Eine ägyptische Bloggerin
Das Internet spielt in Ägyptens Hauptstadt Kairo eine große soziale Rolle. Wer in ihrer Generation nicht in einem sozialen Netzwerk online ist, der existiert quasi nicht, sagt die 32-jährige Rehab Bassam. Die Lektorin für Kinderbücher begann vor sechs Jahren zu bloggen. Zurzeit schreibt sie an ihrem ersten Roman.
Klar mag sie die Musik von Oum Kalthoum, sagt Rehab Bassam. Wer in Kairo liebt sie nicht, die ägyptische Sängerin, die Maria Callas der arabischen Welt. In dieser Hinsicht ist Rehab Bassam eine typische Ägypterin. Wie für unverheiratete junge Frauen üblich lebt sie noch zu Hause, bei ihren Eltern. Ihren Blog "hadouta.blogspot.com" verfasste Rehab aber zunächst in englischer Sprache.
Sie studiert damals in Kairo Anglistik und liest hauptsächlich englischsprachige Bücher. Sämtliche Romane von Margaret Atwood habe sie verschlungen und sogar manchmal auf Englisch gedacht, erzählt die kleine und runde Rehab, ihr breites Grinsen kräuselt die Stupsnase im weichen Gesicht, die dunklen Augen lachen mit. Dann wechselt sie eines Tages plötzlich die Sprache.
Bassam: "Meine erste Geschichte auf Arabisch kam im Traum zu mir. Ich wachte auf mit dieser Stimme in meinem Kopf, die sie erzählte. Ich war richtig erschrocken: Auf Arabisch schreiben? Aber es war, als ob sich plötzlich ein Schleier vor meinen Augen gelichtet hätte und ich klar sehen könnte. Es hat sich einfach richtig angefühlt."
Rehab wendet sich damit mehr ihrer eigenen Kultur zu: Früher las sie nur seichte arabische Liebesromane, nun hat sie sich die Lektüre der Klassiker verordnet. Zurzeit ist Nagib Machfus dran, Nobelpreisträger und "Vater des ägyptischen Romans".
Bassam: "Ich liebe die Art, wie er Frauen porträtiert: Sie sind alle sehr starke, selbstsichere Charaktere. Ob sie nun Prostituierte sind oder Professorinnen. Die Männer sind immer zögerlich, unsicher, deprimiert und haben Existenzängste. Aber die Frauen sind sehr stark und handeln einfach."
In ihrem Blog stellt Rehab Bassam Kurzgeschichten über den Alltag einer jungen Frau aus der Mittelschicht in Kairo online. Manche sind fiktional, andere schildern tatsächliche Erlebnisse. Sie schreibt in der Ich-Form, aber nicht alle Geschichten handeln tatsächlich von ihr persönlich. Ihr Stil ist einfach, geradeheraus und witzig. "Ich schreibe wie ich spreche", sagt Rehab. Ihre Storys entwickelt sie auf dem Weg zur Arbeit im Kopf, setzt sich dann spontan zu Hause hin und schreibt sie runter.
Verblüfft stellt sie fest, dass ihr Blog viele Leser findet, mehr weibliche, aber auch männliche, in Ägypten und vielen arabischen Ländern, in den arabischen Communities in den USA und Kanada. 2008 wird sie in ihrer Heimat regelrecht berühmt, als eine Sammlung ihrer Blog-Geschichten unter dem Titel "Milchreis für zwei" als Buch herauskommt.
Rehab Bassam: "Ich wollte immer schreiben. Wenn mich jemand gefragt hat, was ich später machen will, habe ich gesagt: 'Ein Buch schreiben und alle deine Geheimnisse aufdecken'. Ich hätte nur nie gedacht, dass es mit einem Blog anfängt. Bis heute kann ich kaum glauben, dass ich wirklich ein Buch veröffentlicht habe und dass es ein Bestseller ist und ich viele Leser habe und all diese Dinge. Aber ja: Ich wollte schon immer schreiben."
Ihren Blog betrachtet der Bücherwurm Rehab als persönliche Schreibwerkstatt. Wem ihre Geschichten nicht gefallen, der kann ja von ihrer Seite wegbleiben. Anders als die meisten ihrer Mit-Blogger hat sie kein politisches Anliegen.
Bassam: "An die 90 Prozent der ägyptischen Blogs beschäftigen sich mit politischen oder sozialen Themen. Verstöße gegen die Menschenrechte sind nicht mehr so einfach zu vertuschen, wenn es Fotos oder Videos als Beweise im Internet gibt. Das hat die klassischen Medien sehr unter Zugzwang gesetzt. Zumindest in Kairo, denn auf dem Lande haben viele Menschen nach wie vor keinen Computer und wissen gar nicht, dass es so etwas wie Blogs überhaupt gibt."
