Bürgermeister Dominic Fritz

Mit dem „Geist des Mutes“ ins Rathaus von Temeswar

34:25 Minuten
Der Bürgermeister von Temeswar, Dominic Fritz, hält eine Rede.
Fasziniert von Sprachenvielfalt und Multikulti: Dominic Fritz, Bürgermeister der rumänischen Großstadt Temeswar. © Rathaus Temeswar
Moderation: Tim Wiese · 13.01.2022
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Seit gut einem Jahr ist der Deutsche Dominic Fritz Bürgermeister der rumänischen Großstadt Temeswar. Er will mit Korruption und Klüngelei aufräumen, Temeswar als europäische Kulturhauptstadt 2023 präsentieren. Widerstände nimmt er gelassen.
Mit 19 Jahren verliebte sich Dominic Fritz in eine Stadt: Temeswar, auf Rumänisch Timişoara. In einem Waisenhaus der westrumänischen Großstadt leistete er damals ein Freiwilliges Soziales Jahr ab. Danach kam er immer wieder nach Temeswar, engagierte sich im kommunalen Leben. Seit einem guten Jahr nun ist der Deutsche dort Bürgermeister.
Es ist das Multikulturelle von Temeswar, das Fritz bis heute fasziniert, die Vielsprachigkeit der Bürger. Rumänen, Ungarn, Deutsche, Serben, Kroaten, Roma und etliche andere Kulturen leben hier seit Jahrhunderten zusammen.

Ausgangspunkt einer Revolution

Zudem ging von Temeswar 1989 die Revolution gegen den Diktator Nicolae Ceausescu aus, die den Kommunismus in Rumänien beendete. Der „Geist des Mutes“ zeichne die Stadt bis heute aus, sagt Fritz.
Mut brachte Fritz auch selbst auf: 2019 kündigte der studierte Politikwissenschaftler seinen Job als Büroleiter von Altbundespräsident Horst Köhler in Berlin und zog nach Temeswar um. Anderthalb Jahre lang machte er dort Wahlkampf, um Bürgermeister zu werden. Gegen den rumänischen Amtsinhaber räumte ihm jedoch kaum jemand Chancen ein.

Der „fremde Abenteurer“

Doch obwohl politische Gegner den deutschen Kandidaten als „fremden Abenteurer“ und Agenten ausländischer Mächte diffamierten, schaffte Fritz bei der Wahl im Herbst 2020 auf Anhieb die absolute Mehrheit. Den meisten Bürgern sei egal, dass er Deutscher sei, sagt er. Sie erwarteten von ihm einfach nur frischen Wind für die Stadt.
Und in der hat Fritz nun einiges zu tun: Im Rathaus geht er gegen Korruption und Vetternwirtschaft vor, damit habe er „viele schlafende Hunde geweckt“, erzählt er. Gerichtsverfahren sind die Folge sowie ein bisweilen „sehr rauer“ Ton in Presse und sozialen Medien. Doch Fritz nimmt Angriffe als Bestätigung, dass er in die richtige Richtung geht.
Politischer Wandel in einer Gesellschaft müsse von unten kommen, um zu wirken, betont er, darum mache er Kommunalpolitik. Bereits 2017 hatte er an den landesweiten Protesten in Rumänien gegen die verbreitete Korruption teilgenommen.

Europäische Kulturhauptstadt 2023

Eine Aufgabe liegt dem deutschen Bürgermeister besonders am Herzen: Temeswar als europäische Kulturhauptstadt 2023 zu präsentieren.
Das hätte Rumäniens drittgrößte Stadt eigentlich schon 2021 werden sollen, doch Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Worüber Fritz nicht unglücklich ist, denn durch den Aufschub habe man Zeit gewonnen, um die wunderschöne Altstadt, der Temeswar den Spitznamen „Klein-Wien“ verdankt, herauszuputzen.
Als Kulturhauptstadt soll Temeswar jetzt zeigen, dass die Vorurteile gegen Rumänien als Hort von Armut und Elend überholt sind. Fritz will das „riesige Potenzial“ seiner Stadt bei Kultur, Kreativwirtschaft und Tourismus herausstellen.
(pag)

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