geht es um sehr viel. Sie will nach der Formierung der Linken ihre absolute Mehrheit unter völlig veränderten Vorzeichen verteidigen. In dieser Situation falle es nicht schwer, trotz Kommunal-, Landtags-, Europa- und Bundestagswahlen die eigene Klientel zu motivieren, so Müller.

„Wir haben eine klare Richtungsentscheidung im kommenden Jahr für das Saarland. Die Frage ist, geht das Land den Weg des Aufsteigerlandes weiter mit der CDU als klarer dominanter gestaltender politischer Kraft im Saarland oder machen wir ein sozialistische Experiment im Saarland. Letzteres wollen sie nicht und deshalb werden sie für die CDU kämpfen.“

Müller war Ende der vergangen Woche nach Kirkel gekommen, um den CDU -Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters zu unterstützen. Hier in der einstigen CDU-Diaspora verzeichnet die Partei nach eigenen Angaben einen erfreulichen Mitgliederzuwachs. Eingesetzt habe diese Wende zum Besseren bei der CDU im September, im Anschluss an den Landesparteitag, so Müller.

„Die Zuwächse, die wir hatten, sind Nettozuwächse, das heißt die Zahl der Eintritte liegt um etwa 100 höher als die Verluste, die wir durch Tod, Weggang und andere Ursachen hatten, also zeigt sich hier ein Trend, der atypisch ist, das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Die Neuankömmlinge senken ein wenig den Altersschnitt, zumindest statistisch. Das Problem aber, dass die Parteien vergreisen, lösen sie nicht. Denn wer sich an diesem Abend im Unterstützerkreis für Armin Hochlenert, den CDU Bürgermeisterkandidaten umschaute, konnte – aller Ankündigungen zum Trotz – feststellen, die jungen Hoffnungsträger der Partei beleiben der CDU-Wahlkampfparty fern. Es sind mehrheitlich jene CDU-Mitglieder gekommen, die der Partei seit Jahrzehnten die Stange halten. Wie Gerhard Kempf, ein freundlicher Herr über 70.

„Die Schwierigkeit ist halt, dass die Partei etwas konservativ ist und das lehnen die Jugendlichen ab. Die Jugend macht mit, aber nicht in dem Maße, wie ich das geglaubt hätte.“

Sarah, die Tochter des Kandidaten, ist da. Sie ist 28 Jahre alt, seit zehn Jahren CDU-Mitglied und politisch interessiert. Nur Parteiarbeit will sie nicht machen.

„Ich bin zwar Studentin der Politikwissenschaft. Aber ich möchte später ins Lehramt, weil ich finde, dass politische Bildung viel wichtiger ist als eine politische Karriere.“

Was nicht ist, kann ja noch werden. Fest steht, dass mit Ausnahme der Freien Wähler sämtliche saarländischen Parteien momentan neue Mitglieder für sich gewinnen können. Die Bevölkerung ist politisiert wie selten. Das hat sicher mehrere Ursachen. Aber eine davon ist ganz bestimmt die Kandidatur Oskar Lafontaines für das Amt des Ministerpräsidenten. Er sorgt für politische Bekenntnisse von grün über rot bis hin zu gelb und schwarz.
Ein Mitglied der Gewerkschaft IG Metall zeigt bei einer Kundgebung in Dortmund mit einem roten Handschuh die Gewerkschaftsforderung nach acht Prozent mehr Lohn und Gehalt.
Demonstration der Gewerkschaft IG Metall für acht Prozent mehr Lohn und Gehalt.© AP
Peter Müller (CDU), saarländischer Ministerpräsident
Peter Müller (CDU), saarländischer Ministerpräsident© AP