Eingeschlossen in Granit
Radioaktiver Abfall soll dort gelagert werden, wo er Menschen und anderen Lebewesen so wenig wie möglich schaden kann. Die meisten Staaten planen daher, ihn tief in der Erde zu vergraben. So auch Schweden. Hier soll der Müll im Granitfelsen seine letzte Ruhe finden. Wie der strahlende Abfall dort auf Dauer sicher gelagert werden kann, untersuchen Wissenschaftler im sogenannten „Äspö-Hard-Rock Labor“ an der schwedischen Ostküste.
Mit dem Fahrstuhl geht es auf dem schnellsten Weg hinab in das Hard Rock Labor.
„Wir fahren von oben bis unten in 90 Sekunden.“
Über eine riesige Stahltür öffnet sich das Tunnelsystem in 340 Metern Tiefe. Eine zweispurige Straße führt hier durch den Fels. Sie bietet genug Platz für Lastwagen und Reisebusse und erinnert an einen Autobahntunnel. Brita Freudenthal, Mitarbeiterin der Firma, die das unterirdische Labor betreibt:
„Der Tunnel war in 1995 fertig so wie wir es jetzt sehen. Wir bauen noch neue Tunnel, neue Nischen und entwickeln unsere Arbeit. Wir finden: Aha, das müssen wir auch noch untersuchen, oh nein, das müssen wir auch wissen und es kommt ja immer mehr. Es ist so wie kochen, weißt du, man lernt immer mehr, desto mehr man kocht. Wir sagen: Das ist unsere große Küche wo wir alles experimentiert.“
Die Experimente im Äspö-Labor haben ein ehrgeiziges Ziel: Der radioaktive Abfall muss mindestens 100.000 Jahre lang unbeschadet im Granit lagern können. Erst dann hat seine Strahlung so weit abgenommen, dass sie nicht mehr gefährlich ist. Die Behälter, in die der radioaktive Abfall eingeschlossen wird, müssen also so gebaut werden, dass sie Eiszeiten und mögliche Erdbeben unbeschadet überstehen. Solche Veränderungen werden im Tunnel simuliert. Auch das Verhalten des Atommülls wird nachgeahmt. Beispielsweise wird untersucht, was passiert, wenn sich Gas im Behälter ansammelt. Dies geschieht, wenn Wärme entwickelnder Abfall dort gelagert wird.
„Wir haben hier ein Loch, es ist acht Meter tief, wo wir eine Kapsel gestellt haben und die Kapsel mit Gas gefüllt und Bentonit drum herum, ein Deckel drauf. Und dann haben wir so bleiben lassen, bis es explodiert hat um zu sehen, was passiert dann. Und nichts hat passiert! Ich weiß, man saß dort mit Schokoladekuchen und Kaffee und wollte feiern und dann hat es „Buff“ gemacht …“
Und es gab keine richtige Explosion, wie die Wissenschaftler erwartet hatten. In Schweden sollen die abgebrannten Brennstäbe in Kanister mit einem inneren Eisen-Gerüst eingeschlossen werden. Die Behälter selbst sind von einer fünf Zentimeter dicken Kupferschicht umgeben. Um die Kanister vor Gebirgsbewegungen und Korrosion zu schützen, werden sie in eine Schicht aus Bentonit-Ton eingebettet. Dieses Puffermaterial bindet Wasser und quillt dabei auf. Das ist wichtig, weil Wasser der größte Feind in einem Endlager ist. Denn nur über das Grundwasser können radioaktive Partikel wieder an die Oberfläche und damit in die Nähe des Menschen gelangen. Gleichzeitig schließt Bentonit möglicherweise frei werdende Schadstoffe ein. Das soll verhindern, dass sie aus dem Endlager gelangen können. Sollten die Radionuklide doch einmal aus den Kanistern entweichen, ist es wichtig, ihren Weg durch das feuchte Gestein vorhersagen zu können. Auch dies wird untersucht. Brita Freudenthal:
„Hier haben wir ein deutsches Experiment, wo man untersucht hat, wie sich radioaktive Partikel in Wasser bewegen. Wie schnell, wie hoch und wie ab bis nach unten. Man hat gefärbte Partikel ins Gestein geschossen also richtig mit Pistole fasst. So das man sieht: Wo gehen sie hin, wie lange dauert es, wie kommen sie zurück, hängen sie an den Felsen an oder bewegen sie sich nur in Flüssigkeit."“
Die meisten radioaktiven Partikel werden an die Kristallstruktur des Felsens gebunden, gelangen also vermutlich nicht ins Grundwasser. Allerdings könnten auch Mikroorganismen Radionuklide mobil machen, befürchten Forscher. Professor Karsten Pedersen, Mikrobiologe am Institut für Zell- und Molekularbiologie der Universität Göteborg:
„Mikroorganismen brauchen Vitamine und Spurenelemente wie wir um zu überleben. Deswegen haben sie bestimmte Moleküle, die Spurenelemente für sie einfangen. Diese Moleküle könnten allerdings auch Radionuklide anstelle der Spurenelemente aufnehmen und dadurch werden die Radionuklide in Bewegung gesetzt. Sie werden dann nicht mehr vom Gestein aufgenommen, sondern bleiben im Grundwasser und werden mit ihm weggespült.“
Sollten die Bakterien tatsächlich Radionuklide aufnehmen und ins Grundwasser gelangen, könnten sie für die belebte Umwelt gefährlich werden.
