Eine renommierte junge Künstlerin
In diesen Tagen erhält Jeanne Faust den mit 7500 Euro dotierten Edwin-Scharff-Preis für herausragende künstlerische Leistungen in der Hansestadt Hamburg. Die Künstlerin setzt sich in ihren Filmen, Videos und Fotografien mit alltäglichen Sprach- und Wahrnehmungsmustern auseinander und hinterfragt die klassischen Erzählweisen, wie wir sie über die modernen Medien gewohnt sind.
Da stehen zwei Männer in einer Sprecherkabine vor einem Mikrofon. Vater und Sohn offenbar, aber sicher ist das nicht.
Das Gespräch klingt fast wie ein Verhör, gleichzeitig seltsam teilnahmslos. Der Vater, so hört man heraus, hat anscheinend seine Familie verlassen, der Sohn klagt ihn dafür an. Trotz des emotionalen Themas klingen die Stimmen nüchtern, die Gesichter sind ausdruckslos.
Der Vater imitiert den Ruf einer Nachtigall, dann versandet das Gespräch ergebnislos.
Jeanne Faust, die Fernbedienung in der einen Hand, gießt mit der anderen noch mal Tee nach. Dann schaut sie weiter auf den kleinen Bildschirm in ihrem Arbeitszimmer, auf dem gerade „The Mansion, Das Haus“ läuft, aus dem Jahr 2004.
J. F.:
„...und es ist nicht so ganz klar, ob eben ...“
Tochter Roberta im Hintergrund: „Hallo!“
J. F.: „Hallo! Ist meine Tochter. Ob sie in diesem Tonstudio sind um einen Film zu synchronisieren oder ob er seinem Vater aufgelauert hat, der einen Film synchronisiert, oder ob sie sowieso nur eine Rolle einnehmen, man weiß eigentlich nicht, auf welcher Ebene das ganze stattfindet.“
Filmton: „”We’ve seen each other again ..."“
Jeanne Faust ist eine zierliche Frau mit brauen Haaren und einer dunklen, breitrahmigen Brille. Sie finde es von jeher spannend, sagt sie, mit den Erwartungen und Sehgewohnheiten der Zuschauer zu spielen. Zum Beispiel indem sie bekannte Versatzstücke aus Genrefilmen in ungewöhnliche Zusammenhänge stellt, Erzählkonventionen ignoriert und dem Zuschauer die Aufgabe überträgt, die Story zu vervollständigen.
„Wie gucke ich eigentlich Film, oder wie nehme ich Sprache wahr, oder was ist eigentlich für mich schon so selbstverständlich, dass ich anfange, es zu imitieren? Und ich glaube, sobald überhaupt erst mal eine Unsicherheit entsteht oder ein Bewusstsein dafür, kann man auch im eigenen Verhalten, im eigenen Reden und Wahrnehmen anfangen, das Muster vielleicht zu durchbrechen.“
Nach fünf Minuten ist das filmische Rätselgebilde zu Ende. Wären wir im Museum, dann würden wir jetzt verwundert in einem dunklen Raum vor dunklem Monitor dem Gitarrenspiel zuhören, bis dann der Film wieder von vorne beginnt.
Das war irritierend, gelinde gesagt. Jeanne Faust legt die Fernbedienung auf den Schreibtisch und lächelt zufrieden. Sie habe zwar schon als Jugendliche gerne fotografiert und mit Super-8 experimentiert, erinnert sich die 40-Jährige.
Aber eine Art „künstlerische Berufung“ habe sie nie empfunden, und zu Hause habe sie auch niemand auf die Kunstschiene gedrängt: Ihr Vater, ein Forstmeister, und die Mutter, Hausfrau, standen beide auf dem Boden der Realität.
„Ich glaube auch nicht an so einen Geniegedanken, ich habe den jedenfalls nie verspürt.“
Die gebürtige Wiesbadenerin beginnt früh, sich für Filme zu interessieren: Begeistert hat Jeanne Faust, wie andere Jugendliche auch, in kleinen Kinos Mainstream-Filme konsumiert. Übrigens: Das macht sie heute auch noch gelegentlich ...
