Eine Lange Nacht über Okzitanien

Warum soll der Süden immer nach Lavendel riechen?

Ein Lavendelfeld
Ein Lavendelfeld © AFP / Anne-Christine Poujoulat
Von Ulrike Brummert und Christine Nagel · 16.09.2017
In Südwestfrankreich begegnen sich Nomaden, Pilger und Migranten aller Zeiten. Für die sesshaft Gewordenen transformieren sich die Begegnungen mit dem Anderen selbst zu Reisen: Erinnerungen, Dichtungen, Lieder geben Zeugnis davon.
Die Sprache, die im Mittelalter zu voller Blüte kam, ist das Okzitanische; die Lyrik der Troubadore goutieren wir noch heute. Die Konstituierung des französischen Zentralstaates ist über Jahrhunderte mit einer stark normierenden Sprachpolitik verbunden, die in Durchdringung aller Schichten und aller Regionen auf eine französische Monosprachlichkeit abzielt. Doch die Sprachen sind nie verloren gegangen. So stellt sich zu Beginn des 3. Jahrtausends die Frage, wie die Menschen mit diesem Sprachenreichtum umgehen.
Das Okzitanische ist heute bewusst die Sprache von Künstlern, Philosophen, Musikern und Jugendlichen. Die Sprecher verbinden damit Kreativität, Offenheit im Denken und Interesse am Reisen - in andere Welten und Gedankenräume. In der Langen Nacht über Okzitanien wird ein Kaleidoskop okzitanischer Stimmen vorgestellt, die in ihrer Zeitzeugenschaft der Frage nach dem Denken in einer alten Sprache nachgehen.
Okzitanisch (okzitanisch occitan [utsiˈtɒ] / lenga d’òc [lɛŋgoˈdɔ], französisch occitan/langue d’oc) ist eine galloromanische Sprache. Mehr bei Wikipedia
Prof. Ulrike Brummert, Docteur d'Etat. Romanische Kulturwissenschaft. Institut für Europäische Studien. TU Chemnitz. Internetportal über okzitanische Aktualität (okz./frz.)
Aus dem 1975 in Béziers gegründeten CIDO ist das CIRDÒC (Centre interregional de desvolopament de l'occitan) geworden, eine beachtliche Mediathek zu allen okzitanischen Themenkreisen. Der Internetauftritt informiert in okzitanisch, französisch und englisch über aktuelle Entwicklungen.
Ostal d'Occitània, Toulouser okzitanisches Kulturzentrum
Festival Occitània - Jedes Jahr im Herbst in Toulouse und der weiteren und näheren Umgebung.
Escambiar - Ein transkulturelles Projekt, das mit und um Claude Sicre 1981 im toulouser Viertel Arnaut Bernard seine Wirkungsmacht etablierte, die Fabulous Trobadors gingen daraus hervor, jährlich wird im Oktober das Festival Peuples & Musiques au Cinéma und im Mai/Juni das Forum des langues du monde mit regionalen und internationalen Partnern durch geführt.
La Talvera - Musikgruppe und musikethnologischer Verein: Association C.O.R.D.A.E / La Talvera
Institut d'Etudes Occitanes, IEO - 1945 gegründetes Kulturinstitut
Vereinigung der Lehrer für okzitanische Kultur und Sprache -Federacion dels ensenhaires de lenga e de cultura d'òc - Informationen über die gesamte staatliche Unterrichtsrealität.
Ein großes Sommerfestival in Rodez, multilingual, Schwerpunkt Okzitanien
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So klingt Okzitanien: Die Sängerin Valeria Tron© Claudio Massarente
Die Sängerin Valeria Tron. So klingt Okzitanisch: Youtube: Lève les yeux.- und: Tréi mettre d'neu. - Nachlesen über die Sängerin: in einem Beitrag von Thorsten Bednarz
Interviewpartner und Musik
Alem Surre Garcia, geboren 1944 in der Region Toulouse. Vorsitzender des Conseil Régional de Midi-Pyrénées von 1989 à 2006. Schriftsteller des Okzitanischen, übersetzt ins Deutsche, Französische, Polnische, Katalanische.
Übersetzer von Okzitanischer Literatur. - Hinweise zu seiner Bibliografie
Eric Fraj, Philosoph, Komponist und Sänger. Mehr bei Wikipedia
Grand portrait: Éric Fraj, auteur-compositeur-interprète, enseigne la philosophie et l'occitan, lycée Pierre d'Aragon à Muret.
org&com, Ostal d'Occitania - Zusammenschluss mehrerer Musikgruppen und Konzertorganisation Mosaica, Duo Brotto Lopez , Sòmi de Granadas (Guillaume Lopez, Thierry Roques, Pierre Dayrand) über org&com
Aranesisch, eine Varität des Okzitanischen
Im Val d'Aran - in den katalanischen Pyrenäen gelegen, wird die dortige Sprache, das Aranesische, eine Varität des Okzitanischen im Autonomiestatut von Katalonien, Art.6.5, als offizielle Sprache anerkannt. Mehr bei Wikipedia
Noch immer wertvolle und nützliche Klassiker zur Sprachanalyse

