"Einer von uns"

Von Ulrike Greim |
Selten erntete eine Personalie so viel Prügel, wie die des ex-designierten Kultusministers von Thüringen. Der Name Peter Krause geisterte durch alle Medien, und mit ihm die Vermutung, ein Salonrechter rücke in die Regierung auf.
Die Empörung zog sich durch Parteien und Organisationen bis auf Bundesebene. Wenige Tage vor der Vereidigung zog Krause zurück. Der Druck war zu groß. Die Thüringer CDU manövrierte sich mit ihm zielsicher in eine Märtyrerrolle, als Opfer einer "linken Öffentlichkeit". Statt Distanz kam demonstrative Nähe. Krause ist einer von uns. Das wirft die Frage auf, wieweit rechts die CDU steht, ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl.

"Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte Sie, ihre Plätze einzunehmen."

Es ist die 83. Plenarsitzung dieser Wahlperiode. Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski ruft zur Disziplin.

"Ich heiße sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtages, die ich hiermit eröffne."

Sie ruft Tagesordnungspunkt 1a auf: Bekanntgabe der durch den Ministerpräsidenten ernannten neuen Ministerinnen und Minister, und 1b: Vereidigung.

Lieberknecht: "So wahr mit Gott helfe."
Müller: "So wahr mit Gott helfe."
Scherer: "So wahr mit Gott helfe."
Walsmann: "So wahr mit Gott helfe."

Die vier neu Vereidigten und zwei schon unter Eid stehenden werden beglückwünscht und nehmen Platz auf der Ministerbank im Rund des Landtages. Dann ruft die Landtagspräsidentin den nächsten Tagesordnungspunkt auf.
Schnörkellos und ohne ein Wort mehr, als es das Protokoll vorschreibt, hat Ministerpräsident Dieter Althaus an diesem Donnerstag sein Regierungsteam umgekrempelt. Sechs von neun Posten hat er neu besetzt. Sein Kabinett sollte jünger, weiblicher und vor allem thüringischer werden.

"Das war Grund, noch einmal beim Umbau darauf zu achten, das wir in manchen inhaltlichen Feldern, aber auch durch die personelle Besetzung noch einmal mit neuem Ansatz nach außen dokumentieren, dass es um uns geht, um Thüringen geht, um Identität in Thüringen geht. Darum, dass wir das, was wir in den letzten 18 Jahren gemeinsam in Thüringen aufgebaut haben, erhalten und weiterentwickeln."

Der neue Schritt mit einem neuen Kabinett sollte ein Überraschungscoup werden. Doch er war verstolpert. Denn da war die Causa Krause.
Der Abgeordnete Peter Krause sitzt auf seinem Platz im CDU-Block. Im Anzug, die braunen Haare streng gescheitelt, die Hände vor dem Mund, als müsse er sich verbieten, etwas zu sagen. Mal sprungbereit, mal lässig zurückgelehnt. Er hatte eine kurze Karriere. Elf Tage lang war er der designierte Kultusminister im neuen Kabinett Althaus, bevor er zurückzog. Knapp angefragt, schnell öffentlich gemacht, nach heftigen Reaktionen zurückgenommen.
Nun hat, statt seiner, der langjährige Althaus-Vertraute Bernward Müller auf den Ministersessel Platz genommen. Sonntag angefragt, Dienstag verkündet, nun, Donnerstag, vereidigt.

Krause: "Es stand die Frage: bleibe ich authentisch, oder fange ich jetzt an, die Phrasen mit zu dreschen, die Leute hören wollen, die weder gern lesen noch recherchieren."

Krause, promovierter Literaturwissenschaftler, Ex-Redakteur der rechtslastigen Jungen Freiheit, hatte Interviews gegeben, wurde zitiert, kommentiert. Bundesweit kamen Reaktionen. So einen dürfe man nicht zum Kultusminister machen.

"Zunächst gehört natürlich das bürgerlich Rechte genauso zur demokratischen Verfassung, wie das Linke. Ich glaube, dass eine Demokratie ohne rechte Positionen überhaupt nicht existieren kann."

