Eine Nacht-und-Nebel-Aktion ...

Diesmal geht es um die Redensarten: Eine Nacht-und-Nebel-Aktion, Etwas berappen, Wie der Lump am Stecken tanzen, Der springende Punkt u.a.
Eine Nacht-und-Nebel-Aktion

Man merkt gleich, dass da etwas Ungutes passiert. Die alte Reimformel weist schon darauf hin. Wie "Bausch und Bogen" oder "Haus und Hof" ist der Ausdruck "bei Nacht und Nebel" sehr alt. Üble Berühmtheit erlangte er dann durch Adolf Hitlers Befehl vom 7.12.1941, Staatsfeinde aus besetzten Gebieten zu entführen und in deutsche KZs zu bringen. Diese Gefangene nannte man im internen Jargon "NN-Häftlinge", ja man kennzeichnete sie sogar äußerlich durch ein aufgenähtes "NN"-Schildchen. In völliger Abschottung gehalten, wusste niemand etwas über ihren Verbleib.

Etwas berappen

Mit einem schwarzen Pferd hat die Wendung nichts zu tun. Mit der Schweizer Scheidemünze Rappen gibt es ebenfalls keine Verbindung: Den Adler auf der Münze und diese selbst nannte man scherzhaft "Rabe", was später zu "Rappen" wurde. Vielmehr kommt "berappen" von "rebbes", dem Wort für "Zins"/"Gewinn" aus der Gaunersprache Rotwelsch, die es aus dem Jiddischen und dies aus dem Hebräischen hat. Der Reibach kommt übrigens aus der gleichen Wurzel.

Sich am Riemen reißen

Alt ist die Wendung noch nicht. Erst mit dem Ersten Weltkrieg kam sie auf und stammt aus dem Soldatenjargon. Der Riemen bezeichnete den Gürtel der Uniform, auch als Koppel später bekannt. Er musste vorschriftsmäßig und streng sitzen. Gerade vor der Schlacht oder dem Marsch überprüfte man den richtigen, den strammen Sitz, mit dem man natürlich auch eine stramme und tapfere äußere wie innere Haltung verknüpfte. So entstand die Bedeutung, sich ermannen, sich disziplinieren oder einfach zum Üblichen, Vorschriftsmäßigen zurückkehren.

Wie der Lump am Stecken tanzen

Wenn jemand eine flotte Sohle aufs Parkett legt, ein richtiger Eintänzer ist, dann lobt man ihn mit dieser alten Wendung. Sie bezieht sich auf die Vogelscheuchen auf dem Feld, die mit Lumpen menschenähnlich gekleidet waren, womit die Bezeichnung "Lump" für sie doppelt passt. Der Wind lässt ihre Kleidung munter flattern und manche Vogelscheuche ist sogar drehbar gelagert, so dass sie mit dem Wind sich drehen, also tanzen konnte.

Der springende Punkt

Aristoteles war der Vater empirischer Forschung. Also forschte er auch höchstselbst nach der Entstehung des Lebens. Er untersuchte dazu Hühnereier, in denen er nach drei Tagen und drei Nächten Bebrütung er etwas entdeckte, das Herz des Hühnerembryos, nicht größer als ein blutiger Fleck, der "pulsiert und sich bewegt, als sei er beseelt". Was für eine Entdeckung!
Als Theodorus Gaza Aristoteles’ Abhandlung über die Entwicklung des Lebens im Hühnerei Mitte des 15. Jahrhunderts ins Lateinische übersetzte, machte er aus dem pulsierenden, springenden – griechisch "sämeion", also , "Zeichen", – den "punctum saliens", den springenden Punkt, was insofern nicht unbedingt falsch war, als Aristoteles von einem kleinen Fleck geschrieben hatte, der wie ein Lebewesen hüpfe und springe. Der Punkt, aus dem sich Leben entwickelt hatte, wurde zum springenden, zu dem Punkt, auf den es ankam.

Tschüß

Die beliebte Abschiedsformel entwickelte sich aus dem französischen Gruß "à Dieu", also der dortigen Kurzform von "Gott befohlen", die in Deutschland zu von Adieu, zu Adjeß und sogar Adjüß sich veränderte, aus dem dann Tschüß wurde.

Jetzt ist Pumpe

Der Ausdruck heißt soviel wie "jetzt ist Schicht im Schacht", "jetzt ist alles zu Ende". Bernd-Michael Quisinsky fragte nach der Wendung und erklärt sie gleich. Da ich keine bessere Erklärung habe, füge ich sie hier an: "Die Redensart ist mir besonders häufig in Sachsen begegnet. Sie könnte deshalb ihren Ursprung in der Knappensprache haben, womit das Erreichen der untersten Sohle eines Bergwerks gemeint ist, wo sich der Pumpsumpf und die Entwässerungspumpen befinden."
Das klingt für mich sehr überzeugend.

