Hans Albers und Hansi Burg

Glaubst Du denn, dass es schön sein wird ohne Dich?

Hans Albers mit Lebensgefährtin Hansi Burg, ca. 1952
Hans Albers mit Lebensgefährtin Hansi Burg, ca. 1952 © imago / United Archives
von Daniela Herzberg · 11.12.2021
Als Lügenbaron Münchhausen flog Hans Albers 1943 über die Kinoleinwände in Nazi-Deutschland. Die Liebe seines Lebens, die jüdische Schauspielerin Hansi Burg, überlebte den Krieg in London, ohne seine Hilfe. Dennoch wurden sie danach wieder zu einem Paar.
Hansi Burg, geboren 1898 in Wien, ist die Tochter der Koloratursopranistin Emmy Burg-Raabe und des Schauspielers Eugen Burg, der einer der gefragtesten Schauspieler und Regisseure des Kaiserreiches und der Weimarer Republik wurde. Hans Albers, geboren 1891, leidet unter der Strenge seines in ganz Hamburg bekannten Vaters, der mit prachtvollem Schnurbart auf dem Kutschbock thront und Schlachterware ausfährt.
Für seine Mutter ist Hans der über alles geliebte Jüngste. Sie ermutigt ihn, als er als Jugendlicher vom Theatervirus infiziert wird. Später, als der Vater ihn in ein Kontor sperrt und zu einer kaufmännischen Lehre zwingt, finanziert sie ihm heimlich Schauspielunterricht.
Hans Albers als Baron Münchhausen hält sich im Flug an einer Kanonenkugel fest.
Hans Albers als der Baron Münchhausen im UFA-Film von 1943© imago / UFA Film

Die kleine Hansi verbringt die Jahre 1907 bis 1909 in New York, wo ihr Vater am Deutschen Theater auftritt und Regie führt. Sie geht dort zur Schule und lernt Englisch, die Sprache, in der sie später als Emigrantin lebenswichtige Freundschaften schließen wird.
Hans hat 1911 erste Engagements in Bad Schandau bei Dresden und am Stadttheater Güstrow. Er lernt den Schauspielberuf an kleinen Provinzbühnen. Das gähnende oder applaudierende Publikum sitzt nur drei Schritte von ihm entfernt, in der Pause schiebt er Kulissen.

Theater in Berlin

Nach dem Krieg wird Eugen Burg der Mentor von Hans Albers und empfiehlt ihn in Berlin bei jeder Gelegenheit an Kollegen weiter. Albers kann singen und er spielt mit dem ganzen Körper, schwingt am Seil über die Bühne, turnt am Kronleuchter, springt von Türmen.
Auch Hansi Burg ist in diesen Jahren in Berlin, auch sie spielt. Hans Albers trifft sie in Rudolf Nelsons Theater am Kurfürstendamm. So beginnt die langjährige Liebe der beiden. Dass Hansi Burg auch auf Albers’ Karriere entscheidenden Einfluss nimmt, ist wahrscheinlich, aber auch umstritten. Albers-Biograf Matthias Wegner sagt:
„Sie war wohl in finanziellen Dingen besonders beschlagen und besonders erfinderisch, einfach ein Naturtalent. Sie sorgte auch dafür, dass das Geld, das er sammelte und das dann in seinen großen Filmzeiten, also ab seinem – grob gesagt – vierzigsten Lebensjahr floss, dass das also richtig angelegt wurde und vor allem auch dass die Verträge immer höhergeschraubt wurden, und ihn am Ende zum finanziell erfolgreichsten deutschen Schauspieler gemacht haben.“
Die Filmwissenschaftlerin Michaela Krützen ist indes skeptischer und vermisst Belege:
„Was hat Hansi Burg wirklich gemanagt? Das ist ganz schwer nachzuvollziehen. Wenn sie wirklich ein Gespann waren - er macht die ganzen Sachen an der Front, sie regelt alles im Hintergrund - dann hat es hervorragend funktioniert. Aber wir werden das, also zumindest ich, aufgrund der Quellenlage niemals rekonstruieren können.“

