Ein Wort, viele Bedeutungen

Freiheit - ein großes Wort. Die großen Geister haben sich davon inspirieren lassen, von Locke bis Humboldt, von Franklin über Popper bis zum liberalen Vordenker Friedrich Hayek. Auch die aktuelle Politik reibt sich an den Deutungen dieses Begriffes. Detmar Doering liefert ein Traktat dazu.
"Man braucht nur die Migrationsströme dieser Welt zu sehen, um den Wunsch der Menschen nach Freiheit zu verstehen. Utopisten, darunter viele Intellektuelle, mögen das kommunistische Kuba oder sonst irgendein totalitäres Land für die bessere Welt halten - leben wollen sie in den meisten Fälle dort nicht. Im Gegenteil: Die Menschen haben stets zu Millionen und Abermillionen die Flucht vor dem vermeintlichen Utopia hin zur größeren und realen Freiheit oder zumindest den mit ihr verbundenen Vorteilen bevorzugt."

Freiheit - ein großes Wort. Die großen Geister haben sich davon inspirieren lassen, was Freiheit ist, von Locke bis Humboldt, von Franklin über Popper bis zum liberalen Vordenker Friedrich Hayek.

Auch die aktuelle Politik reibt sich an den Deutungen dieses Begriffes. Detmar Doering liefert ein Traktat über Freiheit. Die klassische liberale Position, der es vorrangig um zweierlei geht, den Schutz des Eigentums und den Schutz vor staatlichen Übergriffen, hinterfragt er in ihrem Verhältnis zur Freiheit. Den Ton des Buches gibt Thomas Jefferson vor – mit seinem Bekenntnis, dass er sich lieber den Nachteilen von zu viel als von zu wenig Freiheit aussetzen würde. Selbst Menschen, die parteipolitisch den Liberalen nicht nahe stehen, werden der allgemeinen Definition von Freiheit als Gegenteil von Zwang zustimmen können, die Zwang nur als Abwehr von Gewalt zulässt, wenn sie die Freiheit einschränkt.

Doering beschreibt privates Eigentum als Voraussetzung für freiheitliches Handeln. Seine Gleichung lautet: Wer wirtschaftliche Freiheiten genießt, fordert politische Demokratie, wer Demokratie erreicht hat, fordert individuelle Freiheit. Privates Eigentum sei das eigentlich "nachhaltige", wer es besitzt, habe ein Interesse daran, es langfristig zu bewahren. Allerdings stellt sich hier die Frage: Was ist mit der Freiheit von Menschen, die von Eigentum nur träumen, weil sie nicht mal von ihrer eigenen Arbeit leben können?

Beim Schutz eines speziellen, in der Wissensgesellschaft besonders bedeutsamen Eigentums gerät der liberale Vordenker allerdings in ein Dilemma: beim geistigen Eigentum. Normalerweise lautet Doerings Credo: Eigentum muss geschützt werden. In diesem Fall sieht er jedoch das Problem: Patentrechte schützen zwar einerseits (geistiges) Eigentum, verhindern oder verzerren aber - andererseits - den Wettbewerb. Den Ausweg sieht er in einem zeitlich enger begrenzten Schutz geistigen Eigentums.

Ein urliberales Thema ist die Forderung, dass sich der Staat gefälligst aus der Privatsphäre seiner Bürger raushalten solle. Hier gibt Doering zu bedenken, dass in der Bundesrepublik nicht nur durch staatliches Handeln die Grenzen zwischen "privat" und "öffentlich" immer schwammiger werden, seit die Sicherheitsgesetze verschärft wurden. Auch die Bürger selber sorgen dafür, indem sie höchst Privates, via Internet oder Handy, in eine neuartige Öffentlichkeit verlagern. Dennoch wollen sie wie in den eigenen Wänden geschützt sein. Hier verweist Doering auf den Widerspruch in der deutschen Debatte: Wer sich in die Öffentlichkeit begibt, muss auch hinnehmen, dass er öffentlich wahrgenommen wird.

Wie bei diesem Thema benennt Doering auch in anderen Fragen Widersprüche und kritisiert auch die eigenen Reihen – etwa jene, die besonders laut von "Wettbewerb" und "Markt" reden, aber, weil sie sich in einer starken (Markt-) Position wähnen, eigentlich "Begünstigung" meinen. Insofern vertritt er liberale Positionen, die Leser verschiedener politischer Couleur herausfordern.

Besprochen von Liane von Billerbeck

Detmar Doering: Traktat über Freiheit
Olzog Verlag, München 2009
288 Seiten, 24,90 Euro