Der angehende Minister für Schulen und Kindergärten, der qua Amt dann unter anderem Vorsitzender der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora geworden wäre, erzeugte Irritationen. Immer mehr wurde gefragt, wer ist denn dieser Mann, wofür steht er, wie definiert er seine Partei?

"Volkskonservativ, also in einem Sinne sehr an Traditionen orientiert, an Werten, auch an Grundsätzen."

Und die Fraktion? Sie war irritiert über die Reaktionen. Und stellte sich reflexhaft hinter ihren Mann.

Köckert: "Dr. Peter Krause wäre ein guter Kultusminister geworden. Einen, wie ihn das Land bisher nicht hatte."
Carius: "In der CDU ist er ein Mensch, der mitten in unserer Fraktion steht."
Mohring: "Peter Krause ist mit Sicherheit ein Vertreter des konservativen Flügels. Und damit sind einige nicht klar gekommen. Aber natürlich war das keine falsche Entscheidung, ihn vorzuschlagen als Kultusminister."

Der das sagt ist Mike Mohring, 36, gut aussehend, sportlich, edel angezogen, die schwarzen kurzgelockten Haare ein wenig gegelt. Er sitzt seit heute rechts vorn im CDU-Block, in Pool-Position, denn im Ringtausch mit Ministern rückte er vom CDU-Generalsekretär auf zum Fraktionschef. Zu seiner ersten Rede als solcher geht er mit dynamischen Schritten ans Pult. Die Causa Krause und die Kabinettsumbildung stehen nicht auf der Tagesordnung. Aber sie sind das Thema Nummer eins. Mohring kann und will nicht daran vorbei. Schlagabtausch mit SPD-Fraktionschef Christoph Matschie:

"Herr Matschie, wir erlauben es nicht … wir erlauben es nicht, dass sie sich hier herstellen und von Demokratie reden, und selber undemokratisch in die Debatten eingreifen, und einen Kollegen, mit dem sie jahrelang zusammenarbeiten, plötzlich des Holocaust-Verleugnens verdächtigen, ihm damit eine Ohrfeige geben wollen und in eine Ecke stempeln wollen, die er nicht verdient hat, wo er nicht hingehört, wo er nie stehen wird. Aber sie haben sich als Politiker, der Verantwortung für diesen Freistaat übernehmen will, für alle Zeiten disqualifiziert."

Die CDU ist angegriffen. Krause ein Held. Ein "Märtyrer" nach der "Hetzjagd linker Medien". Auf den Gängen des Landtages, in der Lobby, bei Sitzungen und Veranstaltungen wird ihm auf die Schulter geklopft. Mal mitleidvoll, mal anerkennend. Er ist der Mann der Stunde.

"Denn er hat die Konservativen in der CDU auf den Plan gerufen. Und die haben wirklich festgestellt: Wir können nicht mehr nur an der Seite stehen, sondern wir müssen uns aktiv für unsere politische Meinung engagieren."

… sagt Mario Voigt, Vorsitzender der Jungen Union Thüringens. Auch der Abgeordnete Christian Köckert solidarisiert sich und fügt an, diese Geschichte zeige, dass es bekennende Konservative sehr schwer haben.

"… weil die Sorge ja groß ist in einer Mediengesellschaft wie der unseren, dass man die political correctness verlässt, und dann verdammt wird als Rechtsextremist und als Steigbügelhalter der braunen Brut."

Ramelow: "Ich glaube, das ist in Deutschland in der Tat schwer."

… sagt Bodo Ramelow. Spitzenkandidat der Linken für das Amt des Ministerpräsidenten in Thüringen.

"… weil ich nicht weiß, wer das leben soll. Weil: derjenige muss innerlich eine solche Ausstrahlung haben, dass für ihn nationalsozialistische Gedanken, antisemitische Gedanken, rassistische Gedanken fremd sind."

