Eine Frau mit eigenem Kopf
Eine Sommerreise nach Ascona als Liebestest - das ist der Ausgangspunkt von Victoria Wolffs neu aufgelegtem Roman "Die Welt ist blau". Vertrauen, Verständnis und die Lebbarkeit der Emanzipation sind die Fragen, denen sich die eigenwillige Protagonistin schnell stellen muss. Und denen sie ihr Credo von der Welt in Farbe entgegenhält.
Eine junge, eigensinnige Frau und ihr Geliebter fahren im Sommer 1933 in die Sommerfrische nach Ascona. Sie wollen unbeschwert Urlaub machen, doch es legen sich Schatten auf ihre Reise und ihre Beziehung. Ursula, die junge Frau, muss erkennen, dass ihre vermeintliche Menschenkenntnis sie trügt. Ihr Freund Peter begreift, dass man nur mit Offenheit und Respekt den anderen für sich gewinnen kann. Die Entwicklung der privaten Beziehungen steht im Zentrum dieses leichtfüßigen Romans, doch unterschwellig deutet er auch den politischen Hintergrund an, vor dem er entstanden ist.
Victoria Wolff hatte Nazi-Deutschland im Frühjahr 1933 verlassen und war mit ihren beiden Kindern in die Schweiz emigriert. Die gerade mal 29-jährige Autorin aus jüdischer Familie hatte sich schnell einen Namen als Kultur-Journalistin und Reporterin erworben und als Verfasserin eines biografischen Romans über die französische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin George Sand.
Wolffs drittes Buch "Die Welt ist blau" entstand bereits im Exil in der Schweiz und wurde im selben Jahr (1933) als Fortsetzungsroman in der Neuen Zürcher Zeitung abgedruckt. Bis 1939 durfte Wolff mit ihren beiden Kindern in der Schweiz bleiben - für sie eine künstlerisch sehr produktive Zeit. Nach ihrer Ausweisung floh Wolff über Frankreich in die USA, wo sie ihren Durchbruch als Drehbuchautorin mit dem Roman "Das weiße Abendkleid" erlebte.
Der Aviva-Verlag hatte mit der Wiederentdeckung und Neuveröffentlichung dieses Werks einen enormen Erfolg (befördert durch die Fernsehsendung "Lesen!" mit Elke Heidenreich) - und möchte daran mit einem weiteren Buch aus der Feder Wolffs anknüpfen.
"Die Welt ist blau" stellt die junge Ursula Eisenlohr ins Zentrum, die ganz dem Typus der emanzipierten, intelligenten und eigenwilligen Frau der 20er Jahre entspricht. Wolff schildert sie psychologisch genau und aus der Innnensicht der Protagonistin, was sich im leichtfüßigen, munter bewegten und charmanten Erzählton des Buches widerspiegelt.
Ursula ist Anfang 20 und bereits studierte Agrarwissenschaftlerin. Sie begibt sich mit dem Rechtsanwalt Peter Mack nicht zuletzt deshalb auf die Sommerreise nach Ascona, um herauszufinden, ob er wirklich "der Richtige" ist. Das Temperament der beiden könnte nicht unterschiedlicher sein: Ursula ist impulsiv, offen, neugierig auf die Welt. Peter ist eher ein scheuer Mensch, der neuen Bekanntschaften gegenüber skeptisch bleibt.
So erweckt es seinen größten Argwohn, als Ursula sich mit dem Zauberer Hubert von Reuchlin anfreundet und für dessen magische Tricks sogar zweimal als Assistentin auf der Hotelbühne firmiert - für eine unverheiratete Frau in den 30er Jahren ist das schon unerhört. Peter erteilt seiner Freundin eine Lektion, die das Vertrauensverhältnis der beiden schwer belastet.
Sie vereinbaren am Ende einen "Beziehungsvertrag", in dem die zentralen Punkte Offenheit, Respekt und Menschlichkeit sind. Und Ursula besteht auf einem letzten Punkt, der dem Roman seinen Titel gegeben hat: "Also ich fordere, dass die Welt blau ist, auch wenn sie grau scheint, muss sie blau bleiben."
