Einblicke in die Welt der Rauschmittel

Gibt man im Internet als Suchbegriff das Wort "Drogen" ein, erhält man über 13 Millionen Eintragungen. Das Thema Drogen ist ein weites Feld, es gibt weiche Drogen, harte Drogen, illegale und legale Drogen wie Alkohol und Tabak.
Diesem Monsterthema haben sich nun zwei deutsche Autoren angenommen, Ingo Niermann und Adriano Sack, Ressort-Leiter Kultur bei der "Welt am Sonntag". "Breites Wissen" heißt ihr Sachbuch, kein fachwissenschaftliches Kompendium, aber ein Buch, das hilft, die Drogenwelt medizinisch, soziologisch und psychologisch besser zu verstehen.

"Breites Wissen" ist eins jener Bücher, wie sie im Moment sehr populär sind: also ein enzyklopädisches Sammelsurium, eine bunte Sammlung aus Aspekten, die mit der Drogenwelt zusammenhängen. Der Leser taucht ein in die Bereiche Film und Musik, erfährt Biographisches von prominenten Drogenkonsumenten wie Adolf Hitler, Sigmund Freud, Cary Grant, Christoph Daum, von Päpsten und Präsidenten wie George W. Bush, von diversen Schriftstellern wie Heinrich Heine oder Baudelaire: Darüber hinaus bietet das Buch auch sehr viel wissenschaftliches Material, Statistiken der Polizei oder biochemisches und medizinisches Wissen, zum Beispiel Drogen-Untersuchungen an Versuchstieren; versorgt man Ratten mit Heroin, dann führen sie bald das Leben eines normalen Junkies. Also Droge, schlafen, fressen, Droge, schlafen, fressen und so weiter. Versorgt man Ratten hingegen mit Kokain, schlafen und fressen sie nicht mehr und koksen sich irgendwann zu Tode.

Eine Systematik allerdings darf der Leser nicht erwarten, aber das scheint gewollt. Es gibt zwar einige Hauptthemen: Medizin, Literatur, Musik, Politik oder die Rubrik der prominenten Drogen-Konsumenten. Aber die Autoren haben sich entschieden, diese Hauptthemen aufzutrennen und sie häppchenweise wie ein Kartenspiel neu zu mischen, was so den großen Vorteil hat, Abwechslung zu bieten, - sonst würde der gebündelte Stoff den populärwissenschaftlich interessierten Leser sicherlich ermüden. So kommen also auf 171 Seiten 82 leicht konsumierbare Unterkapitel heraus, die präzise betitelt sind, zum Beispiel hintereinander weg "Teufelsdroge Tabak, Diego Maradona, Deutsche Alkoholhymnen, Wichtige Haschischsorten". Was Informationen und Daten betrifft, ist das Buch äußerst verlässlich und gut recherchiert.

Dem drogen-unkundigen Leser wird "Breites Wissen" sicherlich eine vollkommen neue Wahrnehmungswelt eröffnen, wie stark Drogen nämlich immer in allen Bereichen der Gesellschaft eine Rolle spielten und spielen, denkt man nur an die Drogen-Palette, die Hitler konsumierte.

Eine lückenlose Bestandsaufnahme der Drogen-Welt ist "Breites Wissen" allerdings nicht. So fehlen zum Beispiel der berühmte Essay "Das Genieproblem" von Gottfried Benn oder die Erwähnung der beängstigenden wie akuten Tatsache, dass das Marihuana, das die Jugendlichen heute rauchen, genmanipuliert und damit zwölf Mal so stark wie das "Biokraut" der Hippie-Generation ist. Und Eltern werden Rezepte für Hasch-Kekse und Baupläne für besonders kreative Joints nicht als pädagogisch wertvoll betrachten.

Nichtsdestotrotz ist "Breites Wissen" ein hoch spannendes Riesensammelsurium, wobei sich die Autoren fast jeden Kommentars enthalten; es ermöglicht einen tiefen Blick in die Welt der Drogen, - von Queen Victorias Opiumwein bis zu den Alkohol- und Kokainerfahrungen von George W. Bush.

Rezensiert von Lutz Bunk

Ingo Niermann, Adriano Sack: Breites Wissen. Die seltsamen Wege der Drogen und ihrer Nutzer
Eichborn Berlin Verlag 2007, 180 Seiten, 14.90 Euro