Pierre Bec, La langue occitane. Paris, PUF

Georg Kremnitz, Versuche zur Kodifizierung des Okzitanischen seit dem 19. Jahrhundert und ihre Annahme durch die Sprecher. Tübingen, Gunter Narr, 1974.
Georg Kremnitz, Das Okzitanische. Sprachgeschichte und Soziologie. Tübingen, Max Niemeyer, 1981.
Jean Séguy, Le Français parlé à Toulouse. Préface de Xavier Ravier. Toulouse

Kultur in einem weiten Begriffsverständnis
Robert Lafont, Christian Anatole, Nouvelle histoire de la littérature occitane. Paris, PUF, 1970, 2 Bde.
Der Schriftsteller Joan Bodon, der das Konzept der Talvera/Feldrain entwickelt hat: Es sus la talvera qu'es la libertat. - Auf dem Feldrain ist die Freiheit.
Mit Datum des 22. Mai 2010 ist das Haus von Bodon in Crespin, Aveyron (12) als Museum und Kulturzentrum eröffnet worden.
 Frankreich - Lavendel
Frankreich - Lavendel© picture alliance / dpa / Lars Halbauer
Rezeption des Mittelalters - Einige Anregungen

Frauenlieder des Mittelalters. Zweisprachig. Übersetzt und herausgegeben von Ingrid Kasten. Stuttgart, Philipp Reclam jun. 2006 - Anthologie mittelhochdeutscher, mittellateinischer, altprovenzalischer und altfranzösischer Literatur.
Arno Borst, Die Katharer. Mit einem Nachwort von Alexander Patschovsky, Freiburg, Herder
Irmgard Morgner, Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, Berlin & Weimar

Jörg Oberste, Der "Kreuzzug" gegen die Albigenser. Ketzerei und Machtpolitik im Mittelalter, Darmstadt, Wiss. Buchgesellschaft, 2003.

Jean Jaurès im trankulturellen und transnationalen Spiegel. Anregungen zu den aufgeworfenen Fragestellungen
1959 wurde von Ernest Labrousse, dem herausragenden Sozialhistoriker, eine Gesellschaft zur Erforschung des Denkens von Jean Jaurès, la Société d'Etudes Jaurésiennes, gegründet. Auf ihrem Portal alle forschungsrelevanten Informationen

Stefan Zweig, "Jaurès. Ein Porträt". Neue Freie Presse, 06.08.1916
Jean Jaurès. Frankreich, Deutschland und die Zweite Internationale am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Hrsg. von Ulrike Brummert, Tübingen 1989.
Ulrike Brummert, L'universel et le particulier dans la pensée de Jean Jaurès. Fondements théoriques et analyse politique du fait occitan, Tübingen, Gunter Narr, 1990.
Rémy Pech, Jaurès paysan. Toulouse, Privat, 2009.