Und warum ist ihr so erfolgreicher Blog unpolitisch und kreist um Anekdoten aus dem Alltag zu Hause mit Eltern, Bruder und Kater? Um den Tod einer geliebten Tante, um Abende mit Freunden? Na ja, meint Rehab, sie habe nicht wirklich politische Ideen, die sie mit anderen Menschen teilen könne.
Rehab wuchs behütet auf: Ihr Vater ist praktischerweise Computeringenieur, Fachmann für Netzwerksicherheit, der Bruder Grafikdesigner. Ihre Mutter lehrt als Psychologieprofessorin an der Uni. In den Semesterferien nahm sie die Kinder viel mit in Ausstellungen und Konzerte.
Bassam: "Wir haben uns nicht immer gut verstanden. Aber als wir beide älter wurden und nachdem ich meinen Blog begonnen hatte und mein Buch herauskam, seitdem ist sie überzeugt, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Sie wollte immer, dass ich etwas aus mir mache, dass ich etwas Substanzielles tue, nicht nur irgendeinem Job nachgehe. Nun ist sie zufrieden und hat sich entspannt."
Zumal Rehab in diesem Jahr endlich heiraten wird. Ihre Familie wurde schon ungeduldig, Tanten und Onkel machten Druck, als sie 30 wurde und immer noch kein Bräutigam in Sicht war.
Bassam: "Die haben Hurra geschrien! Wir leben schließlich in Ägypten!"
Ihren Verlobten kennt sie aus dem Internet, erst waren sie gute Freunde, dann wurden sie ein Paar. Er ist auch ein Blogger und unterstützt sie beim Schreiben ihres ersten Romans.
Bassam: "Wenn ich mal ein Tief habe und aufgeben will, sagt er immer nein, nein, du bist meine Lieblingsautorin, du musst schreiben!"
Aber ihr neues literarisches Projekt ist viel schwieriger, als mal eben einen Blog-Eintrag in die Tastatur zu hämmern, musste Rehab feststellen. Für ihr zweites Buch braucht sie Disziplin. Essen gehen mit Freunden, Kinobesuche und Konzerte müssen warten. Inhalt oder Hauptfigur will sie nicht verraten, abwehrend schüttelt sie den Kopf, dass die langen Haare fliegen: Das würde Unglück bringen.
Bassam: "Was ich beim Schreiben dieses Romans wirklich genieße, ist der kreative Prozess an sich: wie man etwas von einem Menschen, den man kennt, übernimmt und völlig verändert. Ich denke, dass die sich auch nicht wiedererkennen werden. Ich beobachte die Menschen gerne und denke mir Geschichten für sie aus. Das macht mir wirklich viel Freude."
Sie studiert damals in Kairo Anglistik und liest hauptsächlich englischsprachige Bücher. Sämtliche Romane von Margaret Atwood habe sie verschlungen und sogar manchmal auf Englisch gedacht, erzählt die kleine und runde Rehab, ihr breites Grinsen kräuselt die Stupsnase im weichen Gesicht, die dunklen Augen lachen mit. Dann wechselt sie eines Tages plötzlich die Sprache.
Bassam: "Meine erste Geschichte auf Arabisch kam im Traum zu mir. Ich wachte auf mit dieser Stimme in meinem Kopf, die sie erzählte. Ich war richtig erschrocken: Auf Arabisch schreiben? Aber es war, als ob sich plötzlich ein Schleier vor meinen Augen gelichtet hätte und ich klar sehen könnte. Es hat sich einfach richtig angefühlt."
Rehab wendet sich damit mehr ihrer eigenen Kultur zu: Früher las sie nur seichte arabische Liebesromane, nun hat sie sich die Lektüre der Klassiker verordnet. Zurzeit ist Nagib Machfus dran, Nobelpreisträger und "Vater des ägyptischen Romans".
Bassam: "Ich liebe die Art, wie er Frauen porträtiert: Sie sind alle sehr starke, selbstsichere Charaktere. Ob sie nun Prostituierte sind oder Professorinnen. Die Männer sind immer zögerlich, unsicher, deprimiert und haben Existenzängste. Aber die Frauen sind sehr stark und handeln einfach."
In ihrem Blog stellt Rehab Bassam Kurzgeschichten über den Alltag einer jungen Frau aus der Mittelschicht in Kairo online. Manche sind fiktional, andere schildern tatsächliche Erlebnisse. Sie schreibt in der Ich-Form, aber nicht alle Geschichten handeln tatsächlich von ihr persönlich. Ihr Stil ist einfach, geradeheraus und witzig. "Ich schreibe wie ich spreche", sagt Rehab. Ihre Storys entwickelt sie auf dem Weg zur Arbeit im Kopf, setzt sich dann spontan zu Hause hin und schreibt sie runter.
