"Einige Punkte müssen mit Sicherheit noch nachgebessert werden"
Der CDU-Gesundheitspolitiker Rolf Koschorrek sieht noch Nachbesserungsbedarf bei der Gesundheitsreform. Einige Punkte seien in der jetzigen Form nicht praktikabel, sagte Koschorrek im Deutschlandradio Kultur. Als Beispiel nannte er den Basistarif, den private Krankenkassen künftig anbieten müssen. Er plädierte zudem dafür, die Abstimmung im Bundestag über die Gesundheitsreform auf Januar zu vertagen.
Degenhardt: Das gibt es auch nicht alle Tage, dass sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitgeber, aber auch gesetzliche wie private Kassen auf einer Linie sind, nämlich in ihrer ablehnenden Haltung zum Gesetzentwurf der großen Koalition in Sachen Gesundheitsreform. Auch die Pharmaverbände sehen dringenden Verbesserungsbedarf, die Wirtschaftsweisen, und selbst in den Regierungsparteien wird weiter gemosert, so dass sich der Beobachter fragt, wo soll eigentlich bei der entscheidenden Abstimmung im Dezember die Koalitionsmehrheit herkommen?
Der Gesundheitsausschuss des Bundestages setzt heute erstmal die Anhörungen zur umstrittenen Reform fort. Die Abgeordneten können dabei Vertreter von mehr als 50 Verbände der Gesundheitsbranche sowie mehrere Einzelsachverständige befragen. In diesem Gesundheitsausschuss sitzt für die Union auch Dr. Rolf Koschorrek, er ist übrigens Zahnarzt vom Beruf, also im wahrsten Wortsinne ein Mann der Praxis. Herr Koschorrek, lässt Sie denn genau diese Kritik an der Gesundheitsreform von beinahe allen Seiten eigentlich kalt?
Koschorrek: Bei weitem nicht. Es ist natürlich bei so einem großen Reformwerk schon selbstverständlich, dass natürlich Kritik kommt. Die Breite der Kritik beeindruckt schon, und deswegen haben wir ja auch eine sehr breit angelegte Anhörung jetzt im Moment gerade. Über 26 Stunden unterhalten wir uns dort mit den Experten wirklich über die Knackpunkte, da haben wir heute noch mal sechs Stunden zu dem umstrittenen Fonds, und es ist eigentlich alles durchaus von den Verbänden kritisch gesehen. Man muss eins sehen, die sind natürlich in der Ablehnung sich einig, aber in der Ausgestaltung, wie man dann so etwas anders regeln könnte, ist natürlich bei den Verbänden auch jeder einzelne nur sich selbst nahe, und da haben wir recht konstruktiv in den letzten Tagen und Stunden auch nicht viel erfahren können.
Degenhardt: Trotzdem hat man oder man hat überhaupt das Gefühl, dass die Koalition in Sachen Gesundheitsreform ja quasi mit dem Kopf durch die Wand will, oder gibt es wenigstens im Detail noch Änderungen, die Sie sich vorstellen können, die Sie sich vielleicht sogar wünschen?
Koschorrek: Also ich denke mal, dass auf jeden Fall aus dieser Anhörung noch an einer oder anderen Stelle durchaus Dinge geändert werden und aus meiner Sicht auch geändert werden müssen.
Degenhardt: Wo zum Beispiel?
Koschorrek: Also ich sehe einige Dinge nicht ganz praktikabel, die Ausgestaltung des Basistarifes bei der privaten Krankenversicherung, gerade für die kleinen Handwerksbetriebe, denen ich mich ganz besonders verbunden fühle, im Bereich der Hilfsmittelausschreibung, und es sind noch so einige andere Punkte, die mit Sicherheit noch nachgebessert werden müssen.
Degenhardt: Angesichts der geplanten Gesundheitsreform rechnen die meisten gesetzlichen Krankenkassen ja für das nächste Jahr, so einer aktuellen Umfrage des Focus zufolge, mit einer Erhöhung des Beitragssatzes. Kann das denn im Sinne des Erfinders, also der Regierungskoalitionen sein?
Koschorrek: Selbstverständlich passen Beitragserhöhungen nie recht ins Bild, das ist keine Frage, aber man muss sich deutlich machen, dass die Beitragserhöhungen, die nun anstehen, eigentlich mit der Reform ursächlich nichts zu tun haben. Es geht da in der Regel hauptsächlich jedenfalls um Entschuldungstatbestände bei den Krankenkassen, da gibt es nach wie vor Schulden, obwohl das gesetzlich seit zehn Jahren verboten ist, und wir haben nicht nur Kassen, die Schulden haben, sondern auch welche, die bis zum heutigen Tage noch umfänglich neue Schulden aufbauen, und das muss beendet werden, und dafür sind die meisten angedrohten Beitragserhöhungen einfach zu verwenden.