Transkulturalität Transpyrenäen - Im Kontext der Sendung:

Robert Lafont, Temps tres, Perpinyà, Lllibres del trabucaire, 1991. Okzitanisch/katalanisch.
Alem Surre-Garcia, au-delà des rives. Les Orients d'Occitanie, de la fondation de marseille à l'expulsion des juifs du royaume de France, Paris, éds Dervy, 2005.
Kurt Tucholsky, Ein Pyrenäenbuch von 1927. Text integral
Fritz J.Raddatz, Pyrenäenreise im Herbst. Auf den Spuren Kurt Tucholskys. Hamburg 1985.

Zitate Lyrik / Literatur
Alem Surre-Garcia, Françoise Meyruels. Lo libre dels rituals.
S.l. s.d. [2002] Ritual dels Cendres.

Pregaria de la paura morta al escampar sos cendres
Soi la barca qu'a ieu te mena
E la sal sus ta pòta assomida
Soi l'estorniga qu'aimasa lo mal
E l'aroma qu'enarta lo repais
Soi l'auta que béu l'èrm
En sai pas quantas neblas de poscas
Soi lo flau purpurin en camin d'Africa
Sarra-te
Soi lo grau de las aigas envèrsas
Soi l'alba suspresa e lo calabrun charraire
Soi l'iscla immutabla que la mar se n'aluènha
Alem
Soi l'impossible tièra del nòstre téisser
E lo jòi amagat del teu sòmi
Escota
Per l'autra riba cap a l'Espanha primièra
Lo resson de la pregària meuna
Alem
Soi çò qu'aimas e que te cabís
Çò que tròbas e dapasset me desliura
Soi la partison requista de la solesa
Alem, escampilha-me
Ara soi posca pel teu camin
Alem, polit amor meu,
Qu'ara d'enlà en garbas de lutz
Cada pas teu m'enarte
Traduction en arabe de Naoum Abirached
Das Ritual der Asche
Bittgebet der Verstorbenen, ihre Asche zu verstreuen
Bin die Barke, die zu mir dich führt
Salz auf deinen tauben Lippen
Bin Bergwohlverleih
Aroma, Wesen aller Speisen
Bin Wind, der Wüste trinkt
In unendlichem Gewölk aus Staub
Bin Flamingo im Afrikaflug
Komm
Bin Lagune der verdrehten Wasser
Bin überraschte Morgenröte und
geschwätziger Sonnenuntergang
Bin Insel unerschütterlich, der das Meer
entflieht
Alem
Bin Heckenrand unserer Webfelder
Und verborgener Freudentaumel
deiner Träume
Höre
Vom anderen Ufer, dem nahen
Spanien zu
Das Echo meines Bittgebets
Alem
Bin, was du liebst und dich birgt
Was du findest und was langsam mich
befreit
Gute Grenze deines Alleinseins
Alem, zerstreue mich
Nun Staub auf deinem Weg
Alem, meine schöne Liebe
Von nun an, in Garben von Licht
Erhebt mich jeder Schritt von dir. "
Eric Fraj: Le Fraisse
Som le fraisse
Ieu som l'arbre
Que se vòl pujar al cél
Som le fraisse
Ieu som l'arbre
Que vòl volar com' l'ausèl
Ieu me négui
Las rasigas
Al pus prigond de las aigas
Ieu me brutli
Las rasigas
Tot al mièg de la nivolas
E camini
Sens relambi
Sens patria e sens rèi
E camini
Sens relambi
Coma l'àngel de la nuèit
Som le fraisse
Ieu som l'arbre
Que lèu se farà vaissél
Som le fraisse
Ieu som l'arbre
Sens estaca ni drapèl
Ieu me négui
Las rasigas
Al pus prigond de las aigas
Ieu me brutli
Las rasigas
Tot al mièg de la nivolas
E m'escapi
Sens relambi
Per un vièlh secret de breish
E me cèrqui
Sens relambi
L'ombra doça de la nuèit...
Der Eschenbaum
Ich bin Esche
Bin der Baum
Der in den Himmel steigen will
Ich bin Esche
Bin der Baum
Der Vogelfliegen will
Ich ertränke
Die Wurzeln mein
Im tiefsten aller Wasser
Ich verbrenne
Die Wurzeln mein
Inmitten der Wolken
Und ich wander'
Ohne Ruh' noch Rast
Frei von König, Vaterland
Und ich wander'
Ohne Ruh noch Rast
Gleich dem Engel der Nacht
Ich bin Esche
Bin der Baum
Der ein Schiff sein wird
Ich bin Esche
Bin der Baum
Ohne Anker, flaggenlos
Ich ertränke
Die Wurzeln mein
Im tiefsten aller Wasser
Ich verbrenne
Die Wurzeln mein
Inmitten der Wolken
Und ich entwische
Ohne Ruh' noch Rast
Durch altes Hexergeheimnis
Und ich suche Deutsch: Ulrike Brummert
Ohne Ruh' noch Rast
Süßen Schatten der Nacht...
Lavendelöl in einer Flasche, daneben liegen Lavendelblüten
Lavendelöl in einer Flasche, daneben liegen Lavendelblüten© imago
Marcela Delpastre bei Wikipedia