Der ex-designierte Kultusminister Peter Krause habe das nun gerade nicht verkörpert. Er habe sich nicht klar nach rechts abgrenzen können, habe verhängnisvoll mit Begriffen gespielt, Grauzonen geschaffen, sagt Ramelow. Und die CDU arbeite dies nun nicht auf.

Matschie: "Eigentlich muss es eine inhaltliche Auseinandersetzung in der CDU mit Peter Krause geben. Eine Auseinandersetzung darüber, wo die Grenzen zu ziehen sind."

Gleichlautend der Bescheid des SPD-Landesvorsitzenden und Fraktionschefs Christoph Matschie.

"Ich bin sehr erschüttert darüber, dass diese Auseinandersetzung überhaupt nicht stattfindet, sondern dass es allein einen Solidarisierungseffekt gibt. Ich bin überzeugt, dass die CDU, wenn sie diese Auseinandersetzung nicht führt, am Ende auch Schaden nehmen wird."

Statt der intensiven Analyse, was bei der Berufung Krauses schief gelaufen ist, komme nur eines, und da sind sich Opposition und Beobachter einig: die CDU verfalle in eine

Ramelow: "Wagenburgmentalität"
Rothe-Beinlich: "Wagenburgmentalität"
Knigge: "Wagenburgmentalität"
Blätte: "Wagenburg- und Lagermentalität"
Knigge: "Das tut der CDU gewiss nicht gut. Weil: Mit der Generierung von Feindbildern macht man sich nicht zukunftsfähig."

… sagt Volkhard Knigge, ein wacher Beobachter des Geschehens. Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora. Zukunftsfähig sei dagegen eine Partei, die souverän argumentiert, den Diskurs nicht scheut, die mit Argumenten überzeugt.

"Politik mit Feindbildern erinnert so verheerend an Zwischenkriegszeit, erinnert zum Teil auch verheerend an die frühen Jahre der Bundesrepublik, wenn man an bestimmte Wahlkampfplakate auch aus dem kalten Krieg denkt, wo man sieht: alle Wege der SPD führen nach Moskau. Das erinnert natürlich vor allen Dingen – in dicken Anführungsstrichen - an die Auseinandersetzungskultur in der DDR."

Zwei Monate später, es ist die 87. Landtagssitzung, die letzte vor der Sommerpause. 42 Tagesordnungspunkte stehen auf dem Programm. Die CDU hat sich etwas abgekühlt. Aber nur etwas. In den Reden im Plenum ist die Polemik dennoch nicht ganz wieder auf das merkwürdige Normalmaß heruntergefahren. Spitzen gehen hin und her. Auch auf den Gängen bleibt Krause ein Thema.
Doch, doch, sagt der Fraktionsvorsitzende Mike Mohring, es habe da ein Erschrecken gegeben, ein Nachfragen, man habe diskutiert.

"Aber am Ende des Weges hat es die Fraktion sehr zusammengeschweißt in dieser Frage. Und Peter Krause genießt mit Sicherheit in der Fraktion einen besonderen Status des Respekts."

Der Abgeordnete Krause ist nun der Protagonist des Konservatismus. Und er spielt diese Rolle gern. Das Thema gehöre auf die Tagesordnung, sagt er.

"Das Bedürfnis ist da. Und wir werden das sicher intensiver machen müssen, als bisher. Weil die Notwendigkeit klar geworden ist durch diese Affäre, sich nicht weg zu ducken. Und zu glauben, man könne mit guter Sachpolitik allein Wahlen gewinnen – nein, das wird nicht ausreichen."

Peter Krause spielt nun frei. Er wird eingeladen, Reden zu halten, bei den Burschenschaften, bei Parteiveranstaltungen. Er soll Artikel schreiben. Heißt das, er soll eine Linie vorgeben? Dieter Althaus will mit guter Sachpolitik die nächsten Wahlen gewinnen. Er will eigentlich keinen Lagerwahlkampf. Er will die Landesvater-Nummer. Unser Dieter für unser Land. Aber mit Krause hat er ein Thema. Und ganz unlieb scheint es ihm nicht zu sein.