Degenhardt: Was meinen Sie denn, Herr Koschorrek, kann das Gesetz, wie vom Gesundheitsministerium ja geplant, am 15. Dezember im Bundestag verabschiedet werden, oder muss der Zeitplan gestreckt werden, man könnte ja auch im Januar weiterreden?
Koschorrek: Also ich bin der Meinung, dass es bis zum 15. Dezember nicht zu halten sein wird, einfach aus folgendem praktischen Grund: Der Bundesrat berät erst am 15. Dezember drüber, da macht es wenig Sinn, dass der Bundestag vorher schon Dinge beschließt. Also ich sehe ganz praktisch eine Erweiterung des Zeitraums auf den Januar mit Sicherheit vorgegeben. Was steht, ist das Inkrafttreten zum 1.4.2007, aber das bringt uns nicht unter Zeitdruck, das unbedingt schon in der ersten Dezemberhälfte abzuarbeiten.
Degenhardt: Nochmal die Frage, um da Klarheit zu erzielen: Deswegen keine Abstimmung am 15. Dezember, weil es noch viel Änderungsbedarf gibt, oder weil generell die Koalitionsmehrheit für das Gesetz nicht steht?
Koschorrek: Also das hat mit der Mehrheit nichts zu tun, das ist eine ganz klare Begründung aus dem Verfahren. Wie gesagt, wenn der Bundesrat erst am 15. Dezember dieses Gesetz überhaupt behandelt, dann macht es keinen Sinn, wenn wir am 15. Dezember vorher schon im Bundestag abschließen. Es ist Unsinn, also wir müssen das parallel machen und auch die Erkenntnisse aus der Bundesratsberatung natürlich noch mit einbringen und mit abwarten und dann im Januar sicherlich auch mit einer großen Mehrheit der Koalition zu Entschlüssen kommen.
Degenhardt: Ist denn mit dieser Reform, wenn sie so durchgeht, eigentlich der Weg in die Zwei-Klassen-Medizin zu vermeiden?
Koschorrek: Was ist Zwei-Klassen-Medizin? Da hängt es immer ein bisschen mit der Begründung für mich zusammen. Wir leben in einer Wirtschaftsordnung, wo natürlich jeder, der über etwas mehr Geld verfügt, sich ein besseres Auto kaufen kann, auf anderen Gebieten natürlich sich freier stellen kann als jemand, der weniger verdient. Das ist in der Medizin auch immer so gewesen, ist auch eigentlich weltweit überall anders auch so. Dieser Begriff hinkt an allen Ecken und Kanten.
Degenhardt: Mehr als die Hälfte aber der Bundestagsabgeordneten ist privat versichert, habe ich gelesen. Glauben Sie, dass es bei diesen Parlamentariern trotzdem ein Wissen darüber gibt, wie es den Menschen, den Patienten geht, die sich überlegen müssen, wo sie das Geld für die Praxisgebühr zum Beispiel herbekommen?
Koschorrek: Da können Sie von ausgehen, dass sich da also ganz klar auch Gedanken drüber gemacht werden. Es hat ja mit der eigenen Situation immer nur bedingt etwas zu tun. Jeder von uns Abgeordneten hat natürlich auch ein Umfeld, und ein sehr direktes Umfeld, ein Wahlkreisumfeld, um sich mit diesen Problemen auch konfrontiert zu sehen. Also da können Sie schon ganz sicher sein, dass diese Dinge bekannt sind, zum Beispiel die Praxisgebühr ist ein gutes Beispiel. Das ist nur ein Konstrukt, was über die letzten Jahre sich eigentlich ganz gut bewährt hat, aber auch sozial abgefedert ist. Jemand, der sich das nicht leisten kann, der ist von dieser Praxisgebühr befreit.
Degenhardt: Die Ärzte planen ja für den 4. Dezember einen weiteren nationalen Aktionstag, an dem es zu Versorgungsengpässen kommen könnte. Wie groß ist quasi als Kollege - Sie sind Zahnarzt - Ihr Verständnis für derartige Proteste?
