Einen Wein züchten, der die Mosel widerspiegelt

Von Vera Görgen |
Der Mosel-Riesling hat seine weltweite Reputation eingebüßt. Sein Ruf hat durch billige Massenproduktion gelitten. Nun ist ein junger Schweizer angetreten, sein Image aufzubessern. Vor sechs Jahren hat Daniel Vollenweider in steiler Hanglage seinen ersten Weinberg gekauft. Bald schon feierte ihn der Gault Millau als "Entdeckung des Jahres".
" Mir macht es auf jeden Fall nix, in steilen Weinbergen zu arbeiten. Ich finde das sogar schön, weil man in den Steillagen ne schönere Aussicht hat als im Flachen."

Wenn Daniel Vollenweider durch seinen Weinberg geht, fallen bei jedem Schritt Schiefersteine herab. Tief unten drängt sich die Mosel durchs Tal und nicht weit entfernt liegt der steilste Weinberg Europas. Auch die Lage des Jungwinzers, die Wolfer Goldgrube in der Nähe von Traben-Trarbach, ist extrem abschüssig.

" Ich denke, das ist ne reine Gewohnheitssache, es ist natürlich körperlich viel anstrengender. "

… sagt der Winzer, der auch ein Wein-Praktikum im flachen Neuseeland gemacht hat.

" … aber ob mir das jetzt große Vorteile verschafft, dass ich in nem Gebirgskanton in der Schweiz aufgewachsen bin, das weiß ich nicht. "

Scheu vor hohen Bergen hat der 35-jährige dunkelblonde Schweizer mit der randlosen Brille jedenfalls nicht. Anders als die meisten alteingesessenen Winzer von der Mosel: Denn die ließen viele der extremen Hanglagen schon lange brach liegen.

" Am Anfang, wenn man aus der Schweiz kommt und da Weinberge kauft, dann wird man erstmal für verrückt erklärt von den meisten Winzern, die waren eigentlich froh, dass sie ihre Weinberge verkaufen konnten. "

Vor sechs Jahren hat Daniel Vollenweider seinen ersten Weinberg gekauft. Vier Jahre später schon feierte ihn der Gault Millau als "Entdeckung des Jahres": "Noch nie hatten wir" - so die Begründung - "von einem völligen Neuling der Branche, der sich alles aus dem Nichts aufbauen musste, auf Anhieb eine so überzeugende Kollektion verkostet." Nicht nur den Gault Millau hat er überrascht, sondern auch die Moselaner.

" Und da kommt einer, und ich denke schon, dass ein paar gedacht haben, na toll, jetzt haben wir einen Dummen, der uns die Weinberge abkauft. "

Geliehen hat er das Geld von der Familie und von Freunden, die Zinsen bezahlt er in Wein.

" … aber dieses Nicht-ganz-ernstgenommen-Werden ist vielleicht ne große Chance am Anfang. "

Daniel Vollenweider wirkt auf den ersten Blick gar nicht wie einer, der körperlich schwer schuftet. Man würde den bedächtigen Mann vielleicht eher hinter einem Schreibtisch vermuten. Genau dorthin wollte der passionierte Weintrinker aber nicht, als er den Job als Vermessungstechniker aufgab. Er suchte eine Arbeit, die mehr mit Handarbeit und mit Sinnlichem zu tun hat. Und er war bereit, sich ohne maschinelle Hilfe am Steilhang abzurackern.

" Ich mach n andern Wein, ich mach n Wein, der die Stilistik der Mosel, die Mosel widerspiegelt und viele versuchen n Wein zu machen im internationalen Stil ... und ich finde das genau das Falsche, man soll versuchen, die Stärken, die dieses Anbaugebiet hat, herauszukristallisieren."
Um die Jahrhundertwende gehörte der Mosel-Riesling zu den teuersten Weinen der Welt – nach dem Krieg jedoch hat sein Ruf durch billige Massenproduktion gelitten. Und die Mosel ist zum beliebten Ausflugsziel feiernder Kegelclubs geworden.

" Es fehlt den Moselanern ein bisschen der Stolz für das, was sie gemacht haben in den letzten Jahren. (…) Winzer sein ist auf jeden Fall nicht in. So ziemlich das Letzte, was man noch macht, wenn einem sonst nichts bleibt. "

Daniel Vollenweider ist selbstbewusst: Er hat sich sonnenverwöhnte Steillagen mit uralten, wurzelechten Reben gesucht – um anspruchsvolle, internationale Kunden zu beliefern, die höhere Preise zahlen.

Dass der Fremde mit seinem Konzept Erfolg hat, wird dem freundlichen Schweizer offenbar gegönnt. Jan Klein vom Staffelter Hof, dem größten Weingut des Nachbarortes Kröv:

" Er ist am Anfang schon skeptisch beäugt worden von den Leuten, aber ich denke, all die Leute, die den Daniel besser kennen, wissen ihn als Menschen sehr zu schätzen. Er ist ein sehr netter, sympathischer, bescheidener junger Mann, der gerne sein Wissen mit anderen noch teilt und sich auch um den Ruf des Moselweins sorgt."

Daniel Vollenweider hat sich die Mosel ausgesucht, weil er hier günstige Weinberge erwerben kann. Und weil er hier deren Image selbst erarbeiten kann.

" Zum Geldverdienen macht man keinen Weinbau an der Mosel… was mich dann speziell interessiert, sind Weine im Restsüßenbereich, die haben ein Spiel zwischen der Süße und der Säure und das ist ne Art von Weinen, die kann man sonst nirgendwo machen, deshalb bin ich hier an der Mosel."