Ein Tag für gute Taten
Sie reinigen Grünanlagen, spenden Blut, lesen im Seniorenheim vor: In den USA ist es Brauch, dass sich die Mitglieder der jüdischen Gemeinden jeweils an einem Tag im Spätherbst gemeinsam sozial engagieren. Nun kommt dieser "Mitzvah Day" auch nach Deutschland.
"Eine Mitzvah ist das Erfüllen von einem Gebot in dem Sinne, dass man etwas für andere tut - eine gute Tat könnte man sagen. Und natürlich: Jeder Tag sollte ein Mitzvah Day sein, jeder Tag soll voll Mitzvot sein, voll mit guten Taten, voll mit dem Bewusstsein, dass man die Gelegenheit nutzen soll, Dinge für andere Leute zu machen, um die Welt besser zu machen. Aber man soll anfangen mit diesem einen Tag."
Michael Lawton ist Vorsitzender der liberalen jüdischen Gemeinde in Köln, "Gescher Lamassoret". Der Engländer lebt schon lange in Deutschland, doch die Tradition im angelsächsischen Judentum, einmal im Jahr an einem solchen Mitzvah Day soziales Engagement zu zeigen, war ihm durchaus vertraut. Die Idee stammt aus den USA und hat seither weltweit in vielen jüdischen Gemeinden Nachahmer gefunden: Gemeindemitglieder waschen zum Beispiel Autos, um für Bedürftige Geld zu sammeln, sie sammeln Bücher für Schulen und arme Familien, organisieren Unterhaltungsprogramme in Krankenhäusern und Seniorenheimen, reinigen Grünanlagen oder spenden Blut. Dass Ähnliches auch in Deutschland möglich sein sollte, konnte sich in der Kölner Gemeinde keiner vorstellen - bis eine 16-jährige Gymnasiastin vorschlug, es doch einmal zu versuchen. In England hatte sie einen solchen Mitzwa-Tag erlebt und war begeistert.
Der Gemeindesaal über der kleinen Kellersynagoge der liberalen Gemeinde in Köln-Riehl ist rappelvoll. Er ist mit grünen Luftballons und Wimpeln geschmückt, auf denen in großen Lettern "Mitzvah Day 2012" geschrieben steht. Einige im Raum tragen auch ein T-Shirt mit diesem Aufdruck. Es gibt Kaffee und Kuchen. An der rechten Seite steht eine lange Tischreihe übervoll mit Konservendosen, Mehltüten, Reis- und Nudelpackungen, Ketchup- und Speiseölflaschen. Daneben steht ein Korb voll mit Kinderbüchern. Alles Spenden von Gemeindemitgliedern und Freunden für Bedürftige. Am Klavier sitzt ein junger Künstler, der mit Mitgliedern seiner Jüdischen Gemeinde aus dem westfälischen Unna nach Köln gekommen ist. Beide Gemeinden feiern hier gemeinsam eine Premiere - den ersten Mitzvah Day in Nordrhein-Westfalen. Mit dabei auch die örtliche evangelische Gemeinde. Und gemeinsam stellen sie fest: Der Mitzvah Day tut gut.
"Das war uns wichtig, dass eine Mitzvah nicht nur eine Pflicht ist, die man irgendwie seufzend erfüllt, weil man's unbedingt muss, sondern dass es auch Freude machen kann, und das wollten wir auch damit zeigen. Auf der einen Seite sind wir nach außen gegangen, indem wir etwas für die Kölner Tafel gemacht haben und auch für die Paul-Maar-Schule, auf der anderen Seite haben wir uns nach innen geöffnet."
Auch Hilary Coleman ist ursprünglich Britin. Ehrenamtliches soziales Engagement, wie es im angelsächsischen Raum für jüdische Gemeinden durchaus selbstverständlich ist, hat sie in Köln bislang vermisst und deshalb auch gleich die Organisation in die Hand genommen. Die Lebensmittelspenden gehen direkt an die Kölner Tafel, die Bücher sind für eine Sprachförderschule bestimmt.
"Wir haben gesehen, dass der Wille da ist. Am Anfang habe ich gedacht, ob überhaupt jemand Interesse hat, und ich war freudig überrascht, als ich die ersten Flyer verteilt habe, dass da der Anklang schon sehr gut war: Freudig überrascht auch, wir gehen nach außen, wir machen etwas Soziales, wie schön! Also, das war erstmal positiv zu sehen, dass die Leute sich beteiligt haben. Jetzt hätte ich mehr Mut, nächstes Mal dann auch was anderes zu planen."
In Deutschland, wo viele jüdische Gemeinden immer noch dazu neigen, sich von der Außenwelt abzukapseln, ist diese Idee neu. Allein die Gemeinde Beth Shalom in München kann sich rühmen, bereits den dritten Mitzvah Day durchgeführt zu haben. In diesem Jahr kochten sie für Patientenwohnungen der Aids-Hilfe und gestalteten einen Nachmittag in einem Seniorenheim.
Diese Initiativen haben auch den Zentralrat der Juden in Deutschland inspiriert. Er bat Mitarbeiter jüdischer Gemeinden und Rabbiner zu einem Seminar nach Berlin, um Ideen für den Mitzvah Day 2013 zu erarbeiten und den von 2012 praktisch zu erproben. Im nächsten Jahr werden dann wohl viele jüdische Gemeinden den Mitzvah Day begehen. Religiös sei das durchaus geboten, meint Michael Lawton aus Köln:
"Die Propheten, aber auch die Rabbiner und alle anderen - wenn man sie gefragt hat, was ist das Wesen der Religion, sie haben nicht gesagt, dass man die kultischen Dinge richtig macht. Sie haben immer gesagt, dass man gut ist zu anderen Menschen, sie haben immer die ethischen Verpflichtungen betont. Das sind die Dinge, die das gute Leben ausmachen."
