Ein Werkzeug für den Kunst-Smalltalk

Die Bestseller-Autoren Stehen T. Kittl und Christian Saehrend geben in ihrem Jugendsachbuch "Was will Kunst?" einen Überblick über die europäische Kunstgeschichte. Sie beleuchten die Rolle des Künstlers und erklären, warum Streit ein wichtiger Bestandteil der Kunstgeschichte ist.
"Ein Maler malt, was er verkauft, ein Künstler verkauft, was er malt!" Pablo Picasso hat mit diesem Zitat treffend zugespitzt, dass der wahre Künstler allein seinem kreativen Schaffen verpflichtet ist und nicht einem Auftraggeber. Dabei begreift sich der Künstler als autonomer Mensch. Die von ihm geschaffene Kunst erst befähigt ihn dazu. Sie dient nur eigenen Zielen und Zwecken und ist – wie der Spieltrieb – ein natürliches Bedürfnis des Menschen. Aber: Die Kunst steht immer auch in einem gesellschaftlichen Zusammenhang, das machen Steen Kittl und Christian Saehrendt in ihrem überaus gelungenen Jugendsachbuch "Was will Kunst?" immer wieder deutlich.

Und die beiden Autoren wissen, wovon sie schreiben: Beide haben Bildende Kunst und Kunstgeschichte studiert und sich bereits mit ihrem im vergangenen Jahr erschienenen "Sprachführer Deutsch-Kunst / Kunst-Deutsch" einen Namen gemacht. Auch in ihrem neuen Buch gelingt es ihnen auf entspannte und zugleich fundierte Art, die Frage "Was will Kunst?" so klar zu beantworten, dass ihre Leser die nächsten 20 Smalltalks locker mit diesem Thema bestreiten können. Der Clou ihres Buches: Sie rücken die Künstler in den Mittelpunkt der Geschichte. So erfährt man viel über das Leben der Künstler, mal kleine lustige Anekdoten, dann wieder ernsthafte Begebenheiten, die alle ihren Einfluss auf das spätere Schaffen der Künstler nahmen. So mischte Michelangelo in seinen Bildern immer christlich-biblische Elemente mit heidnisch-antiken Bildideen, weil der selbstbewusste Künstler mit dem jähzornigen Papst Julius dem II. heillos zerstritten war.

"Die Kunst ist von Menschen gemacht und daher auch immer etwas, um das gestritten wird", heißt es schon im Vorwort, und deshalb spielt der notwendige Streit um Kunst in diesem Buch stets eine Rolle. Kunst und Gedankenfreiheit bedingen einander, auch das wird dem Leser klar, aber man sollte auch ein paar Scheidepunkte und Persönlichkeiten kennen, um einordnen zu können, warum Kunst in historischen Momenten gerade den Weg genommen hat, der im Nachhinein als selbstverständlich bezeichnet wird.

Bei aller Lockerheit fällt eine klare Systematik des Buchs auf: Die Autoren widmen sich der Bedeutung von Bildern, sie erklären die Rolle des Künstlers und sie beleuchten das Wechselspiel von Tradition und Neuerung genauso wie den Kampf zwischen Farbe und Form. In manchen Kapiteln zeigen sie die Nähe zur Philosophie, etwa, wenn sie plastisch machen, wie der Streit um die Kunst selbst zum Teil der Kunst werden konnte. Alle wichtigen Epochen, Künstler und Regionen sind vertreten, nicht einmal vor der totalen Avantgarde machen Kittl und Saehrendt halt. Eine kurze Übersicht der Künstler rundet das Buch ab.

Ganz ausgelassen wurde die außereuropäische Kunst. Das dient der Übersicht, genau wie das Weglassen zeitgenössischer Kunstwerke. Die Autoren geben ihren Lesern ein Buch an die Hand, das dazu einlädt, solche Interpretationen nach der Lektüre selbst anzustellen, das Werkzeug hat man jedenfalls dazu.

Die gute Auswahl der Beispiele, die plastischen Beschreibungen, die Übersichtlichkeit und die Beschränkung auf Wegweisendes zum Thema Kunst machen das Buch für jugendliche Leser empfehlenswert – sieht man von ärgerlichen Rechtschreibfehlern ab. Vorbildlich erklärt werden die Fachbegriffe: ein fettgedrucktes Wort verweist immer auf einen kleinen Extratext im unteren Teil einer Seite, wo der Begriff knapp und verständlich erläutert wird; eine Kurzübersicht der Künstler schließlich rundet das Buch ab.

Besprochen von Roland Krüger

Steen T. Kittl, Christian Saehrendt: Was will Kunst?
Campus-Verlag, Frankfurt am Main 2009
208 Seiten, 19,90 Euro