Eine Kollektion für Mrs. Obama

Von Mandy Schielke |
Der Modemacher Parsival Cserer gilt in der Berliner Modewelt als besonders viel versprechend. Im vergangenen Sommer hat er den Nachwuchspreis "Designer for Tomorrow" gewonnen. Mit dem Preisgeld konnte er eine erste große, eigene Kollektion produzieren. Ein erster Schritt ins Modegeschäft vielleicht. Am kommenden Freitag kann er beweisen, was er kann. Dann hat Parsival seine erste eigene Modenschau auf der Berliner Fashion Week.
Rot und Grün. Blau und Orange. Violett und Gelb. Immer sind es Komplementärfarben, die Parsival Cserer in seinen lässigen Strickkleidern kontraststark miteinander kombiniert.

Parsival Cserer: "Mein Muster ist eine eckige Form. Es ist von mir gewollt, dass es aussieht wie ein Atari-Spiel, ein frühes Computerspiel, das sehr grob rastig, sehr pixelig ist."

Wie eine Zukunftsvision aus der Vergangenheit wirken diese großen Flächen, Rechtecke, Quadrate, die immer wieder ineinander übergehen und neue kantige Formen bilden. Das Image von Strickmode, schwer und unbequem zu sein, war für den 34-Jährigen dabei kein Hindernis, sondern eine Herausforderung.

"Durch relativ feine Fäden, die ich verwende, wird das Ganze leicht."

Seinen Vornamen - Parsival - hat sich der Modemacher irgendwann selbst gegeben. Jetzt sitzt er - gut frisiert, Hemd und Hose aus Seide - an der Strickmaschine in der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee. Langsam, Faden für Faden, kommt das expressive Muster zum Vorschein. Neben dem Meisterschüler bügelt eine Kommilitonin ihre Abendkleider. Nur noch wenige Tage bis zur Modenschau. Parsival Cserer bleibt gelassen. Fast meditativ bewegt er die Arme an der Strickmaschine.

Parsival Cserer: "Ich war acht Jahre meines Lebens auf der Waldorfschule und an der Waldorfschule arbeitet man sehr sinnlich an Objekten, ob es Werken ist mit Holz, Töpfern, ob es Textil ist, stricken und nähen. Das ist sehr auf die Hände konzentriert."

Auf einem Dorf in Baden-Württemberg wächst Parsival Cserer mit zwei älteren Geschwistern bei der Mutter auf. Als Kind liegt ihm die kreative Arbeit auf der Waldorfschule. Als Teenager aber will er sich davon lösen. Irgendwann, sagt der heute 34-Jährige, bestand der Schulalltag für seinen Geschmack aus zu viel Handarbeit. Geistig fühlt er sich unterfordert. Also wechselt Parsival die Schule.

Der Modemacher erzählt gern von sich, davon wie es weiterging nach dem Abitur. Er schreibt sich für Religionswissenschaften an der Universität in Tübingen ein:

"Ich fang an zu studieren und merke, es befriedigt mich nicht, wenn ich den ganzen Tag hebräische, griechische Texte übersetze und Exegesen schreibe. Ich brauche ein Produkt, das ich sinnlich ergreifen kann. Und nicht nur eine intellektuelle Freude. Und so kam ich darauf, mich für Modedesign zu bewerben."

Für Parsival Cserer ist Mode kein Fimmel, sondern – nach französischem Vorbild – ein Kulturgut. Mit Kleidung, sagt er, drücken wir uns aus – ob wir wollen oder nicht. Dabei ist er selbst mit ganz anderen Glaubenssätzen groß geworden.

"Meine Großmutter hat schon immer gesagt, es ist wichtig, wenn man nachher vor dem Herrgott steht, dass man eine reine Weste hat im moralischen Sinn, aber was man nachher hat an Schmuck oder was, das hat sie nie interessiert."

Parsival Cserer geht an die Kunsthochschule in Berlin-Weißensee und beginnt mit dem Modedesignstudium. Langsam entwickelt er seinen Stil. Die Muster expressiver, die Farben kontrastreicher. Seine erste Kollektion nennt er "Good Morning, Mrs. Obama". Feminine Strickmode, die durch die Kombination aus alltagstauglichen Formen und hochwertigen Garnen aus Seide und Kaschmir Repräsentation und Lässigkeit verbinden soll. Die Idee für den Titel "Good Morning Miss Obama" kam ihm schon vor über zwei Jahren:

"Damals war gerade die Wahl von Obama. Das war in den Medien. Endlich findet eine Umbesinnung statt in der amerikanischen Gesellschaft. Mein Stiefvater ist aus Ghana. Ich habe einen starken Bezug zu Afrika auch durch meinen kleinen Bruder. Das habe ich auch mitbekommen, wie der ganze Kontinent das als Zeichen sieht, endlich in der westeuropäischen Gesellschaft einen neuen Status zu bekommen und 'Good morning' heißt 'Wake up' für die ganze Welt. Es brechen neue Zeiten an."

Mit seiner Kollektion "Good Morning, Mrs. Obama" sind auch für Parsival Cserer neue Zeiten angebrochen. Er hat damit den Nachwuchspreis "Designer for Tomorrow" gewonnen. Von dem Preisgeld hat er ein kleines Atelier angemietet, drei alte Strickmaschinen gekauft und eine ganz neue Kollektion entworfen und produziert, Nacht für Nacht.

Dem Traum, aus seiner Passion für Mode ein Geschäft zu machen, ist er ein Stück näher gekommen. Auf seiner ersten eigenen Modenschau auf der Fashionweek wird er die neuen Outfits präsentieren. Die müssen jetzt noch den internationalen Einkäufern gefallen, hofft Parsival Cserer. Dann kann es endlich richtig losgehen.