Eine Liebeserklärung in zwölf Abschnitten

Der Autor Pavao Pavlicic beschreibt in "Die Donau" den kroatischen Abschnitt des Flusses, an dessen Ufer er geboren wurde. Zwölf Kapitel stehen für zwölf Monate, die das Gemälde eines Jahres am und mit dem Fluss bilden. Für Pavlicic ist die Donau aber mehr als nur ein Fluss.
Einer der besonders schönen Sätze im Buch lautet: "Wenn die Eisblöcke aneinander reiben, ist das ein Zähneknirschen des zurückweichenden Winters." Pavao Pavlicic schreibt eine poetische Sprache, in die sich der Leser schmiegen kann wie in eine weiche Decke.

In der Erzählung "Die Donau" beschreibt der in Zagreb lehrende Literaturwissenschaftler und Schriftsteller den kroatischen Abschnitt des Stromes, an dessen Ufer er geboren wurde. Zwölf Kapitel stehen für zwölf Monate, die das Gemälde eines Jahres am und mit dem Fluss bilden. Für Pavlicic ist die Donau aber mehr als ein Fluss: Sie ist ein Wesen, das mit den Menschen kommuniziert, das sich unter Nebeln verbirgt und am Abend rot leuchtet, das die Seelen der Menschen, die an seinen Ufern leben, berührt und ihr Leben mitbestimmt.

In ruhigen und genauen Pinselstrichen stellt der Autor zwölf Bildbeschreibungen aneinander: Er erzählt von den Fischarten, die sich im Fluss bewegen und auf den Märkten angeboten werden, von den Schiffstypen, die von den Fischern bei ihrer Arbeit benutzt werden. Er schildert die Winterzeit, in der die Menschen sich über das Eis auf die andere Seite wagen und die Gefahren, die von den Eisschollen ausgehen.

Jedes Monat ist einem anderen Thema gewidmet: So wird einmal der Hafenbau beschrieben, ein anderes Mal die jährliche Überschwemmung oder die ersten Versuche im Frühjahr, im Fluss zu baden. Die Schleppkähne aus verschiedenen Nationen erinnern daran, dass die Donau auf ihrem mittleren Lauf ein internationaler Strom von Bedeutung ist und nicht das vertraut freundliche Flüsschen des süddeutschen Raums.

Liebevoll und ohne Eile schildert Pavlicic die sommerlichen Badefreuden seiner Landsleute und erinnert mit manchen Stellen, an denen er sich ihrer fast philosophischen Muße zuwendet, ein wenig an Ivo Andric’ "Brücke über die Drina". Inzwischen ist auch die Donau zum Grenzfluss – zu Serbien – geworden, Vukovar zu einem Namen, der sich mit dem Jugoslawien-Krieg verbindet.

Doch die Erzählung wurde schon früher geschrieben, sie ist fast ein Vierteljahrhundert alt, aber nun erstmals auf Deutsch erschienen. Dass der in Klagenfurt angesiedelte Verlag in erster Linie auf die österreichische Leserschaft zielt, wird aus der Übersetzung von Tamara Marcetic deutlich, wenn etwa von "Gehsteig" und "Kredenz" die Rede ist, von "Bub" und "Bursche" für "kleiner" und "großer Junge". Gleichzeitig weht aber auch ein wenig Altösterreich an.

Pavao Pavlicic hat der Erzählung einige Kapitel über seine Heimatstadt Vukovar angehängt, die offenbar neueren Datums sind, in denen er seine tiefe Verbundenheit mit der Stadt durchscheinen lässt und in wenigen Andeutungen die kriegerischen Auseinandersetzungen der jüngsten Geschichte anspricht. Insgesamt ist "die Donau" alles andere als ein Thriller, sondern ein stimmungsvoller Bilderbogen des Lebens am Strom im Rhythmus der Jahreszeiten, so wie vieles davon wohl heute auch schon wieder Geschichte geworden ist.

Wenn etwas anzumerken ist, dann vielleicht das Übermaß, in dem die Donau dominiert. Es gibt kaum eine Seite, auf der sie nicht mehrmals angesprochen wird. Aber es ist schon so: Sie ist die große Dame, die das Leben der Menschen in ihrer Nähe bestimmt, ohne dass sie sich dessen bewusst werden. Pavao Pavlicic vermittelt in seiner Erzählung diesen Einfluss mit der Intensität aller Sinne.

Rezensiert von Stefan May

Pavao Pavlicic: Die Donau
Aus dem Kroatischen von Tamara Marčetić
Erzählung, Wieser Verlag Klagenfurt, 2008, 356 Seiten, 19,80 Euro