„Dann die erste Irritation kam bei Jim Jarmusch, Permanent Vacation, das war sein erster Film, der ist eigentlich so erzählt, dass er sehr sprunghaft ist und eben wenig so eine nachvollziehbare Geschichte hat. Und da ist so ein Interesse gekommen an so einer Form von Film. Geht ja auch. Erzeugt ja auch was.“
Gleich nach dem Examen 1998 zeigt Jeanne Faust erste Arbeiten in Ausstellungen. Zu Ihren bekanntesten gehören der neorealistisch wirkende Film „Rodeo“ von 1998, die in Bayern entstandene Fotoserie „andere wie mich“, das Video „Said Death to passion“ in Kooperation mit Jörn Zehe und der Film „Interview“, in dem Faust sich mit dem Machtverhältnis zwischen Fragendem und Gefragtem beschäftigt.
„Es gibt so Situationen, wenn man in der S-Bahn irgendein Gespräch hört und irgendeine kleine Sequenz einen daraus interessiert und man da was weiter entwickelt, oder es ist eine Begebenheit, die man sieht, oder es ist – ich bin ja auch leidenschaftliche Zeitungsleserin – dann lese ich irgendwas und das interessiert mich, dann recherchiere ich dazu, oder es ist manchmal nur ein Foto, was mich interessiert und nicht loslässt und ich da dann versuche, etwas darüber herauszufinden.“
Jeanne Faust gehört heute zu den renommierten jungen deutschen Künstlern, die lange Liste ihrer öffentlichen Installationen, Einzel- und Gruppenausstellungen auf Festivals, in Galerien und Museen im In- und Ausland beweist es. Bei allem Erfolg fällt es der Künstlerin aber nicht schwer, auf dem Teppich zu bleiben: Ihre Lehrtätigkeit an der Hochschule für Künste in Bremen trägt dazu bei – und ihre 12-jährige Tochter.
„Ich habe ja ein superalltägliches Leben. Ich bin ganz normale Mutter eben auch, mein Kind ist einfach lustig und hat seine eigenen Vorstellungen, und da wird man auch in eine Welt von ihr – Roberta heißt sie – von ihr reingezogen. Das erdet einen bestimmt.“
Das Gespräch klingt fast wie ein Verhör, gleichzeitig seltsam teilnahmslos. Der Vater, so hört man heraus, hat anscheinend seine Familie verlassen, der Sohn klagt ihn dafür an. Trotz des emotionalen Themas klingen die Stimmen nüchtern, die Gesichter sind ausdruckslos.
Der Vater imitiert den Ruf einer Nachtigall, dann versandet das Gespräch ergebnislos.
Jeanne Faust, die Fernbedienung in der einen Hand, gießt mit der anderen noch mal Tee nach. Dann schaut sie weiter auf den kleinen Bildschirm in ihrem Arbeitszimmer, auf dem gerade „The Mansion, Das Haus“ läuft, aus dem Jahr 2004.
J. F.:
„...und es ist nicht so ganz klar, ob eben ...“
Tochter Roberta im Hintergrund: „Hallo!“
J. F.: „Hallo! Ist meine Tochter. Ob sie in diesem Tonstudio sind um einen Film zu synchronisieren oder ob er seinem Vater aufgelauert hat, der einen Film synchronisiert, oder ob sie sowieso nur eine Rolle einnehmen, man weiß eigentlich nicht, auf welcher Ebene das ganze stattfindet.“
Filmton: „”We’ve seen each other again ..."“
Jeanne Faust ist eine zierliche Frau mit brauen Haaren und einer dunklen, breitrahmigen Brille. Sie finde es von jeher spannend, sagt sie, mit den Erwartungen und Sehgewohnheiten der Zuschauer zu spielen. Zum Beispiel indem sie bekannte Versatzstücke aus Genrefilmen in ungewöhnliche Zusammenhänge stellt, Erzählkonventionen ignoriert und dem Zuschauer die Aufgabe überträgt, die Story zu vervollständigen.
