Eine Sommernacht im Winter

Schön ist die Sommernacht. Die Balkontüren der hohen Häuser stehen offen über dem großen Platz der alten Stadt: Das 5. Sinfoniekonzert des Philharmonischen Staatsorchesters Mainz bietet, mitten im Winter, mit Luigi Dallapiccolas Kleiner Nachtmusik einen Vorgeschmack auf wärmere Tage.
Luigi Dallapiccola komponierte 1954 seine Kleine Nachtmusik, die jedoch – außer der Anspielung im Titel – so gar nichts mit dem berühmten Vorbild Mozarts gemein hat. Es waren vielmehr die atmosphärischen Zeilen aus Manuel Machados Gedicht Noche de Verano (Sommernacht), die den italienischen Komponisten zu diesem Stimmungsbild inspirierten. Was sich dem Hörer in diesem Werk vermittelt: Starke Klangfarben, eine Musik durchaus mit illustrativen Effekten. Was hingegen erst der Notentext verrät: Dallapiccola hielt sich streng an die Prinzipien der Zwölftonmusik.

Auch die anderen drei Programmpunkte widerlegen das immer noch kursierende Vorurteil hinsichtlich der Musik des 20. Jahrhunderts und ihrer vermeintlichen "Nicht-Zugänglichkeit". Igor Strawinskys Konzert für Klavier und Bläser aus den Jahren 1923/24 etwa, das Dissonanzen nicht scheut, aber mit seinen Anleihen an Barockmusik und Jazz durchaus vertraut wirkt.

Oder die Impressioni dal vero von Gian Francesco Malipiero, eine Musik ähnlich klangmalerisch wie die Werke Claude Debussys. Zum Abschluss Alfredo Casellas Concerto per orchestra, entstanden 1937, in einer Zeit, in der der Italiener gerne auf Formmodelle früherer Epochen zurückgriff.

Kompromisslose Intensität und faszinierende technische Brillanz sind die Markenzeichen Vladimir Stoupels, der in seinem pianistischen Repertoire immer wieder in Grenzbereiche vordringt, wie etwa mit der Aufführung von Skrjabins vollständigem Klaviersonaten-Zyklus. Seine Kunst steht für überraschende, emotional geladene Interpretationen, die von der Kritik als "herausragend" und "verzaubernd" gewürdigt werden. Der Pianist begeistert weltweit mit seinen Soloabenden, wird zu renommierten Festivals eingeladen und arbeitet mit führenden Orchestern in Europa und den USA.

Dante Anzolini gilt als bedeutender Anwalt für Neue Musik und junge Komponisten. Ebenso leidenschaftlich widmet er sich den großen Werken des Opern- und sinfonischen Repertoires bis hin zur Musik des 20. und 21. Jahrhunderts und eigenen Kompositionen. 2005 leitete der vielseitige Künstler eine Tournee mit der legendären Miriam Makeba. An der Yale University School of Music in den USA sowie in Meisterklassen bei Lorin Maazel, Erich Leinsdorf, Kurt Sanderling und Dennis Russell Davies ausgebildet, dirigiert der Argentinier an wichtigen Häusern in den USA (u. a. Metropolitan Opera und Carnegie Hall in New York), Südamerika und Europa.
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Staatstheater Mainz
Aufzeichnung vom 20.1.12


Luigi Dallapiccola
"Piccola musica notturna" für Orchester

Igor Strawinsky
Konzert für Klavier und Bläser

ca. 21:00 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Gian Francesco Malipiero
"Impressioni dal vero" für großes Orchester

Alfredo Casella
Concerto per orchestra op. 61


Vladimir Stoupel, Klavier
Philharmonisches Staatsorchester Mainz
Leitung: Dante Anzolini