"Eine Volkspartei braucht Identifikationsfiguren zu bestimmten Inhalten."

Ludwig Erhard, den Wirtschaftsökonom, Adenauer, den Europapolitiker zählt Althaus auf. Auch Friedrich Merz als Wirtschaftspolitiker.

"Und sicher sind auch in diesem Bereich Personen wichtig, die besonders deutlich machen, dass auch die konservative Denkweise in einer modernen Gesellschaft wichtig ist. Weil ja die Wurzeln, die wir gemeinsam haben, gerade aus diesem Konservieren und Verändern hervor gegangen sind."

Andreas Blätte, Politikwissenschaftler an der Uni Erfurt, beobachtet die politische Landschaft Thüringens und die Geschichte der CDU.

"Die CDU ist eine Partei, deren Stärke immer aus Integrationsleistung und Integrationskraft resultiert hat. Das hat sie in der Anfangsphase bewiesen, als die CDU zunächst aus der Block-CDU der DDR hervorgegangen ist, und sie dann weitere demokratische Kräfte aus Mitte und rechts der Mitte integriert hat. Das hat ihr zur Stärke verholfen."

Es sei ein Verdienst der Christdemokraten, dass es Parteien, wie die NPD oder die DVU bisher nicht in den Landtag geschafft haben, sagt Andreas Blätte.

"Meines Erachtens nach ist dennoch nicht erkennbar, dass die CDU einen ausdrücklichen Rechtskurs fahren würde. Es war eher ein Unfall, wie Krause vorgeschlagen wurde und wie er dann zurückgezogen wurde. CDU wäre auch schlecht beraten, auf ein Fischen am rechten Wählerrand zu setzen. Sie würde damit die breite Wählerschaft in der Mitte verlieren, die sie für einen Wahlsieg braucht."

Der Wahlsieg – er liegt momentan in weiter Ferne. Sicher ist der CDU den Umfragen zufolge nur ihre Stammwählerschaft. Das sind 30 bis 35 Prozent. Sie braucht also die Wechselwähler, von denen es so viele gibt. Noch fühlt sich die Partei einigermaßen sicher.

Mohring: "Wir wollen Wahlen gewinnen und keine Umfragen."

Doch schon zur letzten Wahl hat das Ergebnis nur ganz knapp zur absoluten Mehrheit im Landtagsplenum gereicht. 45 von 88 Sitzen hat die CDU bekommen. Das wird bei Abstimmungen schnell eng. Erst recht, wenn einer krank ist, und dann noch einer Bedenken hat. Mike Mohring muss nun die Geschlossenheit der Fraktion organisieren.
Gerade steht wieder ein Gesetz zur Abstimmung. Durch eines der zahlreichen Fenster schaut Mike Mohring ins Plenum.

"Was machen die, die stehen noch, da geh ich mal kurz raus, …"

Der Abgeordnete Mohring muss rennen.

Präsidentin: "Wer für den Gesetzentwurf ist, den bitte ich jetzt, sich von den Plätzen zu erheben."

Die Parlamentarier der regierungstragenden CDU stehen stramm.

"Dankeschön, ich frage jetzt noch nach Gegenstimmen. Dankeschön, ich frage jetzt nach Enthaltungen. Enthaltungen gibt es nicht, der Gesetzentwurf ist angenommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt."

Dann nehmen die einen wieder Platz, die anderen gehen zurück in Kantine oder zu Gesprächen.

"So, da bin ich wieder. Eine Abstimmung gerettet."

Der Fraktionschef kennt die Zahlen, die Details. Er gehört zu denen, die tatsächlich optimistisch sind.

"Also ich sehe das überhaupt nicht ängstlich, sondern wir sind alle motiviert, dass wir nächstes Jahr die absolute Mehrheit wieder holen."