Dies ist nicht als Blauäugigkeit der Protagonistin zu verstehen, sondern - ähnlich wie die humanistischen Punkte des "Vertrags" - als Appell: Trotz der finsteren Zeiten, die in Deutschland angebrochen sind, sollte jeder seinen Teil zu einer menschlichen Welt beitragen.
Rezensiert von Olga Hochweis
Victoria Wolff: Die Welt ist blau, Ein Sommer-Roman aus Ascona
Herausgegeben von Anke Heimberg
Aviva Verlag Berlin, 2008
180 Seiten, 18 Euro
Victoria Wolff hatte Nazi-Deutschland im Frühjahr 1933 verlassen und war mit ihren beiden Kindern in die Schweiz emigriert. Die gerade mal 29-jährige Autorin aus jüdischer Familie hatte sich schnell einen Namen als Kultur-Journalistin und Reporterin erworben und als Verfasserin eines biografischen Romans über die französische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin George Sand.
Wolffs drittes Buch "Die Welt ist blau" entstand bereits im Exil in der Schweiz und wurde im selben Jahr (1933) als Fortsetzungsroman in der Neuen Zürcher Zeitung abgedruckt. Bis 1939 durfte Wolff mit ihren beiden Kindern in der Schweiz bleiben - für sie eine künstlerisch sehr produktive Zeit. Nach ihrer Ausweisung floh Wolff über Frankreich in die USA, wo sie ihren Durchbruch als Drehbuchautorin mit dem Roman "Das weiße Abendkleid" erlebte.
Der Aviva-Verlag hatte mit der Wiederentdeckung und Neuveröffentlichung dieses Werks einen enormen Erfolg (befördert durch die Fernsehsendung "Lesen!" mit Elke Heidenreich) - und möchte daran mit einem weiteren Buch aus der Feder Wolffs anknüpfen.
"Die Welt ist blau" stellt die junge Ursula Eisenlohr ins Zentrum, die ganz dem Typus der emanzipierten, intelligenten und eigenwilligen Frau der 20er Jahre entspricht. Wolff schildert sie psychologisch genau und aus der Innnensicht der Protagonistin, was sich im leichtfüßigen, munter bewegten und charmanten Erzählton des Buches widerspiegelt.
Ursula ist Anfang 20 und bereits studierte Agrarwissenschaftlerin. Sie begibt sich mit dem Rechtsanwalt Peter Mack nicht zuletzt deshalb auf die Sommerreise nach Ascona, um herauszufinden, ob er wirklich "der Richtige" ist. Das Temperament der beiden könnte nicht unterschiedlicher sein: Ursula ist impulsiv, offen, neugierig auf die Welt. Peter ist eher ein scheuer Mensch, der neuen Bekanntschaften gegenüber skeptisch bleibt.
So erweckt es seinen größten Argwohn, als Ursula sich mit dem Zauberer Hubert von Reuchlin anfreundet und für dessen magische Tricks sogar zweimal als Assistentin auf der Hotelbühne firmiert - für eine unverheiratete Frau in den 30er Jahren ist das schon unerhört. Peter erteilt seiner Freundin eine Lektion, die das Vertrauensverhältnis der beiden schwer belastet.
Sie vereinbaren am Ende einen "Beziehungsvertrag", in dem die zentralen Punkte Offenheit, Respekt und Menschlichkeit sind. Und Ursula besteht auf einem letzten Punkt, der dem Roman seinen Titel gegeben hat: "Also ich fordere, dass die Welt blau ist, auch wenn sie grau scheint, muss sie blau bleiben."
Dies ist nicht als Blauäugigkeit der Protagonistin zu verstehen, sondern - ähnlich wie die humanistischen Punkte des "Vertrags" - als Appell: Trotz der finsteren Zeiten, die in Deutschland angebrochen sind, sollte jeder seinen Teil zu einer menschlichen Welt beitragen.
Rezensiert von Olga Hochweis
Victoria Wolff: Die Welt ist blau, Ein Sommer-Roman aus Ascona
Herausgegeben von Anke Heimberg
Aviva Verlag Berlin, 2008
180 Seiten, 18 Euro