Eine Designgeschichte des Wohnmobils
Wohnwagen und Camping-Ausrüstung – wer diese Urlaubsvorstellung mit miefigem Spießbürgertum verbindet, liegt daneben. Denn "Caravaning" ist inzwischen auch bei vielen jungen Leuten beliebt. Ein Designer und eine Film-Stylistin haben jetzt in einem Buch 40 trendige Wohnwagen-Kästen in Bild und Wort versammelt.
Neben dem silbern glänzenden Airstream sieht die mintgrüne Constance aus wie aus einer anderen Welt. Während der Caravan mit seinem windschnittigen Design und der funkelnden Aluminiumoberfläche die reine Coolness verströmt, kommt der Wohnwagen aus den 50er-Jahren etwas hausbacken daher mit seinen Linoleum- und Vinylelementen, den Häkeldeckchen und Blümchenvorhängen. Doch so unterschiedlich die beiden Gefährte auch sind – eines haben sie gemeinsam: sie sind absolute Hingucker und Stilikonen ihrer Zeit. So wie auch der VW-Bulli, der Monza 1000, der Cheltenham Springbok, der Carlight Continental oder der Citroën Typ H, um nur einige der insgesamt 40 rollenden Kultobjekte zu nennen, die Jane Field-Lewis und Chris Haddon in ihrem außergewöhnlich schön fotografierten Bildband würdigen.
Die Stylistin und der Designexperte, selbst leidenschaftliche Caravan-Fans, unterteilen ihren Streifzug durch die Designgeschichte des Wohnmobils in die Kapitel "New Retro", "Landhaus-Stil", "Old Retro", "Das einfache Leben", "Schätze aus dem Trailerpark", "Britische Klassiker", "Organische Formen", "Silver Bullets" und "Recycelt". Ihre Porträts gelten sowohl den einzelnen Gefährten wie auch ihren zum Teil extravaganten Besitzern samt deren Leidenschaft für ausgefallene Interieurs und eigenwillige Nutzungen.
Da wäre etwa das schon erwähnte "New-Retro"-Mobil Constance, das versteckt unter Bäumen in einem Garten steht. Seine Besitzer hatten es zufällig im Internet entdeckt bei ihrer Suche nach einem Kinderspielhaus. Nach der liebevollen Restaurierung erfüllt Constance diese Funktion perfekt und steht zudem allen Familienmitgliedern als Fluchtburg offen. Ganz anders präsentiert sich der Freeman Caravan, der als Vertreter des Landhaus-Stils ausgewählt wurde. Seine gerundeten Außenwände aus Fiberglas waren eine echte Designinnovation. Nachdem er der Schriftstellerin Pearl Lowe als Schlupfwinkel und Boudoir gedient hatte, steht er nun an der Atlantikküste. Sein Inneres mit Blümchentapeten und mächtigem Kristalllüster durfte er behalten, sein neuer Besitzer wollte nichts verändern. Dagegen gestaltete die Eignerin des Citroën H Transporters ihr Gefährt vollkommen um. Das musste sie auch, denn es war früher als Leichenwagen in Paris unterwegs. Nun kommt der Citroën als Fluchtmobil aus dem hektischen London zum Einsatz, Berge von Troddeln und Plüsch machen seine ursprüngliche Funktion vergessen.
Es sind feinsinnige Texte, die Jane Field-Lewis und Chris Haddon, ihren Originalen – Menschen wie Mobilen – widmen. Sie zeigen Sympathie für jede Schrulligkeit und Begeisterung für die Raffinesse der Interieurs. So ist ihnen neben einem faszinierenden Stück Zeit- und Designgeschichte nebenbei auch eine feine, kleine Stilkunde der Accessoires gelungen – von der Blümchentapete über das Melamingeschirr bis hin zum Flokati. Nicht zuletzt dank der großartigen Fotografin Hilary Walker, die mit feinem Gespür und dem Blick fürs Detail die nostalgischen Gefährte in Szene setzt, ist "Mein wunderbarer Wohnwagen" nicht nur ein amüsantes Lesebuch, sondern auch ein hinreißendes Bilderbuch geworden.
Besprochen von Eva Hepper
Jane Field-Lewis/Chris Haddon: Mein wunderbarer Wohnwagen
Mit Fotografien von Hilary Walker, übersetzt von Heinz Tophinke
Knesebeck Verlag 2011
166 Seiten, 19,95 Euro
Die Stylistin und der Designexperte, selbst leidenschaftliche Caravan-Fans, unterteilen ihren Streifzug durch die Designgeschichte des Wohnmobils in die Kapitel "New Retro", "Landhaus-Stil", "Old Retro", "Das einfache Leben", "Schätze aus dem Trailerpark", "Britische Klassiker", "Organische Formen", "Silver Bullets" und "Recycelt". Ihre Porträts gelten sowohl den einzelnen Gefährten wie auch ihren zum Teil extravaganten Besitzern samt deren Leidenschaft für ausgefallene Interieurs und eigenwillige Nutzungen.
Da wäre etwa das schon erwähnte "New-Retro"-Mobil Constance, das versteckt unter Bäumen in einem Garten steht. Seine Besitzer hatten es zufällig im Internet entdeckt bei ihrer Suche nach einem Kinderspielhaus. Nach der liebevollen Restaurierung erfüllt Constance diese Funktion perfekt und steht zudem allen Familienmitgliedern als Fluchtburg offen. Ganz anders präsentiert sich der Freeman Caravan, der als Vertreter des Landhaus-Stils ausgewählt wurde. Seine gerundeten Außenwände aus Fiberglas waren eine echte Designinnovation. Nachdem er der Schriftstellerin Pearl Lowe als Schlupfwinkel und Boudoir gedient hatte, steht er nun an der Atlantikküste. Sein Inneres mit Blümchentapeten und mächtigem Kristalllüster durfte er behalten, sein neuer Besitzer wollte nichts verändern. Dagegen gestaltete die Eignerin des Citroën H Transporters ihr Gefährt vollkommen um. Das musste sie auch, denn es war früher als Leichenwagen in Paris unterwegs. Nun kommt der Citroën als Fluchtmobil aus dem hektischen London zum Einsatz, Berge von Troddeln und Plüsch machen seine ursprüngliche Funktion vergessen.
Es sind feinsinnige Texte, die Jane Field-Lewis und Chris Haddon, ihren Originalen – Menschen wie Mobilen – widmen. Sie zeigen Sympathie für jede Schrulligkeit und Begeisterung für die Raffinesse der Interieurs. So ist ihnen neben einem faszinierenden Stück Zeit- und Designgeschichte nebenbei auch eine feine, kleine Stilkunde der Accessoires gelungen – von der Blümchentapete über das Melamingeschirr bis hin zum Flokati. Nicht zuletzt dank der großartigen Fotografin Hilary Walker, die mit feinem Gespür und dem Blick fürs Detail die nostalgischen Gefährte in Szene setzt, ist "Mein wunderbarer Wohnwagen" nicht nur ein amüsantes Lesebuch, sondern auch ein hinreißendes Bilderbuch geworden.
Besprochen von Eva Hepper
Jane Field-Lewis/Chris Haddon: Mein wunderbarer Wohnwagen
Mit Fotografien von Hilary Walker, übersetzt von Heinz Tophinke
Knesebeck Verlag 2011
166 Seiten, 19,95 Euro