Eine "bodenlose Frechheit"

17.01.2006
In der Diskussion um einen Brief der Buchhandelskette Thalia an 100 große und mittelgroße Verlage hat sich der Börsenverein des Deutschen Buchhandels für eine "Prüfung" dieses Vorgehens ausgesprochen. Auf einer außerordentlichen Vorstandssitzung wurde darüber beraten, wie man dieses "besonders aggressive Marktverhalten" bewerten solle, teilte Gottfried Honnefelder, der Vorsteher des Börsenvereins, am Dienstag im Deutschlandradio Kultur mit.
Die beabsichtigte Prüfung werde sich insbesondere mit den Wettbewerbsregeln des Verbandes und der geltenden Buchpreisbindung befassen, betonte Honnefelder. Thalia hatte in dem Schreiben eine Kostenbeteiligung der Verlage für Umbauten und Neueröffnungen von Filialen gefordert. In einer ersten Reaktion hatte Honnefelder, auch Verleger des DuMont Literatur- und Kunstverlags, den Brief als eine "bodenlose Frechheit" bezeichnet.

Zur Begründung seiner Kritik sagte er: "Verlage können in ihrer Produktionsabsicht nicht hingehen und die Marge, die über Jahre und Jahrzehnte relativ eindeutig dem Handel überlassen worden ist, so einseitig ändern. Das nimmt den Verlegern die Kalkulationsgrundlage für sich selbst fort." Auf der Konferenz der Publikumsverlage letzte Woche in München sei man sich darüber einig gewesen, dass die Forderung von Thalia "über die Grenze des Ertragbaren" hinausgehe, äußerte Honnefelder.

Der Vorsteher des Börsenvereins ging auch auf die Argumentation von Michael Busch, einem der Geschäftsführer der Thalia Holding ein. Er hatte den Vorstoß seines Unternehmens für eine engere Zusammenarbeit zwischen Verlagen und Buchhandel unter anderem damit begründet, dass man sich stärker gegen andere Mitbewerber wie das Internet oder Discounter durchsetzen müsse.

Diese Argumentation treffe das Thema nicht, kritisierte Honnefelder. Wenn die Thalia-Kette mit ihrer Marktführerschaft innerhalb des Sortimentsbuchhandels ihre Rolle beibehalten wolle, dann müsse sie weiterhin einige Grundregeln des Buchhandels anerkennen, forderte er: "Sie muss sich für Vielfalt und nicht für Monokultur aussprechen." Ebenso müsse Thalia Bücher fördern, die es am Markt nicht so leicht hätten. "Dafür haben wir die Buchpreisbindung bekommen, dafür muss sich eine Buchhandlung einsetzen", meinte der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
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