Eine Frage der Meinungsmacht

Von Michael Meyer |
Ob der Springer-Verlag die Mehrheit der Anteile am Pro7Sat1-Konzern übernehmen darf, darüber entscheidet nicht nur das Bundeskartellamt, das die Marktmacht bewertet und bereits Bedenken angemeldet hat. Ebenfalls mitzuentscheiden hat die KEK, das Kontrollgremium der Landesmedienanstalten, das darauf achtet, dass der Verlag nicht zuviel Meinungsmacht auf sich vereint.
Es war abzusehen, dass der Einstieg von Springer bei Pro7Sat1 nicht einfach werden würde, denn: Der Springer-Verlag ist laut Meinung der "Kommission zur Ermittlung des Konzentration im Medienbereich", kurz KEK, bereits heute auf zu vielen Medienmärkten engagiert. Im Unterschied zum Bundeskartellamt in Bonn bewertet die KEK nur die Meinungsmacht, nicht die Marktmacht eines Unternehmens.

Auf Grundlage eines vom Gesetzgeber entwickelten Zuschauermodells stellt das Gremium vorherrschende Meinungsmacht im Fernsehen fest. Und das funktioniert so: Überschreitet ein Konzern mit all seinen Programmen einen Marktanteil von 25 Prozent oder steht kurz davor, muss die KEK prüfen, in wie weit vorherrschende Meinungsmacht vorliegt und gegebenenfalls den Verkauf eines Senders verordnen.

Dieser Fall ist in den vergangenen Jahren noch kein einziges Mal vorgekommen, und auch bei Pro7Sat1 liegt der Quotenanteil der Sender Sat1, Pro7, Kabel1, N24 und Neun Live mit rund 22 Prozent noch unter der kritischen Marke. Allerdings rechnet die KEK auch die so genannten medienrelevanten Märkte dazu wie etwa Zeitungen und Zeitschriften. Wie es aus dem Umfeld der Kommission hieß, störe sich das Gremium vor allem an der Meinungsmacht der "Bild"-Zeitung, mit der zusammen man auf rund 30 Prozent Marktanteil für Springer/Pro7Sat1 komme. Diese Rechnung ist aber äußerst umstritten.

Für die KEK, die in ihrer kurzen Geschichte kein einziges Mal eine Sanktion verhängen musste, ist der Fall äußerst bedeutsam: Ein negatives Votum der KEK könnte nur noch durch einen Beschluss aller 15 Landesmedienanstalten revidiert werden – was zum jetzigen Zeitpunkt nicht sehr realistisch ist.

Um die Bedenken der KEK zu zerstreuen hat der Springer-Verlag einen Gegenvorschlag unterbreitet, der heute bei der KEK in Potsdam diskutiert wurde: Bei Pro7Sat1 soll es künftig eine Art Programmbeirat geben, der mit sieben unabhängigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens besetzt werden soll – dieses Modell wäre ein absolutes Novum im bundesdeutschen Privatfernsehen.

Dieser Programmbeirat soll die Trennung von Programm und Werbung überwachen und soll auch bei der Besetzung des Chefredakteurspostens beim Nachrichtensender N24 ein Veto-Recht haben. Ob dieser ungewöhnliche Vorschlag die Bedenken der KEK ausräumen wird, darf aber bezweifelt werden.

Das Gespräch zum Thema mit Florian Felix Weyh können Sie bis zu acht Wochen nach der Sendung in unserem Audio-On-Demand-Player hören.