Eindrücke von der 13. Havanna-Biennale

Die Kunst ist in der Stadt überall

04:25 Minuten
Der Kurator Nelson Herrera Ysla und die Künstlerin Alexia Miranda stehen vor ihrem Kunstwerk "Tejido collectivo".
Auf der Biennale in Havanna stellt die Künstlerin Alexia Miranda ihr Kunstwerk aus, das aus Mullbinden besteht. Neben ihr der Kurator Nelson Herrera Ysla. © Werner Bloch
Von Werner Bloch  · 18.04.2019
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Auf der Biennale in Havanna widmen sich viele Kunstwerke politischen Themen. Der Journalist Werner Bloch hat sich einen Eindruck verschafft und mit kubanischen Künstlern gesprochen. Beeindruckt haben ihn auch die vielen Frauenbands auf der Straße.
Wenn es irgendetwas gibt, was richtig rund läuft auf Kuba, dann ist es die Musik. An jeder Ecke in der Altstadt singen und spielen Musikgruppen, darunter auch immer mehr reine Frauenbands. Einige dieser Gruppen werden vom Staat gefördert. Die Musiker bekommen ein Grundgehalt, die Trinkgelder, meist von Touristen, gibt es dann obendrauf. Ein Arzt in Kuba verdient im Monat umgerechnet 30 US-Dollar. Da kann ein Musiker auf das Vielfache kommen.

Poppiges Bild von Kuba mit Schlüsseln

Und die Künstler? Denen gehe es besser als den meisten ihrer Kollegen in Europa, meint der Schweizer Kuba-Spezialist Johann Burkhard, der in seiner Galerie Artemorfosis rein kubanische Kunst zeigt: Werke, die oft auch eine politische Bedeutung transportieren. Zum Beispiel der Maler Onay Rosquet, 32 Jahre alt. Sein buntes, poppiges Bild der Landkarte von Kuba ist übersät mit Schlüsseln aller Art, gelbe, rote, blaue Haustür- und Wohnungsschlüssel. Der Künstler stellt die Frage nach der Öffnung Kubas. Aber welche Öffnung?"
"Ich habe dieses Werk 'Stampede' genannt, das bedeutet die panische Flucht einer Rinderherde, ein alles überwältigender Ansturm", sagt Rosquet. "Die Idee kam mir, als Obama 2016 Kuba besuchte und unserem Land, wie er sagte, die Hand ausstreckte. Aber was passiert, wenn amerikanische Investoren nach Kuba strömen oder wenn etwa Exil-Kubaner aus Miami unsere Bevölkerung aus ihren Wohnungen drängen, indem sie alles aufkaufen?"
Straße in der kubanischen Hauptstadt Havanna.
Die Ausstellungsorte sind in der malerischen kubanischen Hauptstadt Havanna verteilt. © Unsplash/Eva Blue
Sollten die Amerikaner tatsächlich kommen, mit ihrer Armee, wie US-Präsident Donald Trump schon angedroht hat, würden sie in Kuba auf massiven Widerstand stoßen. Zwar gibt es im Moment eine Wirtschaftskrise, die sich noch verschärfen könnte, falls die Öllieferungen aus Venezuela ausfallen. Zurzeit gibt es nicht einmal Eier und wenig Mehl, so dass tagelang kein Brot gebacken werden kann. Doch der Stolz und das Selbstbewusstsein der Kubaner, auch wenn nicht alle auf Parteilinie liegen, werden sich nicht so schnell mit US-Dollars kaufen lassen.
Kunst sieht man auf dieser Biennale überall. In der Altstadt von Havanna, in den ehemaligen Palästen der spanischen Eroberer, im Kolonialmuseum, auf den Plätzen, entlang des Malecón, der berühmten Uferstraße, und sogar im ersten Luxushotels Havannas, dem Kempinski.

Kunst will Wunden heilen

Gleich neben der Kathedrale hat die Biennale ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Im Innenhof zeigt die Künstlerin Alexia Miranda meterhohe weiße Skulpturen, die von der Decke schweben. Was man auf den ersten Blick nicht sieht: Diese Skulpturen bestehen aus Mullbinden. "Tejido colectivo" (Kollektives Gewebe) nennt das die Künstlerin. Gruppen von Freiwilligen, meist junge Menschen, knüpfen diese große Installationen gemeinsam und machen sie auch zu einem sozialen Akt.
Die Künstlerin Alexia Miranda aus El Salvador sagt: "Ich bin Performancekünstlerin, seit 2011 arbeite ich im öffentlichen Raum mit Mullbinden. Diese Verbände sollen heilen, wir brauchen sie, weil es so viele Wunden gibt auf der Welt." Die Politiker seien oft krank, anstatt zu heilen und verursachten immer neue Wunden. "Schauen Sie sich diesen drei Meter hohen Kronleuchter an, der von der Decke schwebt, seine Form soll an das Haar, die Dreadlocks der Menschen in Afrika und der Karibik, erinnern. Indem wir gemeinsam diese Kunst machen, werden wir zu einer Familie."
Der deutsch-syrische Künstler Manaf Halboun bei der Biennale in Havanna.
Der deutsch-syrische Künstler Manaf Halboun bei der Biennale in Havanna. © Werner Bloch
Deutschland ist mit dem deutsch-syrischen Künstler Manaf Halbouni vertreten, den das Goethe-Institut unterstützt. Ein Budget der Biennale für die Künstler gibt es praktisch nicht. Halbouni hat ein altes, fahruntüchtiges Auto mit Pritsche und Fensterblumen zu einem symbolischen Wohnraum umgestaltet, der sicher auch viel über die gegenwärtige Situation in Kuba aussagt. Besucher meinten allerdings, sie könnten an dem Kunstwerk gar nichts so Besonderes finden. So etwas sehe man in Kuba doch schon lange.
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