Verblüfft stellt sie fest, dass ihr Blog viele Leser findet, mehr weibliche, aber auch männliche, in Ägypten und vielen arabischen Ländern, in den arabischen Communities in den USA und Kanada. 2008 wird sie in ihrer Heimat regelrecht berühmt, als eine Sammlung ihrer Blog-Geschichten unter dem Titel "Milchreis für zwei" als Buch herauskommt.
Rehab Bassam: "Ich wollte immer schreiben. Wenn mich jemand gefragt hat, was ich später machen will, habe ich gesagt: 'Ein Buch schreiben und alle deine Geheimnisse aufdecken'. Ich hätte nur nie gedacht, dass es mit einem Blog anfängt. Bis heute kann ich kaum glauben, dass ich wirklich ein Buch veröffentlicht habe und dass es ein Bestseller ist und ich viele Leser habe und all diese Dinge. Aber ja: Ich wollte schon immer schreiben."
Ihren Blog betrachtet der Bücherwurm Rehab als persönliche Schreibwerkstatt. Wem ihre Geschichten nicht gefallen, der kann ja von ihrer Seite wegbleiben. Anders als die meisten ihrer Mit-Blogger hat sie kein politisches Anliegen.
Bassam: "An die 90 Prozent der ägyptischen Blogs beschäftigen sich mit politischen oder sozialen Themen. Verstöße gegen die Menschenrechte sind nicht mehr so einfach zu vertuschen, wenn es Fotos oder Videos als Beweise im Internet gibt. Das hat die klassischen Medien sehr unter Zugzwang gesetzt. Zumindest in Kairo, denn auf dem Lande haben viele Menschen nach wie vor keinen Computer und wissen gar nicht, dass es so etwas wie Blogs überhaupt gibt."
Und warum ist ihr so erfolgreicher Blog unpolitisch und kreist um Anekdoten aus dem Alltag zu Hause mit Eltern, Bruder und Kater? Um den Tod einer geliebten Tante, um Abende mit Freunden? Na ja, meint Rehab, sie habe nicht wirklich politische Ideen, die sie mit anderen Menschen teilen könne.
Rehab wuchs behütet auf: Ihr Vater ist praktischerweise Computeringenieur, Fachmann für Netzwerksicherheit, der Bruder Grafikdesigner. Ihre Mutter lehrt als Psychologieprofessorin an der Uni. In den Semesterferien nahm sie die Kinder viel mit in Ausstellungen und Konzerte.
Bassam: "Wir haben uns nicht immer gut verstanden. Aber als wir beide älter wurden und nachdem ich meinen Blog begonnen hatte und mein Buch herauskam, seitdem ist sie überzeugt, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Sie wollte immer, dass ich etwas aus mir mache, dass ich etwas Substanzielles tue, nicht nur irgendeinem Job nachgehe. Nun ist sie zufrieden und hat sich entspannt."
Zumal Rehab in diesem Jahr endlich heiraten wird. Ihre Familie wurde schon ungeduldig, Tanten und Onkel machten Druck, als sie 30 wurde und immer noch kein Bräutigam in Sicht war.
Bassam: "Die haben Hurra geschrien! Wir leben schließlich in Ägypten!"
Ihren Verlobten kennt sie aus dem Internet, erst waren sie gute Freunde, dann wurden sie ein Paar. Er ist auch ein Blogger und unterstützt sie beim Schreiben ihres ersten Romans.
Bassam: "Wenn ich mal ein Tief habe und aufgeben will, sagt er immer nein, nein, du bist meine Lieblingsautorin, du musst schreiben!"
Aber ihr neues literarisches Projekt ist viel schwieriger, als mal eben einen Blog-Eintrag in die Tastatur zu hämmern, musste Rehab feststellen. Für ihr zweites Buch braucht sie Disziplin. Essen gehen mit Freunden, Kinobesuche und Konzerte müssen warten. Inhalt oder Hauptfigur will sie nicht verraten, abwehrend schüttelt sie den Kopf, dass die langen Haare fliegen: Das würde Unglück bringen.
Bassam: "Was ich beim Schreiben dieses Romans wirklich genieße, ist der kreative Prozess an sich: wie man etwas von einem Menschen, den man kennt, übernimmt und völlig verändert. Ich denke, dass die sich auch nicht wiedererkennen werden. Ich beobachte die Menschen gerne und denke mir Geschichten für sie aus. Das macht mir wirklich viel Freude."