Marcela Delpastre: Saumes Pagans. Las Edicions Dau Chamin De Sent Jaume 1999

Marcela Delpastre, Saumes Pagans, IEO 1974.

Saumes Pagans
III Queu país

Anei vers queu país, li parlei dins sa lenga. Anei vers queu país, que lo coneisse per mon pair, qu'es mon frair e ma mair- granda.
Vers queu país, que lo preniá per ieu. Mielhs qu'un besson, 'n autre ieu -mesme. Un còrs pus grand que lo còrs qu'ai, 'na arma pus bela.
Un còrs de champs e de meissons, de forests mai de prats qu'un ríu trauchava en rire jos los vernhaus, un còrs de plais e de brujas.
Un còrs de vialatges, de bòrias e de bordieratges dins los pomiers e los nogiers ; un còrs d'estanhs, de peschieras, un còrs de fonts e d'ausels que passan.
Un còrs que mon arma coneis !
'Na arma pus bela. L'arma daus vialatges ont los enfants corron sus los pas daus ancians. E la vielha assetada a son panier plen de frucha, son davantau plen d'espijas,
sos braç plens de dròlles mai de filhas.
'Na arma pus granda, 'na arma pertant que mon arma coneis, o que cresiá conéisser.
Heidnische Psalmen
III Dieses Land
Ich ging zu diesem Land, ich sprach zu ihm in seiner Sprache. Ich ging zu diesem Land, das ich als meinen Vater erkannte, es ist mein Bruder und meine Großmutter.
Zu diesem Land, das ich mir zu eigen machte. Besser als ein Zwilling, ein anderes Ich selbst. Ein Körper größer als der Körper, den ich habe, eine schönere Seele.
Ein Körper aus Feldern und Ernten, aus Wäldern und Wiesen, die lachend ein Bach unter den Erlen durchstach, ein Körper aus Heide und Hecken.
Ein Körper aus Dörfern, Gutshöfen und Katen in den Apfel- und Nussbäumen; ein Körper aus Seen und Fischteichen, ein Körper aus quellenden Brunnen und vorbeiziehenden Vögeln.
Ein Körper, den meine Seele kennt.
Eine schönere Seele. Die Seele der Dörfer, wo die Kinder auf den Wegen der Vorfahren laufen. Und die Alte sitzt neben ihrem Korb voller Früchte, ihre Schürze voller Ähren,
In ihren Armen Jungs und Mädchen.
Eine größere Seele, jedoch eine Seele, die meine Seele kennt oder die sie glaubt zu kennen.
XIX Los dos tisons
La femna apoiada sus ieu, e que pesa pas tant coma una jarba de civada,
qui pòt saber çò qu'a en lo còr ¿
Dos tisons son 'semblats au mitan dau fogier, dos tisons que fan brasa e la flamba ne'n monta
coma d'un fuec de joia.
La femna apoiada sus ieu, e que pesa pas tant coma un fais de ludas
qui pòt saber si pensa a res ¿
Dos tisons se sarran, que la brasa ròja, que se'n van de cendres mai de fum, curats per lo mitan,
d'aiciant'a la darriera saba.
La femna apoiada sus ieu, e que pesa pas mai qu'una ombra de fumada,
qui pòt saber si a un nom?
Dos tisons d'aubre verd que se tenon un contra l'autre, mai de fumada que de flamba,
e l'aiga de la saba que pura e se plang...
La femna apoiada sus ieu, e que pesa pas mai que lo còrs e lo sang,
qui pòt saber si auriá 'na arma ?