Kommt mir spanisch vor

Die Wahl nach dem Tod des Kaisers Maximilian erregte ganz Europa, und hätten die Fugger Karl von Habsburg nicht eine Menge Geld verschafft, hätte der französische König gute Chancen auf den Thron gehabt. So rückte aber 1519 Karl V. an, der in Spanien herrschte, dort sozialisiert worden war und deshalb spanische Sitten und Mitarbeiter mitbrachte. Den stockdeutschen kam das seltsam, fremd und ungewöhnlich vor, weshalb sie misstrauisch waren. Die Streitigkeiten um den Glauben – schließlich hatte der Protestantismus schon sein Haupt erhoben – vermehrten die Abneigung gegen das Spanische, weshalb man seit damals von etwas Beargwöhntem sagt: "das kommt mir spanisch vor".

Jemanden auf den Senkel gehen

Das Wort Senkel heißt sowohl Senkblei, also Lot, ein Hilfsmittel für Maurer und andere Bauleute, also auch Gürtel. Schließlich kommt es noch im Schnürsenkel zu. Der spielt in der Redensart freilich keine Rolle. Sie geht vielmehr auf die wichtige Rolle des Gürtels zurück, der in alten umgangssprachlichen Wendungen öfters als Senkel vorkam. So sagte man "auf den Senkel hauen", was "großsprecherisch sein" hieß, weil man üblicherweise auf die Gürtelschnalle zur Bekräftigung schlug. Wenn einem etwas auf den Senkel geht, dann belastet es also die ganze vom Gürtel umwundene Gestalt, es nervt sehr.

Sei kein Frosch und quake nicht

Der Sprichwortpapst Wolfgang Mieder in Vermont meinte sehr richtig: "Old proverbs never die, they just diversify." So geht es hier auch dem Ausdruck "Sei kein Frosch!" Das bedeutet ja, sei nicht feige, und kommt daher, dass Frösche bei der geringsten Bewegung in ihrer Umgebung davonhüpfen. Nicht verwunderlich, dass jemand die Wendung ausbaute mit dem zweiten Froschcharakteristikum, dem Dauerquaken der grünen Burschen. So konnte man witzig Dauersprecher und Dampfplauderer kritisieren.

Mach mal halblang

Da macht ein Großsprecher viel Wesens von sich, erzählt möglicherweise ohne Punkt und Komma viel zu lang oder von seinen Unternehmungen, seiner Beute (Angler!) in einer angeberischen, vergrößernden Weise. Da liegt es nahe, ihn zur Ordnung zu rufen, das rechte Maß zu beachten, eben "halblang zu machen" (das wie lange und worüber er spricht). Man kann ihn auch ironisch fragen: "Geht’s vielleicht ‘ne Nummer kleiner?"

Etwas auf der Pfanne haben

Gewehre waren vor 500 Jahren umständlich zu bedienen: Man musste den Lauf reinigen, Pulver aus dem Vorratshorn vorn in den Lauf füllen, einen Pfropfen und eine Kugel laden, mit dem Ladestock nachstopfen, den Hahn spannen und noch einmal Pulver auf die Pulverpfanne unter dem Steinschloss schütten. Das konnte bis zu einer Viertelstunde dauern. Wer jedoch Pulver auf der Pfanne hatte, hatte das Laden schon hinter sich und war schussbereit.

Das kannst du in der Pfeife rauchen

Wenn etwas unwichtig ist oder unmöglich oder abgelehnt wird, hört man den Spruch oft, denn ebenso wie der Tabak in der Pfeife sich in Rauch, also in Nichts auflöst, so geht es mit den Absichten, Vorhaben, Plänen, Dingen, die man vergessen soll.

Das ist ja ein Kaventsmann

Wenn ein Kaventsmann kommt, bleibt einem an Bord schon mal die Spucke weg, denn der Ausdruck bezeichnet in der Seemannssprache eine besonders mächtige, große Well. Warum das so ist?
Eigentlich hießen Bürgen und Gewährsleute Kaventsmänner. Das kam vom lateinischen Wort "cavens", was "Beistand leisten" hieß. Weil es sich nur wohlhabende Leute, denen der Wohlstand oft noch ziemliche Beleibtheit erlaubte, als Bürgen für jemanden geradezustehen, ergab sich die Bedeutung "reicher Mann", dann "dicker Mann" und schließlich "Prachtstück". Und ein erschreckendes Prachtstück ist der Kaventsmann auf alle Fälle, der so manches Schiff versenkt hat.