Zweckoptimismus in Erfurt? Vielleicht sieht es die Basis anders.
Während der Landtag nun über die Einführung eines Tages der parlamentarischen Demokratie redet, sitzen parallel dazu zwei Dutzend Mitglieder der Senioren-Union des Weimarer Landes in einem Cafe nahe Apolda.

Man hatte eine Exkursion in einen örtlichen Betrieb gemacht. Jetzt ist ein Päuschen. Es gibt Kaffee und Kuchen. Der Vorsitzende der Seniorenunion berichtet aus dem Leben der Partei. Dann wird politisiert.

"Ich bin überzeugt davon: Wenn heute eine andere Partei an die Regierung käme, die könnte es nicht besser machen."

Die CDU ist alternativlos, sagen Ursula Wenzel und Irmgard Becker, und ihre Politik durchdacht.

"Das hat eigentlich alles Hand und Fuß."

Die Regierung Althaus setze die solide Politik der Regierung Vogel fort, und das sei gut für das Land, sagen die Frauen, die beide schon seit über 30 Jahren den Christdemokraten angehören. Von den Oppositionsparteien SPD und Linke sei es billig, derart auf Protest zu setzen. Die Regierung leiste gute Arbeit.

"Die werden auch schlecht gemacht."
"Ich bin optimistisch: wir bleiben."

Auch Walther Götze lässt sich nicht irritieren: Die Stimmzuwächse der Oppositionsparteien, insbesondere der Linken, seien Strohfeuer. Die Bevölkerung wisse, wem sie in entscheidenden Fragen vertrauen könne.

"Ich weiß nicht, ob wir so eine Entwicklung genommen hätten in Thüringen, denn Herz der Entwicklung ist die Wirtschaft. Und wenn man sich die Wirtschaft in Thüringen anschaut, ich glaube gestern waren wieder Zahlen der wirtschaftlichen Entwicklungen - Handwerk, Gewerbe, gerade im Mittelstand – in der Presse veröffentlicht, wo wir doch gegenüber den vielen anderen neuen Bundesländern, auch alten Bundesländern hervorragend dastehen."

Das einzig wirkliche Problem der Partei sie die schlechte Presse, sagen die Senioren. Das habe die Berichterstattung nach der Kabinettsumbildung gezeigt. Da sei nur das Negative gesucht worden. Die Althaus-Linie, die Regierung jünger, weiblicher und vor allem thüringischer zu gestalten, kommt bei den Senioren gut an. Fehler mache jeder, sagen sie. Das sei aber allemal besser als dieses rot-rote Schreckgespenst.

"Es muss weitergehen. Sie haben es richtig gemacht, sie hatten bis jetzt Erfolg. Und da sehe ich es nicht ein, dass sie jetzt nachgeben sollen. Immer weiter machen!"

Der Landtag schleppt sich durch die letzten Tagesordnungspunkte vor der Sommerpause. SPD und Linkspartei sind sich in fast allen Punkten einig, dass sie sich mit der CDU nicht einigen können. Und nicht wollen. Sie setzen auf Protest.
Die SPD ringt derweil nach wie vor heftig mit sich selber, nach Kräfte zehrenden Flügelkämpfen droht sie gerade einen Flügel zu verlieren. Doch die Christdemokraten will sie ablösen. Christoph Matschie:

"Wir erleben eine Landesregierung, die zunehmend desorientiert ist, die keine klare Linie mehr findet. Wir sehen immer wieder, dass es schwer ist, überhaupt in der eigenen Fraktion noch eine Mehrheitslinie durchzusetzen, wo auch die Autorität von Althaus offenbar schwer angeschlagen ist."

Die Linkspartei lehnt sich gelassen zurück. Die Zeit arbeitet für sie. Im Windschatten der Ereignisse rekrutiert der Ministerpräsidentenkandidat Berater, schmiedet Konzepte und Strategien, mit denen die Partei dann endlich auch erkennbar würde. Er denkt darüber nach, wie der Sprung von der Opposition in die Regierung gelingen kann. Für die CDU bleiben wenig anerkennende Worte. Bodo Ramelow zählt gerne alle verpatzten Reformen auf, ungelöste Probleme, und kommt zum Schluss:

"Insoweit ist das alles nur noch Murx. Und so nehme ich die CDU wahr: ein Haufen, der sich zusammenhält. In dem keiner zucken will und keiner schuld sein will daran, dass die Niederlage kommen könnte."