„Wir untersuchen deshalb, ob diese Bakterien überall im Granitfelsen vorkommen und ob sie dort tatsächlich die Moleküle produzieren, die Radionuklide binden können. Wir wissen, dass die Bakterien diese Moleküle unter Laborbedingungen produzieren. Wir wissen aber nicht, ob es sie es tatsächlich im Granitfelsen tun.“
Im Versuchstunnel hat Karsten Pedersen auch solche Mikroorganismen entdeckt, die Sulfid produzieren. Auch diese Mikroben könnten die Ruhe im Endlager auf Dauer stören. Denn Sulfid gehört zu den wenigen Dingen, die Kupferbehälter rosten lassen. Und wenn diese rosten, werden sie irgendwann undicht.
„Momentan sieht es so aus, als ob der Bentonitton die Bakterien von den Kanistern fernhält. Es wird also sehr wahrscheinlich kein Problem sein. Außerdem braucht man schon sehr viel Sulfid, damit diese fünf Zentimeter dicken Kanister zerbrechen. Wir kalkulieren deshalb, wie viel Sulfid diese Organismen produzieren und versuchen so, das Risiko abzuschätzen.“
Wo der schwedische Atommüll letztendlich seine letzte Ruhestätte finden wird, ist noch nicht entschieden. Fest steht jedoch, dass es entweder in der Kommune Östhammar oder in Oskarshamn entstehen wird. Beide Gemeinden haben sich sogar darum beworben, den strahlenden Abfall bei sich aufzunehmen.
Freudenthal: „83 Prozent der Bevölkerung in Oskarshamn sind dafür und in Forsmark 78 Prozent. Man hat mit der Kernkraft so lange gelebt, man hat keine Angst. Viele Menschen arbeiten dort, Vater oder Mutter oder Sohn oder Tochter. Es ist ein Teil des Lebens.“
„Wir fahren von oben bis unten in 90 Sekunden.“
Über eine riesige Stahltür öffnet sich das Tunnelsystem in 340 Metern Tiefe. Eine zweispurige Straße führt hier durch den Fels. Sie bietet genug Platz für Lastwagen und Reisebusse und erinnert an einen Autobahntunnel. Brita Freudenthal, Mitarbeiterin der Firma, die das unterirdische Labor betreibt:
„Der Tunnel war in 1995 fertig so wie wir es jetzt sehen. Wir bauen noch neue Tunnel, neue Nischen und entwickeln unsere Arbeit. Wir finden: Aha, das müssen wir auch noch untersuchen, oh nein, das müssen wir auch wissen und es kommt ja immer mehr. Es ist so wie kochen, weißt du, man lernt immer mehr, desto mehr man kocht. Wir sagen: Das ist unsere große Küche wo wir alles experimentiert.“
Die Experimente im Äspö-Labor haben ein ehrgeiziges Ziel: Der radioaktive Abfall muss mindestens 100.000 Jahre lang unbeschadet im Granit lagern können. Erst dann hat seine Strahlung so weit abgenommen, dass sie nicht mehr gefährlich ist. Die Behälter, in die der radioaktive Abfall eingeschlossen wird, müssen also so gebaut werden, dass sie Eiszeiten und mögliche Erdbeben unbeschadet überstehen. Solche Veränderungen werden im Tunnel simuliert. Auch das Verhalten des Atommülls wird nachgeahmt. Beispielsweise wird untersucht, was passiert, wenn sich Gas im Behälter ansammelt. Dies geschieht, wenn Wärme entwickelnder Abfall dort gelagert wird.