Michael Lawton ist Vorsitzender der liberalen jüdischen Gemeinde in Köln, "Gescher Lamassoret". Der Engländer lebt schon lange in Deutschland, doch die Tradition im angelsächsischen Judentum, einmal im Jahr an einem solchen Mitzvah Day soziales Engagement zu zeigen, war ihm durchaus vertraut. Die Idee stammt aus den USA und hat seither weltweit in vielen jüdischen Gemeinden Nachahmer gefunden: Gemeindemitglieder waschen zum Beispiel Autos, um für Bedürftige Geld zu sammeln, sie sammeln Bücher für Schulen und arme Familien, organisieren Unterhaltungsprogramme in Krankenhäusern und Seniorenheimen, reinigen Grünanlagen oder spenden Blut. Dass Ähnliches auch in Deutschland möglich sein sollte, konnte sich in der Kölner Gemeinde keiner vorstellen - bis eine 16-jährige Gymnasiastin vorschlug, es doch einmal zu versuchen. In England hatte sie einen solchen Mitzwa-Tag erlebt und war begeistert.
Der Gemeindesaal über der kleinen Kellersynagoge der liberalen Gemeinde in Köln-Riehl ist rappelvoll. Er ist mit grünen Luftballons und Wimpeln geschmückt, auf denen in großen Lettern "Mitzvah Day 2012" geschrieben steht. Einige im Raum tragen auch ein T-Shirt mit diesem Aufdruck. Es gibt Kaffee und Kuchen. An der rechten Seite steht eine lange Tischreihe übervoll mit Konservendosen, Mehltüten, Reis- und Nudelpackungen, Ketchup- und Speiseölflaschen. Daneben steht ein Korb voll mit Kinderbüchern. Alles Spenden von Gemeindemitgliedern und Freunden für Bedürftige. Am Klavier sitzt ein junger Künstler, der mit Mitgliedern seiner Jüdischen Gemeinde aus dem westfälischen Unna nach Köln gekommen ist. Beide Gemeinden feiern hier gemeinsam eine Premiere - den ersten Mitzvah Day in Nordrhein-Westfalen. Mit dabei auch die örtliche evangelische Gemeinde. Und gemeinsam stellen sie fest: Der Mitzvah Day tut gut.
"Das war uns wichtig, dass eine Mitzvah nicht nur eine Pflicht ist, die man irgendwie seufzend erfüllt, weil man's unbedingt muss, sondern dass es auch Freude machen kann, und das wollten wir auch damit zeigen. Auf der einen Seite sind wir nach außen gegangen, indem wir etwas für die Kölner Tafel gemacht haben und auch für die Paul-Maar-Schule, auf der anderen Seite haben wir uns nach innen geöffnet."
Auch Hilary Coleman ist ursprünglich Britin. Ehrenamtliches soziales Engagement, wie es im angelsächsischen Raum für jüdische Gemeinden durchaus selbstverständlich ist, hat sie in Köln bislang vermisst und deshalb auch gleich die Organisation in die Hand genommen. Die Lebensmittelspenden gehen direkt an die Kölner Tafel, die Bücher sind für eine Sprachförderschule bestimmt.
"Wir haben gesehen, dass der Wille da ist. Am Anfang habe ich gedacht, ob überhaupt jemand Interesse hat, und ich war freudig überrascht, als ich die ersten Flyer verteilt habe, dass da der Anklang schon sehr gut war: Freudig überrascht auch, wir gehen nach außen, wir machen etwas Soziales, wie schön! Also, das war erstmal positiv zu sehen, dass die Leute sich beteiligt haben. Jetzt hätte ich mehr Mut, nächstes Mal dann auch was anderes zu planen."
In Deutschland, wo viele jüdische Gemeinden immer noch dazu neigen, sich von der Außenwelt abzukapseln, ist diese Idee neu. Allein die Gemeinde Beth Shalom in München kann sich rühmen, bereits den dritten Mitzvah Day durchgeführt zu haben. In diesem Jahr kochten sie für Patientenwohnungen der Aids-Hilfe und gestalteten einen Nachmittag in einem Seniorenheim.
Diese Initiativen haben auch den Zentralrat der Juden in Deutschland inspiriert. Er bat Mitarbeiter jüdischer Gemeinden und Rabbiner zu einem Seminar nach Berlin, um Ideen für den Mitzvah Day 2013 zu erarbeiten und den von 2012 praktisch zu erproben. Im nächsten Jahr werden dann wohl viele jüdische Gemeinden den Mitzvah Day begehen. Religiös sei das durchaus geboten, meint Michael Lawton aus Köln:
"Die Propheten, aber auch die Rabbiner und alle anderen - wenn man sie gefragt hat, was ist das Wesen der Religion, sie haben nicht gesagt, dass man die kultischen Dinge richtig macht. Sie haben immer gesagt, dass man gut ist zu anderen Menschen, sie haben immer die ethischen Verpflichtungen betont. Das sind die Dinge, die das gute Leben ausmachen."