Eine Amour fou in Jerusalem

Von Hannelore Heider · 07.11.2007
Der Bestseller "Liebesleben" der israelischen Autorin Zeruya Shalev, in der sich eine junge Frau in einen älteren Mann verliebt, diente als Vorlage für das Regiedebüt von Maria Schrader. In "Mein Kind vom Mars" adoptiert ein Mann einen Jungen, der schon im Waisenhaus nur in einem Pappkarton lebte, weil die Sonne einem Marsianer wie ihm schaden könnte.
"Liebesleben"
Deutschland 2007, Regie: Maria Schrader, Hauptdarsteller: Netta Garti, Rade Sherbedgia, ab zwölf Jahren

Die Schauspielerin Maria Schrader verfilmt in ihrem Debüt als Regisseurin den Bestseller-Roman der israelischen Autorin Zeruya Shalev, und zwar an den Spielorten des Romans in Jerusalem und mit internationaler Besetzung. Diese Kühnheit des Unterfangens hat sich in einem ganz eigenen, kraftvollen Ausdruck des Filmes niedergeschlagen.

Nie ist die Verfilmung nur Nacherzählung der literarischen Vorlage. Die Atmosphäre einer auf Hochspannung lebenden Stadt ist wie das hochgespannte Liebesverhältnis in expressiven Bildern eingefangen. Denn der Kern der Geschichte ist eine Amour fou, eine unmögliche, ja verbotene Liebe, die ihren Anfang, ihr Geheimnis und ihre Auflösung in Familienbanden hat, die in Israel traditionell eine größere Rolle spielen als bei uns.

Die Tochter Jara verliebt sich in den Jugendfreund ihres Vaters. Schon die Ankündigung seines Besuches löst bei ihren Eltern fiebrige Anspannung aus. Für die junge Frau wird die Begegnung mit diesem immer noch attraktiven, alten Mann, der seine Resignation und seinen Zynismus kaum verhüllt, zu einem Schockerlebnis, einer Obsession, die ihr auch den (längst ersehnten) Ausbruch aus ihrem behüteten Dasein ermöglicht. Wie auf der anderen Seite, wenn auch völlig ungewollt, diese besondere junge Frau eine Art Lebenselixier für den Mann wird.

Es ist die alte Geschichte und doch erzählt sie Maria Schrader mit den für unsere Augen zum Glück fremden und damit auch fremdartig-aufreizenden Schauspielern neu. Es ist die besondere Atmosphäre der besonderen Stadt Jerusalem, wo man jeden Tag um sein Leben fürchten muss, wo in jeder Familie tragische Familiengeschichten lauern, die der unmöglichen Lovestory zwischen einer viel zu jungen Frau und einem viel zu alten Mann zusätzliche Spannung gibt. Die Regisseurin versinnbildlicht das durch extreme Kameraeinstellungen oder das Verwischen von Realitäts- und Traumebenen. Der Film wirkt sinnlich, wirklich erotisch, die Schauspieler-Regisseurin lässt ihren Darstellern wirklich allen Raum.

<im_41299>"Mein Kind vom Mars" (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_41299>"Mein Kind vom Mars"
USA 2007, Regie: Menno Meyjes, Hauptdarsteller: John Cusack, Bobby Coleman, Oliver Platt, Joan Cusack, ab 6 Jahren

Sowohl die exzellente Besetzung als auch der ungewöhnliche Titel machen neugierig: Da adoptiert ein einsamer Mann einen kleinen Jungen, der schon im Waisenhaus nur in einem Pappkarton lebte, weil die Sonne einem Marsianer Schaden zufügen kann. Eigentlich den ganzen Film hindurch bleibt es dabei – Dennis ist vom Mars und sein Adoptivvater David und alle seine Freunde müssen darauf Rücksicht nehmen.

Dass es sich hier nur um einen extremen Ausdruck der Verstörung, einen extremen Schutzpanzer für eine gequälte kindliche Seele handeln kann, setzt der Zuschauer eigentlich voraus und freut sich, dass ein Film sich dem in so eigener Weise zuwendet.

Was allerdings zunehmend irritiert, ist die Tatsache, dass sich der Film dann zunehmend der "Erziehung" des großen David und nicht des kleinen Dennis widmet. Die hochinspirierte, hochsensible Inszenierung eines bestenfalls skurrilen Zustandes gibt dem Ganzen etwas Verstiegenes, künstlich Verdrehtes, das einfach immer langweiliger wird. Viel Aufwand, die tollsten Darsteller, besonders Joan Cusack als (nun auch mal im Film) Schwester von John Cusack, die Einzige mit wirklicher und damit ziemlich desillusionierender Erfahrung in Kindererziehung.

Dass aus dem schwulen Singlevater der literarischen Vorlage (Shortstory von David Gerrold) im Film ein ehrenvoll trauernder Witwer wurde, ist ein zusätzliches Indiz für die Unentschiedenheit von Buch und Regie, die ständig zwischen Psychodrama und Mysterythriller schwankt.

"Die drei ??? - das Geheimnis der Geisterinsel"
Deutschland 2007, Regie: Florian Baxmeyer, Hauptdarsteller:
Chancellor Miller, Nick Price, ab sechs Jahren

Neues Abenteuer der drei jugendlichen Dedektive. In Südafrika wollten Justus, Peter und Bob auf Einladung von Peters Vater Ferien machen. Doch daraus wird nichts: Sie müssen einen schwarzen Häuptling aus dem Gefängnis befreien und den Bau eines Vergnügungsparks auf der Insel verhindern, die schon immer und in der Zukunft den Geistern der Verstorbenen gehören soll. Aufwendig inszeniert, schlecht synchronisiert, für die etwas größeren kleinen Kinozuschauer.