„Wir haben hier ein Loch, es ist acht Meter tief, wo wir eine Kapsel gestellt haben und die Kapsel mit Gas gefüllt und Bentonit drum herum, ein Deckel drauf. Und dann haben wir so bleiben lassen, bis es explodiert hat um zu sehen, was passiert dann. Und nichts hat passiert! Ich weiß, man saß dort mit Schokoladekuchen und Kaffee und wollte feiern und dann hat es „Buff“ gemacht …“
Und es gab keine richtige Explosion, wie die Wissenschaftler erwartet hatten. In Schweden sollen die abgebrannten Brennstäbe in Kanister mit einem inneren Eisen-Gerüst eingeschlossen werden. Die Behälter selbst sind von einer fünf Zentimeter dicken Kupferschicht umgeben. Um die Kanister vor Gebirgsbewegungen und Korrosion zu schützen, werden sie in eine Schicht aus Bentonit-Ton eingebettet. Dieses Puffermaterial bindet Wasser und quillt dabei auf. Das ist wichtig, weil Wasser der größte Feind in einem Endlager ist. Denn nur über das Grundwasser können radioaktive Partikel wieder an die Oberfläche und damit in die Nähe des Menschen gelangen. Gleichzeitig schließt Bentonit möglicherweise frei werdende Schadstoffe ein. Das soll verhindern, dass sie aus dem Endlager gelangen können. Sollten die Radionuklide doch einmal aus den Kanistern entweichen, ist es wichtig, ihren Weg durch das feuchte Gestein vorhersagen zu können. Auch dies wird untersucht. Brita Freudenthal:
„Hier haben wir ein deutsches Experiment, wo man untersucht hat, wie sich radioaktive Partikel in Wasser bewegen. Wie schnell, wie hoch und wie ab bis nach unten. Man hat gefärbte Partikel ins Gestein geschossen also richtig mit Pistole fasst. So das man sieht: Wo gehen sie hin, wie lange dauert es, wie kommen sie zurück, hängen sie an den Felsen an oder bewegen sie sich nur in Flüssigkeit."“
Die meisten radioaktiven Partikel werden an die Kristallstruktur des Felsens gebunden, gelangen also vermutlich nicht ins Grundwasser. Allerdings könnten auch Mikroorganismen Radionuklide mobil machen, befürchten Forscher. Professor Karsten Pedersen, Mikrobiologe am Institut für Zell- und Molekularbiologie der Universität Göteborg:
„Mikroorganismen brauchen Vitamine und Spurenelemente wie wir um zu überleben. Deswegen haben sie bestimmte Moleküle, die Spurenelemente für sie einfangen. Diese Moleküle könnten allerdings auch Radionuklide anstelle der Spurenelemente aufnehmen und dadurch werden die Radionuklide in Bewegung gesetzt. Sie werden dann nicht mehr vom Gestein aufgenommen, sondern bleiben im Grundwasser und werden mit ihm weggespült.“
Sollten die Bakterien tatsächlich Radionuklide aufnehmen und ins Grundwasser gelangen, könnten sie für die belebte Umwelt gefährlich werden.
„Wir untersuchen deshalb, ob diese Bakterien überall im Granitfelsen vorkommen und ob sie dort tatsächlich die Moleküle produzieren, die Radionuklide binden können. Wir wissen, dass die Bakterien diese Moleküle unter Laborbedingungen produzieren. Wir wissen aber nicht, ob es sie es tatsächlich im Granitfelsen tun.“
Im Versuchstunnel hat Karsten Pedersen auch solche Mikroorganismen entdeckt, die Sulfid produzieren. Auch diese Mikroben könnten die Ruhe im Endlager auf Dauer stören. Denn Sulfid gehört zu den wenigen Dingen, die Kupferbehälter rosten lassen. Und wenn diese rosten, werden sie irgendwann undicht.
„Momentan sieht es so aus, als ob der Bentonitton die Bakterien von den Kanistern fernhält. Es wird also sehr wahrscheinlich kein Problem sein. Außerdem braucht man schon sehr viel Sulfid, damit diese fünf Zentimeter dicken Kanister zerbrechen. Wir kalkulieren deshalb, wie viel Sulfid diese Organismen produzieren und versuchen so, das Risiko abzuschätzen.“
Wo der schwedische Atommüll letztendlich seine letzte Ruhestätte finden wird, ist noch nicht entschieden. Fest steht jedoch, dass es entweder in der Kommune Östhammar oder in Oskarshamn entstehen wird. Beide Gemeinden haben sich sogar darum beworben, den strahlenden Abfall bei sich aufzunehmen.
Freudenthal: „83 Prozent der Bevölkerung in Oskarshamn sind dafür und in Forsmark 78 Prozent. Man hat mit der Kernkraft so lange gelebt, man hat keine Angst. Viele Menschen arbeiten dort, Vater oder Mutter oder Sohn oder Tochter. Es ist ein Teil des Lebens.“