Koschorrek: Ja gut, bei mir schlagen natürlich zwei Herzen in einer Brust, auf der einen Seite eben der Politiker, auf der anderen Seite bin ich nach wie vor auch Inhaber und arbeite auch in meiner Praxis, jedenfalls mit den Kollegen gelegentlich zusammen, und sehe schon auch für den niedergelassenen Bereich dort Probleme auf uns zukommen. Proteste haben wir immer gehabt, während jeder Gesundheitsreform über die letzten 20 Jahre. Wie ich das so beurteilen kann als Leistungserbringer, das muss auch sein, das gehört zum System dazu. Was nicht sein darf, ist, dass wirklich dann über Tage oder gar Wochen die Versorgungsqualität für den Patienten eingeschränkt ist. Wenn es mal einen Tag eine Protestkundgebung, eine Protestaktion gibt, bricht das System mit Sicherheit nicht zusammen.
Degenhardt: Sagt Dr. Rolf Koschorrek, er ist Zahnarzt und er sitzt für die Union im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages.
Der Gesundheitsausschuss des Bundestages setzt heute erstmal die Anhörungen zur umstrittenen Reform fort. Die Abgeordneten können dabei Vertreter von mehr als 50 Verbände der Gesundheitsbranche sowie mehrere Einzelsachverständige befragen. In diesem Gesundheitsausschuss sitzt für die Union auch Dr. Rolf Koschorrek, er ist übrigens Zahnarzt vom Beruf, also im wahrsten Wortsinne ein Mann der Praxis. Herr Koschorrek, lässt Sie denn genau diese Kritik an der Gesundheitsreform von beinahe allen Seiten eigentlich kalt?
Koschorrek: Bei weitem nicht. Es ist natürlich bei so einem großen Reformwerk schon selbstverständlich, dass natürlich Kritik kommt. Die Breite der Kritik beeindruckt schon, und deswegen haben wir ja auch eine sehr breit angelegte Anhörung jetzt im Moment gerade. Über 26 Stunden unterhalten wir uns dort mit den Experten wirklich über die Knackpunkte, da haben wir heute noch mal sechs Stunden zu dem umstrittenen Fonds, und es ist eigentlich alles durchaus von den Verbänden kritisch gesehen. Man muss eins sehen, die sind natürlich in der Ablehnung sich einig, aber in der Ausgestaltung, wie man dann so etwas anders regeln könnte, ist natürlich bei den Verbänden auch jeder einzelne nur sich selbst nahe, und da haben wir recht konstruktiv in den letzten Tagen und Stunden auch nicht viel erfahren können.
Degenhardt: Trotzdem hat man oder man hat überhaupt das Gefühl, dass die Koalition in Sachen Gesundheitsreform ja quasi mit dem Kopf durch die Wand will, oder gibt es wenigstens im Detail noch Änderungen, die Sie sich vorstellen können, die Sie sich vielleicht sogar wünschen?
Koschorrek: Also ich denke mal, dass auf jeden Fall aus dieser Anhörung noch an einer oder anderen Stelle durchaus Dinge geändert werden und aus meiner Sicht auch geändert werden müssen.
Degenhardt: Wo zum Beispiel?
Koschorrek: Also ich sehe einige Dinge nicht ganz praktikabel, die Ausgestaltung des Basistarifes bei der privaten Krankenversicherung, gerade für die kleinen Handwerksbetriebe, denen ich mich ganz besonders verbunden fühle, im Bereich der Hilfsmittelausschreibung, und es sind noch so einige andere Punkte, die mit Sicherheit noch nachgebessert werden müssen.
Degenhardt: Angesichts der geplanten Gesundheitsreform rechnen die meisten gesetzlichen Krankenkassen ja für das nächste Jahr, so einer aktuellen Umfrage des Focus zufolge, mit einer Erhöhung des Beitragssatzes. Kann das denn im Sinne des Erfinders, also der Regierungskoalitionen sein?
Koschorrek: Selbstverständlich passen Beitragserhöhungen nie recht ins Bild, das ist keine Frage, aber man muss sich deutlich machen, dass die Beitragserhöhungen, die nun anstehen, eigentlich mit der Reform ursächlich nichts zu tun haben. Es geht da in der Regel hauptsächlich jedenfalls um Entschuldungstatbestände bei den Krankenkassen, da gibt es nach wie vor Schulden, obwohl das gesetzlich seit zehn Jahren verboten ist, und wir haben nicht nur Kassen, die Schulden haben, sondern auch welche, die bis zum heutigen Tage noch umfänglich neue Schulden aufbauen, und das muss beendet werden, und dafür sind die meisten angedrohten Beitragserhöhungen einfach zu verwenden.
Degenhardt: Was meinen Sie denn, Herr Koschorrek, kann das Gesetz, wie vom Gesundheitsministerium ja geplant, am 15. Dezember im Bundestag verabschiedet werden, oder muss der Zeitplan gestreckt werden, man könnte ja auch im Januar weiterreden?