XIX Die zwei halbverkohlten Holzscheite
Die Frau, an mich gelehnt, und die nicht mehr wiegt als eine Hafergabe,
wer kann wissen, was sie im Herzen hat?
Zwei halbverkohlte Holzscheite sind mitten im Feuer vereinigt, zwei Holzscheite, die in Glut sich verzehren, und die Flamme steigt auf
wie aus einem Freudenfeuer.
Die Frau, an mich gelehnt, und die nicht so viel wiegt wie ein Bündel Schilf
wer kann wissen, ob sie an nichts denkt?
Zwei Holzscheite halten sich, mittig bis aufs Mark ausgehöhlt, von der Glut zerfressen, gehen sie auf in Asche und Rauch.
Die Frau, an mich gelehnt, und die nicht mehr wiegt als der Schatten von Rauch,
wer kann wissen, ob sie einen Namen hat?
Zwei Holzscheite aus grünem Holz halten sich aneinander, mehr Rauch als Flamme,
und das Wasser des Saftes weint und beklagt sich ...
Die Frau, an mich gelehnt, und die nicht mehr wiegt als Körper und Blut,
wer kann wissen, ob sie eine Seele hätte.
Lo rei de seda saura

Engana lo aucelum et tuteja la aura.
Quilhat dins l'èrba salvatja
A perdut sos uèlhs
Raubats a la vèsta d'un soldat.
Tres gojats son venguts
Qu'an escampat sas tripas pel sòl
Per i prene qualque dròlla mal pintrada.
Privat de son còs de seda saura,
L'Espaurugal
Fa de sòmis descabestrats
Que desvarain los aucèls.

Der König aus goldblonder Seide

Trügt die Vögel und duzt den Wind
Aufgerichtet in wildem Grün
Hat seine Augen verloren
Von der Joppe eines Soldaten gestohlen.
Drei Jünglinge sind gekommen
Haben seine Eingeweide ausgebreitet
Um darauf irgendein schlecht geschminktes Mädchen zu nehmen.
Beraubt von seinem Körper aus goldblonder Seide,
Der Vogelscheuch´
Träumt er entfesselte Träume
Leiten die Vögel in die Irre.
Sa pèl escura e cauda
Coma una nuèch d'estiu
S'estira fins a fintar l'alba
Quand son còs de cavala fèra
Tornamai s'alanda
E cava dins la prigondor de sas cambas
Un paradís d'auselaire.
Warm und dunkel ihre Haut
Gleich einer Sommernacht
Räkelnd die Morgendämmerung narrt
Ihr wilder Stutenkörper
Von neuem sich spreizt
Und aus der Tiefe ihrer Beine
Ein Vogelfängerparadies
Treibt.

