Eine Modemarke als Beitrag zur Integration

Von Jutta Schwengsbier |
Seit Jahren leistet der bulgarische Künstler Vlado Velkov einen ganz eigenen Beitrag zur Integrationsdebatte in Deutschland. In einer selbst entworfenen Modemarke verknüpft er Erinnerungen an seine Jugend in Bulgarien mit den Erfahrungen aus seiner Wahlheimat Berlin. Hinter dem Label verbergen sich nicht nur verschiedene Modelinien, sondern auch eine Kampagne für Deutschland.
Vlado Velkov liebt bulgarische Volksmusik. Vielleicht, weil die in seiner Kindheit einer der wenigen politikfreien Räume war. Er wuchs in einer Künstlerfamilie mit vielen Idealen auf. Doch die Realität war oft anders, als die in der Schule gepredigten kommunistischen Ziele. Heute, mit 29 Jahren, ist ihm davon nur eines geblieben: Der Glaube, sich für eine bessere Welt einsetzen zu müssen. Und das tut er, auf seine ganz eigene Art und ohne vorgegebene Dogmen.

Vlado Velkov beginnt sein Studium der bildenden Kunst an der Universität Sofia. Hier wird vor allem der klassische Strich, die Perfektion gelehrt. Doch Vlado will nicht nur die Welt darstellen. Er will sich selbst mit seiner Kunst neue Horizonte eröffnen. Mit 22 verlässt er Bulgarien wie hunderttausend andere Jugendliche. Er studiert in Los Angeles, Moskau, London und landet schließlich in Berlin.

Vlado Velkov: ""Meine Diplomarbeit habe ich mit dem Projekt der Neuen Weltordnung gemacht. (...) Völkerwanderung und Migration ist etwas, was schon immer da war. Heutzutage ist es extrem stark geprägt von unserer Gesellschaft, wo es mit Internet, mit Easyjet, so viel geändert hat, dass man sich nicht mehr an einen Ort gebunden fühlt, sondern richtig zur Welt gehört."

Velkovs Diplomarbeit mit der Idee, der Welt neue Dimensionen zu geben, begeistert seine Professoren in Berlin. Landkarten, auf die der Betrachter zweimal schauen muss, bevor er sieht, dass Japan auf einmal Großbritannien ist und umgekehrt, oder Amerika da liegt, wo sonst Afrika ist. Doch Vlado Velkov verschiebt nicht nur Grenzen auf Landkarten. Seine Kunstprojekte versuchen die Grenzen im Denken aufzubrechen. Was wäre, wenn alle Menschen plötzlich wo anders lebten, wenn sie immer schneller um den Erdball wanderten, ob virtuell im Internet oder einfach ganz real. Was dann anfangen mit Begriffen wie Heimat, Patriotismus, Vaterland, fragt sich auch Vlado Velkov selbst.

Vlado Velkov: "Einer, der schon in fünf Ländern gewohnt hat und der nicht richtig weiß, wo Zuhause ist. (...) Ist Heimat, wo man sich wirklich Zuhause fühlt? Ist Heimat wo seine Freunde sind? Oder ist Heimat da, wo man seine Familie und Wurzeln und Eltern hat? (...) Sind Heimat und Wahlheimat nicht Begriffe eigentlich, die so belastet sind, dass man eher nach einem neuen Begriff sucht?"

Vlado Velkovs Kunstprojekte durchzieht wie ein roter Faden die immer gleiche Frage: Warum werden Menschen je nach Herkunftsland integriert oder ausgegrenzt?

Vlado Velkov: "Ausländer ist ein sehr schwieriges Wort, eigentlich - in Deutschland die richtige Beschreibung oder Definition fehlt. (...) Ist ein Ausländer jemand, der von einem anderen Land nach Deutschland gekommen ist? (...) Oder bezieht sich das Wort eher um verdächtige Ausländer, die an der Grenze der Zivilisation sind? Ich glaub eher das ist es. Weil Ausländer sind eher wirklich hier Leute, die aus den arabischen Ländern kommen, oder aus dem verdächtigen Balkan oder aus dem tiefen Osten."

Vlado Velkov: "Ich schätze schon, dass ich ein bisschen verdächtig aussehe. Mit den langen Haaren und der großen Nase ist es schon 19:31 ist es schon einiges verdächtig."

Dazu noch dunkle Haare, dunkler Teint, das reicht in Deutschland schon, als Fremder zu gelten. Vlado Velkov startet in Berlin eine Imagekampagne, die ausländische Kulturen als neuen Teil Deutscher Identität etablieren soll.

Vlado Velkov: "In dieser Imagekampagne zielen wir nicht nur den Ruf der Ausländer in Deutschland, sondern auch der Deutschen im Ausland zu verbessern. (...) Man verbindet es immer auch mit dem Krieg. (..) Es ist nicht immer positiv. (..) In dem Sinne durch die Verbindung von Germany und Mama, in dem Wort Germama entsteht ein sehr sympathisches Wort, das wir denken, dass sich auch auf Deutschland spiegeln kann."

Für seine Imagekampagne entwickelt er ein utopisches Modelabel - GERMAMA soll die Welt nach Deutschland bringen und Deutschland als weltoffen präsentieren. Ein Modelabel als positives Gegenmodell zu Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit.

Vlado Velkov: "Also Germama hat keine Frühlings, Winter und Sommer Kollektion, sondern hat eine asiatische eine afrikanische eine latino und eine special Balkan Edition. (..) ganz locker, Lifestile und Streetware, ganz frei und sympathisch."

Zu sehen war die Mode bislang nur bei Kunstaktionen wie dem Filmfestival Balkan Black Box. Der Andrang war groß. Die erste Kollektion seiner Balkan Edition hat Vlado Velkov verschenkt. Doch er arbeitet weiter an seiner Utopie von Germama. Dann soll Mode aus Deutschland, kreiert von Ausländern, weltweit verkauft werden, - als Beitrag für eine neue Weltkultur.