„Wie gucke ich eigentlich Film, oder wie nehme ich Sprache wahr, oder was ist eigentlich für mich schon so selbstverständlich, dass ich anfange, es zu imitieren? Und ich glaube, sobald überhaupt erst mal eine Unsicherheit entsteht oder ein Bewusstsein dafür, kann man auch im eigenen Verhalten, im eigenen Reden und Wahrnehmen anfangen, das Muster vielleicht zu durchbrechen.“
Nach fünf Minuten ist das filmische Rätselgebilde zu Ende. Wären wir im Museum, dann würden wir jetzt verwundert in einem dunklen Raum vor dunklem Monitor dem Gitarrenspiel zuhören, bis dann der Film wieder von vorne beginnt.
Das war irritierend, gelinde gesagt. Jeanne Faust legt die Fernbedienung auf den Schreibtisch und lächelt zufrieden. Sie habe zwar schon als Jugendliche gerne fotografiert und mit Super-8 experimentiert, erinnert sich die 40-Jährige.
Aber eine Art „künstlerische Berufung“ habe sie nie empfunden, und zu Hause habe sie auch niemand auf die Kunstschiene gedrängt: Ihr Vater, ein Forstmeister, und die Mutter, Hausfrau, standen beide auf dem Boden der Realität.
„Ich glaube auch nicht an so einen Geniegedanken, ich habe den jedenfalls nie verspürt.“
Die gebürtige Wiesbadenerin beginnt früh, sich für Filme zu interessieren: Begeistert hat Jeanne Faust, wie andere Jugendliche auch, in kleinen Kinos Mainstream-Filme konsumiert. Übrigens: Das macht sie heute auch noch gelegentlich ...
„Dann die erste Irritation kam bei Jim Jarmusch, Permanent Vacation, das war sein erster Film, der ist eigentlich so erzählt, dass er sehr sprunghaft ist und eben wenig so eine nachvollziehbare Geschichte hat. Und da ist so ein Interesse gekommen an so einer Form von Film. Geht ja auch. Erzeugt ja auch was.“
Gleich nach dem Examen 1998 zeigt Jeanne Faust erste Arbeiten in Ausstellungen. Zu Ihren bekanntesten gehören der neorealistisch wirkende Film „Rodeo“ von 1998, die in Bayern entstandene Fotoserie „andere wie mich“, das Video „Said Death to passion“ in Kooperation mit Jörn Zehe und der Film „Interview“, in dem Faust sich mit dem Machtverhältnis zwischen Fragendem und Gefragtem beschäftigt.
„Es gibt so Situationen, wenn man in der S-Bahn irgendein Gespräch hört und irgendeine kleine Sequenz einen daraus interessiert und man da was weiter entwickelt, oder es ist eine Begebenheit, die man sieht, oder es ist – ich bin ja auch leidenschaftliche Zeitungsleserin – dann lese ich irgendwas und das interessiert mich, dann recherchiere ich dazu, oder es ist manchmal nur ein Foto, was mich interessiert und nicht loslässt und ich da dann versuche, etwas darüber herauszufinden.“
Jeanne Faust gehört heute zu den renommierten jungen deutschen Künstlern, die lange Liste ihrer öffentlichen Installationen, Einzel- und Gruppenausstellungen auf Festivals, in Galerien und Museen im In- und Ausland beweist es. Bei allem Erfolg fällt es der Künstlerin aber nicht schwer, auf dem Teppich zu bleiben: Ihre Lehrtätigkeit an der Hochschule für Künste in Bremen trägt dazu bei – und ihre 12-jährige Tochter.
„Ich habe ja ein superalltägliches Leben. Ich bin ganz normale Mutter eben auch, mein Kind ist einfach lustig und hat seine eigenen Vorstellungen, und da wird man auch in eine Welt von ihr – Roberta heißt sie – von ihr reingezogen. Das erdet einen bestimmt.“