Die Bündnisgrünen als einzige treue außerparlamentarische Opposition schauen mit einem Auge, ob schwarzgrün nach der Wahl, falls sie den Einzug schaffen sollten, denkbar wäre. Sieht aber gerade nicht so aus, sagt Astrid Rothe-Beinlich. Die Causa Krause und die unkommunikative Wagenburgmentalität seien ein böses Indiz.

"Ich habe 2004 schon gesagt: die Regierung ist am Ende. Aber das, was ich jetzt erlebe, da muss ich ganz ehrlich sagen, lässt auch meinen Respekt gegenüber Althaus als relativ jungen Ministerpräsidenten völlig ins Wanken geraten, weil so was schlichtweg nicht geht."

Der CDU-Regierungschef wirkt angeschlagen. Dieter Althaus, der einstige Shooting-Star der Christdemokraten, war 2000 der aus dem Schatten Vogels herausgetreten und hat sich seit der Amtsübernahme als Vertreter der Ost-Interessen in der Bundespartei etabliert. Image: der unorthodoxe Pragmatiker. Einer, der gut ist für neue Ideen, wie das Bürgergeld.
Er hat gerade ein wenig Schnupfen, sitzt zusammengesunken auf der Regierungsbank und liest Akten und E-Mails.
Ist da viel Mut?
Er hat sich ein Kabinett von Gleichgesinnten um sich gesammelt. Die meisten sind gleich alt, fast alle gebürtige Thüringer, eher katholisch, und ebenfalls wie er – aus der Ost-CDU herkommend. Ein Kabinett der Stärke? Das potente Wahlkampfteam? Oder vielmehr das letzte Aufgebot, wie die Opposition in ihrer Häme formuliert?
Althaus geht in allem auf Nummer sicher. Er steht nicht selbstbewusst in der Partei, auch wenn die geschlossen zu ihm hält. Er hat wenig Kraft, zu integrieren. Wenig Potenz, frei einzuladen, unbefangen zu diskutieren, Kritik gut zu ertragen. Ein leichtes Spiel für die Opposition.

Dabei ist die Bilanz seiner Regierung im ostdeutschen Vergleich nicht einmal negativ: gute Konjunkturergebnisse, sinkende Arbeitslosenzahlen, der Haushalt ist - auch dank der Transfermittel - auf dem Weg, keine roten Zahlen mehr zu schreiben. Dennoch wirkt er müde, als er sagt, was die Partei jetzt tun müsse. Nämlich anstehende Baustellen abräumen, und die Erfolge kommunizieren.

"… dass wir deutlich machen, dass wir mit den Potenzialen, die wir im Land haben: starke Bildungspolitik, gute Betreuungssituation, starke Familienpolitik, wo die Familie in die Mitte der Gesellschaft gerückt wird, und eine sehr, sehr starke Wirtschaftsentwicklung im Blick auf Mittelstand – dass das tolle Ausgangspotentiale sind für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Die sind nicht automatisch produktiv. Aber wenn wir dafür sorgen, werden sie produktiv."

Jetzt müsse sich die Partei nur noch verjüngen, fordert die Junge Union. Und inhaltlich erkennbar sein. Klar, mit Krause.
Die Parlamentarier seufzen. Gleich ist es geschafft. Dann ist Sommerurlaub. Zeit für Ruhe. Und dann, na ja, dann beginnt langsam der Wahlkampf.
Schipanski: "... keine Gegenstimme, keine Enthaltung. Damit ist der Überweisung einstimmig zugestimmt. Ich beende damit heutige Plenarsitzung und wünsche uns allen frohe, erholsame Ferien und ein gesundes Wiedersehen im September hier im Plenarsaal. Auf Wiedersehen."