Aurélia Lassaque, "Lo rei de seda saura", in: Aurélia Lassaque, Ombras de luna/Ombres de lune. Nîmes, Eds La Margeride

Claude Marti / Glaudi Martí
Montsegur
Daissatz-me contar l'istòria
D'un sang begut per ma terra
Daissatz-me contar l'istòria
D'una volontat de fèrre
D'una joventut passada
D'una libertat volguda
Del vielh sòmi despertat
D'una libertat perduda
Cinc cents èretz a Montsegur
Sabent çò que viure vòl dire
Cinc cents èretz a Montsegur
Segur i sètz darrièr l'azur
Vaqui l'ora de los corbasses
Per los camins de Montferrièr
Vaqui l'ora de los corbasses
Grand flume, negre poiridièr
Del Papa la grand armada
Del Rei de França bandolièrs
De Dominica los porcasses
Amèn, amèn, Dies Irae !
Cinc cents èretz a Montsegur
Sabent çò que viure vòl dire
Cinc cents èretz a Montsegur
Segur i sètz darrièr l'azur
Vaqui l'ora de la desfacha
L'idea brutla sul lenhièr
Aqui l'alba de la victòria
Menam vostra lucha avuèi :
Minoritats contra l'Empèri
Indians de totas las colors
Descolonizarem la tèrra :
Montsegur, te dreiças pertot !
Cinc cents èretz a Montsegur
Sabent çò que viure vòl dire
Cinc cents èretz a Montsegur
Segur i sètz darrièr l'azur
Montsegur
Laßt mich die Geschichte erzählen
Vom Blut, das mein Land getrunken hat
Laßt mich die Geschichte erzählen
Von eisernem Willen
Verflossener Jugend
Gewollter Freiheit
Dem alten verzweifelten Traum
Von verlorener Freiheit
Fünfhundert wart ihr in Montsegur
Wußtet, was Leben heißt
Fünfhundert wart ihr in Montsegur
Sicher, hinter dem Blau seid ihr dort
Da ist die Stunde der Raben
Auf den Wegen von Montferrier
Da ist die Stunde der Raben
Großer Fluß, schwarze Fäulnis
Des Papstes große Armee
Banditen des Königs Frankreichs
Schweine der Unterwerfung
Amen, amen. Dies irae!
Fünfhundert wart ihr in Montsegur
Wußtet, was Leben heißt
Fünfhundert wart ihr in Montsegur
Sicher, hinter dem Blau seid ihr dort
Da die Stunde der Niederlage
Die Idee lodert auf dem Scheiterhaufen
Hier das Morgengrauen des Siegs
Wir führen euren Kampf heute
Minderheiten gegen die Macht
Indianer aller Hautfarben
Wir werden die Erde entkolonisieren:
Montsegur, du stehst überall auf!
Fünfhundert wart ihr in Montsegur
Wußtet, was Leben heißt
Fünfhundert wart ihr in Montsegur
Sicher, hinter dem Blau seid ihr dort.
Musik

Talvera: Bramadís. Association C.O.R.D.A.E./La Talvera. L`Autre Distribution tal13: 02.47.50.79.79. ISBN: 3521383408735. Musiker: Serge Cabau, Paul Goillot, Daniel Loddo, Céline Ricard, Fabrice Rougier, Thierry Rougier
Sòmi de Granadas: Le Champ des Dunes. L`Autre Distribution 02 47 50 7979. CAM320110. 3521383413999. Musiker und Arrengements : Thierry Rogques und Guillaume Lopez
La Talvera. Sopac e Patac. Association C.R.R.D.A.E. / La Talvera. L`Autre Distribution TAL 15. ISBN: 3521383416051. Musik : Daniel Loddo, Céline Ricard, Sege Cabau, Paul Goillot, Fabrice Rougier, Edith Bouygues, Tony Canton
La Talvera. Cants e Musicas del País de lodeva. Association C.R.R.D.A.E. / La Talvera. L`Autre Distribution TAL 12: 02.47.50.79.79. ISBN: 3521383408254
Gesang: Céline Ricard. Musiker: Daniel Loddo, Fabrice Rougier, Paul Goillot, Serge Cabau, Tony Canton. Arrangements: La Talvera. Künstl.Leitung: Daniel Loddo
Mosaica: Òc-Chaabi. Une production Org&Com 0561474395. Musiker: Dominique Barès, Bouchaib Ezzerki, Bona Akoto, Samir Hammouch, Pierre Rouch, Mounaim Rabahi, Florent Rousset
Fabulous Trobadors : Ma ville est le plus beau park. Philips 1995. LC 0305. ISBN : 526 916-2
Duo brotto lopez (2006). L`Autre Distirbution 02.47.50.29.29. Modal MPJ 111044 620. ISBN: 3521383408148. popdeurope: peacelounge recordings 2003. LC 11784
Eric Fraj: Pep El Mal. Produktion: org&com. T. : 0561474395. C. : 0607084892. Francis Blot, franicsblot@orgetcom.net
Eric Fraj : Fat e Fòls. 2010 "nordsud music". LC 18515. ISBN: 5425008377155. Musiker: Eric Fraj, Guillaume Lopze, Thierry Roques, Tonton Remi Cidal, Tony Margalejo
Déodat de Séverac. collection musique francaise. Accord Universal 465 814-2. ISBN : 0 28946581421. Piano : Jean-Joel Barbier
Cansós de Trobairitz. Hespèrion XX. Reflexe Stationen Europäischer Musik.
EMI Classics 724382651024