Der Weg zum Star

Hat Eugen Burg Anfang der 20er-Jahre noch Mühe, seinen Schützling Albers einem Rollenfach zuzuordnen, so wird in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts der Typus des Draufgängers und schlagkräftigen Ganoven mit Herz immer populärer. Diesen Typus verkörpert Albers wie kein zweiter.
Der Kritiker Hans Kafka veröffentlicht 1931 eine ganze Broschüre als Huldigung auf Hans Albers und beschreibt seine für die Zeitgenossen völlig neue, überraschende Art zu singen:
„Hans Albers singt nur sozusagen – nichts, das von der Norm abwiche. Was macht diese Stimme damit? Sie schreit manchmal, schön. Aber viel öfter gerät sie immer in jenes nachschleifende, sich verschluckende, keuchende 'Vorwärtseilen um jeden Preis', das der absoluten Verstopftheit und Heiserkeit ziemlich ähnelt – und das dennoch stärker den Eindruck von Intensität und Leidenschaft erweckt als das stärkste Schreien.“

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Ende der 20er-Jahre eröffnet sich Albers mit dem Tonfilm ein weiteres Arbeitsfeld, in dem seine Athletik und seine besondere Art zu singen ihm Erfolg garantieren. Seine Angewohnheit, vom Manuskript abzuweichen und zu quasseln, wie ihm der norddeutsche Schnabel gewachsen ist, erweist sich als tonfilmtauglich. In „Die Nacht gehört uns“, einem der ersten deutschen Tonfilme, spielt er eine Hauptrolle.

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Im Schatten der Nazis

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wird Hansis Lebenskreis immer enger. Freunde und Bekannte emigrieren. Ihre Mutter ist 1927 gestorben, ihr Vater verliert sein Engagement bei der Ufa und wird aus der Reichstheaterkammer und der Reichsfilmkammer ausgeschlossen. Nach 14-jähriger Theater- und Filmkarriere unterliegt er damit, genau wie unzählige jüdische Kollegen, einem Berufsverbot.
Hansi und Hans haben getrennte Wohnungen, teilen sich aber eine Villa am Wannsee. Wiederholt wird Albers von Vertretern der Reichsfilmkammer und Vertrauten Goebbels aufgefordert, die Beziehung zu Hansi Burg zu beenden. Zunächst weigert er sich, doch 1935 schreibt er an Goebbels, er habe seine persönlichen Beziehungen zu Frau Hansi Burg gelöst.
Allerdings trennen sich die Beiden nur zum Schein, statt am Wannsee verbringen sie gemeinsame Zeit nun in einer Villa am Starnberger See. Hier sind sie weitgehend unbeobachtet, außerdem ist die neutrale Schweiz nur einige Autostunden entfernt.
Zeitgenossen bezeugen, dass Albers den Kotau vor den neuen Machthabern verweigerte. Anders als fast alle anderen Filmstars ließ er sich nicht mit Nazigrößen fotografieren, nahm keine Preise entgegen und sammelte nicht für das Winterhilfswerk. Zahlreiche Anekdoten berichten davon, dass er sich selbst für den eigentlichen König hielt, die Nationalsozialisten dagegen für Möchtegernstars und Zwergmachthaber.

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Londoner Exil

Nach London reist Hansi Burg allein. Sie trifft dort Ende 1938 ein. Für die Kunst, in jenen Tagen als Emigrantin in London zu überleben, wird ein eigenes Wort geprägt: „brinkmanship“, abgeleitet von der englischen Redewendung „on the brink“, „am Rande des Abgrunds“.
Hansi findet Unterschlupf bei verschiedenen Bekannten, später verdient sie ihren Lebensunterhalt als Vertreterin für Damenmode. Im November 1940 wird London fast ununterbrochen bombardiert. Burg nimmt in den Bombennächten Morphium und denkt an Hans Albers.
Ihre Mitbewohnerin und Vertraute Elisabeth Selmeczi schreibt ihm nach dem Krieg und erzählt ihm, wie wichtig die Hoffnung auf ein Wiedersehen für Hansi war:
„Lieber Hans, ich bin sehr glücklich, dass wir dich gefunden haben. Wir haben in all diesen Jahren von Dir gesprochen und an Dich mit viel Liebe und Sorge gedacht. Hansi hat nur für Dich gelebt und sich nur um Dich gesorgt. Wie Deine Zeilen und Deine Fotos kamen, war ihre Freude unbeschreiblich. Sie lacht und weint vor Glück, und du bist ihr einziger Lebensinhalt auf dieser Welt. Wir haben beide sehr viel durchgemacht in diesen Jahren und wir haben uns gegenseitig sehr geholfen, das Leben zu schaffen. Hansi ist gesund und hat unsagbar viel gelernt in diesen Jahren.“
Während Hansi Burg im Exil ums Überleben kämpft, wird ihre Familie, werden unzählige Freunde und Bekannte ermordet. Hans Albers bleibt in Deutschland ein erfolgreicher Schauspieler: Während des Krieges entstehen die Filme "Münchhausen" und "Große Freiheit Nr. 7".
Letzterer zeigt keine Helden, sondern heruntergekommene, mal abgebrühte, mal sehnsüchtige Gestalten. Endlichkeit, Erschöpfung und Illusionsverlust ziehen sich durch den ganzen Film. Wohl auch deshalb wird er von den Nazis zensiert und kommt erst nach dem Krieg in die Kinos. Dann aber wird er zu einem großen Erfolg und Albers große Karriere setzt sich nahtlos fort.

