Eine vertane Riesenchance

Exotische Rhythmen, komponierte Farben, instrumentale Vogelstimmen - alles zum Lobpreis des Schöpfers: Der glühende Katholik Olivier Messiaen war einer der originellsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Und einer der bedeutendsten dazu, der den Orgelklang revolutionierte, die serielle Musik etablierte und Komponisten wie Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis unterrichtete.
Im Dezember wäre Messiaen 100 Jahre alt geworden. Dieses Jubiläum gibt nicht nur zu zahlreichen Konzerten Anlass, sondern auch zu einer Suche nach dem Menschen hinter dem Komponisten. Denn über diesen "Arbeiter im Weinberg des Herrn" war bisher wenig Persönliches bekannt. Das wollen Peter Hill und Nigel Simeone, zwei Musikprofessoren der Universität Sheffield, mit ihrem schlicht "Messiaen" betitelten Buch ändern. Akribisch haben sie das bisher wohl umfassendste Kompendium zum Thema zusammengetragen - nicht zuletzt dank der Unterstützung seiner Witwe, die den privaten Nachlass des 1992 verstorbenen Franzosen erstmals öffnete.

Doch auch diese neuen Quellen verraten bis auf einige Details wenig über ihren Urheber, so dass das Buch eher eine Materialsammlung als die angestrebte Biografie ist. Die wäre bei Messiaen gewiss nicht leicht darzustellen, da er ganz für seine Musik und für seine Schüler lebte. Auch seine Ehefrauen - die früh verstorbene Geigerin Claire Delbos und die Pianistin Yvonne Loriod - sind mit Messiaen in erster Linie über dessen Musik verbunden.

Entsprechend trocken liest sich der Text von Hill und Simeone, die leider weder ein Gespür fürs Erzählen haben, noch bei ihren Rechercheergebnissen die Spreu vom Weizen zu trennen vermögen. Die zum Teil nur briefmarkengroßen Abbildungen und die ausnahmslos vom Französischen übers Englische ins Deutsche übersetzten Quellen machen dieses Buch auch handwerklich zu einem Problemfall. Eine vertane Riesenchance - aber das Messiaen-Jahr 2008 hat ja gerade erst begonnen.

Rezensiert von Olaf Wilhelmer

Peter Hill/Nigel Simeone: Messiaen
Aus dem Englischen von Birgit Irgang.
Schott Verlag, Mainz 2007.
464 S., 205 Abb., 29,95 Euro.