Der Philosoph und Sozialist Jean Jaurès schreibt im Jahr 1911:
"Wenn die Kinder des Volkes im ganzen Süden Frankreichs durch den Vergleich zwischen Französisch und Languedokisch oder Provenzalisch lernten, dasselbe Wort in zwei etwas verschiedenen Formen zu finden, hielten sie bald den Schlüssel in Händen, der ihnen ohne große Anstrengung das Italienische, Katalanische, Spanische und Portugiesische öffnete. Und sie fühlten sich mit der weiten Welt der romanischen Völker, die heute in Südeuropa und Südamerika so wagemutige und stolze Hoffnungen entwickelt, in leichtfüßiger Kommunikation und selbstverständlicher Harmonie."
Jacques Brel: "Pourquoi ont-ils tué Jaurès?"
Mit fünfzehn waren sie verbraucht
Sie schlossen mit dem Anfang ab
Die zwölf Monate hießen Dezember
Was für ein Leben haben sie gehabt, unsere Grosseltern
Zwischen Absinth und Feierlichen Messen.
Sie waren vor dem Leben alt
Fünfzehn Stunden pro Tag an der Leine
Geben dem Gesicht einen Teint aus Asche
Ja, unser Monsieur, unser guter Meister
Warum haben sie Jaurès getötet?
Man kann nicht sagen, dass sie Sklaven waren
Aber deshalb sagen, dass sie gelebt haben
Wenn man so besiegt beginnt
Ist es schwer, aus dem Trott heraus zu kommen
Und doch blühte Hoffnung
In den Träumen, die zum Himmel stiegen
Bei den wenigen, die sich weigerten
Sich bis zum Alter knechten zu lassen
Ja unser Monsieur, unser guter Meister.
Warum haben sie Jaurès getötet?
Wenn sie unglücklicherweise überlebten
Dann war es, um in den Krieg zu ziehen
Dann war es, um im Krieg zu enden.
Unter den Befehlen von irgendeinem Niedersäbler
Der schmallippig forderte,
Dass sie auf dem Feld der Ehre
Ihre zwanzig Jahre, die nicht geboren werden konnten, öffneten.
Und sie starben voll der Angst
Ganz armselig, ja unser guter Meister
Ja von Schachtelhalmen bedeckt, ja unser guter Meister
Fragt euch, blühende Jugend
Die Dauer des Schattens einer Erinnerung
Die Dauer des Hauchs eines Seufzers
Warum haben sie Jaurès getötet?

Autoren der Langen Nacht: Ulrike Brummert und Christine Nagel. Regie: Christine Nagel. Übersetzungen aus dem Okzitanischen und Französischen: Ulrike Brummert; Mitarbeit: Constanze Heidelauf. Redaktion: Monika Künzel