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Die Liebe geht weiter

Im Frühjahr 1946 bemüht sich Hansi Burg, als Kriegsberichterstatterin der Britischen Armee nach Deutschland zu gelangen, um Hans endlich wiederzusehen. Kurz darauf klopft Captain Hansi Burg unangemeldet an Hans Albers’ Garderobe im Hebbeltheater, wo er inzwischen wieder auf der Bühne steht. Albers soll in einem Weinkrampf zusammengebrochen sein, als er sie sah.
Die Berliner hungern in diesem Frühling, doch Hansi gelingt es, gemeinsam mit einer Freundin säckeweise Essen in die Theatergarderoben zu schleppen. Ihren Hans lädt sie nach der Vorstellung ins Offizierscasino ein. Sie sind wieder unzertrennlich.
Doch als Hansi nach Garatshausen am Starnberger See kommt, hat sich dort eine andere wohnlich eingerichtet, Hans’ aktuelle Kurzzeitgeliebte, eine Miedermacherin. Hans zieht den Kopf ein und überlässt es Hansi, die Sache zu regeln. Hansi Burg befördert die Konkurrenz aus dem Haus.
Als Journalistin im Auftrage des britischen Militärs registriert sie genau die Heuchelei und plötzlich auftretende Vergesslichkeit, die ihr in Deutschland begegnen. In einem Dokument vom 6. November 1946 charakterisiert sie die Haltung des Schauspielers Emil Jannings:
„Der international berühmte Filmschauspieler, der jetzt am Wolfgangsee lebt und der als einer der Ersten mit fliegenden Fahnen zu Hitler überging, versucht heute fieberhaft zu erklären, dass er nie mit den Nazis etwas zu tun hatte, obgleich er einen Propagandafilm nach dem anderen spielte. Man denke an 'Ohm Krüger' und andere wüste Hetzfilme. Wo er konnte, rühmte er sich der persönlichen Freundschaft Adolf Hitlers und Dr. Goebbels. Heute scheint er an Gedächtnisschwund zu leiden.“

Der Mann an ihrer Seite

Auch Albers hat mit den Nazis kollaboriert, seine kritische Haltung gegenüber den Machthabern wird jedoch von prominenten Freunden wie etwa Marlene Dietrich und Fritz Kortner bezeugt, was seine Entnazifizierung beschleunigt. Auch Hansis scharfzüngige Freundesclique, mit der sie die Zeit im Exil überstanden hat, scheint den blonden Hans zu mögen. In vielen Briefen wird er als Mann an Hansis Seite gegrüßt und als Schauspieler gefeiert. Gute Wünsche schließen ihn ein.
Am 24. Juli 1960 stirbt Hans Albers nach einem Unfall auf einer Wiener Theaterbühne. Hansi lebte nach Hans Albers’ Tod zwar allein in der gemeinsamen Villa, war aber eng mit den vielen Freunden aus dem Londoner Exil verbunden.
Nach ihrem Tod im Jahr 1975 wurde sie nicht neben Hans Albers auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg, sondern in Tutzing, nicht weit vom Starnberger See, begraben. Auf ihren Grabstein ließ sie „Hansi Burg-Albers“ schreiben. Sie wollte zu ihm gehören, keine Frage.

ARD-Dokumentation zu Hans Albers.

Eine Produktion von Deutschlandfunk/Deutschlandfunk Kultur 2021.
Das Skript zur Sendung finden Sie hier.

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