Koschorrek: Also ich bin der Meinung, dass es bis zum 15. Dezember nicht zu halten sein wird, einfach aus folgendem praktischen Grund: Der Bundesrat berät erst am 15. Dezember drüber, da macht es wenig Sinn, dass der Bundestag vorher schon Dinge beschließt. Also ich sehe ganz praktisch eine Erweiterung des Zeitraums auf den Januar mit Sicherheit vorgegeben. Was steht, ist das Inkrafttreten zum 1.4.2007, aber das bringt uns nicht unter Zeitdruck, das unbedingt schon in der ersten Dezemberhälfte abzuarbeiten.
Degenhardt: Nochmal die Frage, um da Klarheit zu erzielen: Deswegen keine Abstimmung am 15. Dezember, weil es noch viel Änderungsbedarf gibt, oder weil generell die Koalitionsmehrheit für das Gesetz nicht steht?
Koschorrek: Also das hat mit der Mehrheit nichts zu tun, das ist eine ganz klare Begründung aus dem Verfahren. Wie gesagt, wenn der Bundesrat erst am 15. Dezember dieses Gesetz überhaupt behandelt, dann macht es keinen Sinn, wenn wir am 15. Dezember vorher schon im Bundestag abschließen. Es ist Unsinn, also wir müssen das parallel machen und auch die Erkenntnisse aus der Bundesratsberatung natürlich noch mit einbringen und mit abwarten und dann im Januar sicherlich auch mit einer großen Mehrheit der Koalition zu Entschlüssen kommen.
Degenhardt: Ist denn mit dieser Reform, wenn sie so durchgeht, eigentlich der Weg in die Zwei-Klassen-Medizin zu vermeiden?
Koschorrek: Was ist Zwei-Klassen-Medizin? Da hängt es immer ein bisschen mit der Begründung für mich zusammen. Wir leben in einer Wirtschaftsordnung, wo natürlich jeder, der über etwas mehr Geld verfügt, sich ein besseres Auto kaufen kann, auf anderen Gebieten natürlich sich freier stellen kann als jemand, der weniger verdient. Das ist in der Medizin auch immer so gewesen, ist auch eigentlich weltweit überall anders auch so. Dieser Begriff hinkt an allen Ecken und Kanten.
Degenhardt: Mehr als die Hälfte aber der Bundestagsabgeordneten ist privat versichert, habe ich gelesen. Glauben Sie, dass es bei diesen Parlamentariern trotzdem ein Wissen darüber gibt, wie es den Menschen, den Patienten geht, die sich überlegen müssen, wo sie das Geld für die Praxisgebühr zum Beispiel herbekommen?
Koschorrek: Da können Sie von ausgehen, dass sich da also ganz klar auch Gedanken drüber gemacht werden. Es hat ja mit der eigenen Situation immer nur bedingt etwas zu tun. Jeder von uns Abgeordneten hat natürlich auch ein Umfeld, und ein sehr direktes Umfeld, ein Wahlkreisumfeld, um sich mit diesen Problemen auch konfrontiert zu sehen. Also da können Sie schon ganz sicher sein, dass diese Dinge bekannt sind, zum Beispiel die Praxisgebühr ist ein gutes Beispiel. Das ist nur ein Konstrukt, was über die letzten Jahre sich eigentlich ganz gut bewährt hat, aber auch sozial abgefedert ist. Jemand, der sich das nicht leisten kann, der ist von dieser Praxisgebühr befreit.
Degenhardt: Die Ärzte planen ja für den 4. Dezember einen weiteren nationalen Aktionstag, an dem es zu Versorgungsengpässen kommen könnte. Wie groß ist quasi als Kollege - Sie sind Zahnarzt - Ihr Verständnis für derartige Proteste?
Koschorrek: Ja gut, bei mir schlagen natürlich zwei Herzen in einer Brust, auf der einen Seite eben der Politiker, auf der anderen Seite bin ich nach wie vor auch Inhaber und arbeite auch in meiner Praxis, jedenfalls mit den Kollegen gelegentlich zusammen, und sehe schon auch für den niedergelassenen Bereich dort Probleme auf uns zukommen. Proteste haben wir immer gehabt, während jeder Gesundheitsreform über die letzten 20 Jahre. Wie ich das so beurteilen kann als Leistungserbringer, das muss auch sein, das gehört zum System dazu. Was nicht sein darf, ist, dass wirklich dann über Tage oder gar Wochen die Versorgungsqualität für den Patienten eingeschränkt ist. Wenn es mal einen Tag eine Protestkundgebung, eine Protestaktion gibt, bricht das System mit Sicherheit nicht zusammen.
Degenhardt: Sagt Dr. Rolf Koschorrek, er ist Zahnarzt und er sitzt für die Union im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages.