"Eine sehr gute Entscheidung"

Moderation: Markus Pindur · 13.02.2007
Die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu heimlichen Vaterschaftstests begrüßt. Die Bundesregierung müsse nun rasch die gesetzlichen Grundlagen für ein offenes Verfahren schaffen, sagte die FDP-Politikerin.
Markus Pindur: Es muss also ein neues Gesetz geben, das regelt, wie Männer, die an ihrer Vaterschaft zweifeln, diese überprüfen. Gleichzeitig werden die heimlichen Vaterschaftstests aber verboten. Wir sind jetzt verbunden mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehemalige Justizministerin und jetzt rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag. Frau Leutheusser-Schnarrenberger, halten Sie das für eine vernünftige Regelung?

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, ich denke, das Bundesverfassungsgericht hat hier eine sehr gute Entscheidung getroffen, einmal wirklich diese heimlichen Vaterschaftstests zu untersagen und nicht gerichtsverwertbar zu machen, aber auch den Auftrag an den Gesetzgeber hier deutlich zu formulieren. Und die FDP hat im Bundestag schon vor zwei Jahren einen Antrag eingebracht, wo wir einfordern, dass die Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung erleichtert werden müssen.

Pindur: Jetzt hängt also alles daran, ob es tatsächlich eine wirksame gesetzliche Regelung gibt, die dem Mann dann auch die Überprüfung seiner biologischen Vaterschaft erlaubt. Wie könnte das denn aussehen, praktikabel?

Leutheusser-Schnarrenberger: Bisher haben wir eine Regelung in unserem Bürgerlichen Gesetzbuch, die sehr hohe Hürden aufbaut, um überhaupt so ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft einleiten zu können. Ich fordere, dass diese Hürden gesenkt werden, das heißt, dass dann, wenn ein Vater sagt, ich glaube, dass ich nicht der biologische Vater bin, auch ein Verfahren einleiten kann zur Feststellung der Abstammung, und nicht wenn er quasi schon viele belegbare Tatsachen hat, dass das tatsächlich der Fall ist. Also hier deutliche Absenkung der Hürden, Erleichterung, und dann aber ein offenes Verfahren und nicht heimlich hinter dem Rücken von Mutter und Kind.

Pindur: Also der so genannte begründete Anfangsverdacht, den möchten Sie gerne abschaffen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, den möchte ich gerne in dieser Form abschaffen, wie er auch durch die Rechtssprechung noch sich verfestigt hat, denn da hat es wirklich absurde Fälle gegeben, wo ein möglicher Vater gar nicht zeugungsfähig war und dennoch nicht zur Einleitung des Verfahrens kam, und das kann es natürlich nicht geben, und das entspricht ja überhaupt nicht den Anforderungen der Praxis.

Pindur: Warum muss es denn überhaupt einen Weg über die Gerichte geben? Man könnte doch das Recht des Mannes auf einen außergerichtlichen Gentest im Gesetz verankern. Die Mutter könnte dann im Zweifelsfall ein Gegengutachten einholen. Damit wäre der Fall gelöst, und das sehr viel billiger, als wenn man die Gerichte und dann einen gerichtlich bestellten genetischen Gutachter bemüht.

Leutheusser-Schnarrenberger: Also ob das wirklich billiger ist, das versehe ich mal mit einem Fragezeichen, denn, egal wie man es macht, es braucht ja, ob außergerichtlich oder vor den Zivilgerichten in jedem Fall immer eines unabhängigen Schiedsrichters in diesem Verfahren, denn wenn Vater und Mütter sich vereinbaren könnten, wenn sie sich einig wären, dass das geklärt werden soll, dann gibt es ja sowieso kein Problem. Aber wir müssen uns jetzt immer nur mit den Fällen beschäftigen, wo wohl ein stückweit Misstrauen, Sprachlosigkeit unter den potenziellen Eltern herrscht, und wo immer auch geachtet werden muss, dass es nicht zu Lasten der Kinder geht, denn was ist das für eine Atmosphäre zu Hause, wenn der Vater durch die Wohnung schleicht und genetisches Material zusammensucht? Also von daher, ich bin nicht festgelegt, wie ein Verfahren stattfinden muss, aber es muss einen unabhängigen Schiedsrichter geben, weil eben hier die Eltern sich selbst so nicht einigen können.

Pindur: Wird die FDP-Fraktion dazu einen Vorschlag, einen Gesetzesvorschlag einreichen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Also wir haben ja mit unserem Antrag aus der letzten Legislaturperiode schon einen Weg gewiesen. Ich denke, dass wir ihn vor dem Hintergrund der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes noch einmal aktualisieren werden. Auf alle Fälle werden wir darauf drängen im Bundestag, dass jetzt sehr schnell ein Vorschlag des Justizministeriums kommt, denn Frau Zypries hat bisher hier keine klare Linie gehabt. Sie hat mehr mit dem Strafrecht und mit Bestrafung operiert als mit Überlegungen, wie ich ein Verfahren wirklich praxisgerecht erleichtern kann.

Pindur: Vielen Dank für das Gespräch.