Ein Tafelservice als Statussymbol
Vor 300 Jahren ließ der sächsische König August der Starke in Meißen eine Porzellanmanufaktur errichten. In der Folge wurden hier wahre Höchstleistungen europäischer Porzellankunst vollbracht. Eine Ausstellung in Dresden präsentiert nun rund 800 Kostbarkeiten.
Ulrich Pietsch: "Meißen ist Porzellan und Porzellan ist Meißen, also mehr braucht man eigentlich gar nicht zu sagen, um zu zeigen, das es sich hier wirklich um das Größte, Schönste und Beste handelt, was man je in Porzellan hergestellt hat."
Mit leuchtenden Augen steht Ulrich Pietsch, der Direktor der Dresdner Porzellansammlung im Entree des noch unsanierten und dennoch prachtvollen Japanischen Palais in Dresden. Er stimmt die Gäste auf den Gang durch die Jubiläumsschau ein. Hier an jenem historischen Ort, den einst Sachsenkönig August der Starke erbauen ließ, um den Triumph des ersten europäischen Hartporzellans über das bis dato für teures Geld aus Ostasien importierte Porzellan in Szene setzen zu können. Hier ließ er seiner Begeisterung für das teure Porzellan freien Lauf.
Zudem half das kostbare, aber zerbrechliche Meißner Porzellan, Allianzen schmieden, Freundschaften zu besiegeln und Machtbewusstsein wirksam zu demonstrieren. Das weiße Gold galt im 18. Jahrhundert als das Statussymbol schlechthin.
Rund 800 verschiedene Porzellane werden jetzt in der Dresdner Jubiläumsausstellung gezeigt, darunter viele Schätze aus dem Depot der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, aber auch zahlreiche großzügige Leihgaben aus der ganzen Welt, wie sie noch nie zusammen zu sehen waren.
Ulrich Pietsch: "Hier geht es darum, die Dinge, die von Dresden oder von Meißen, das meiste wurde über Dresden in die Welt hinaus gebracht, entweder als diplomatisches Geschenk oder einfach als Verkaufsobjekt wurde es über ganz Europa verbreitet, und wir haben uns jetzt daran gemacht, diese Schätze nach Dresden zurückzuholen."
Die letzte Meißen-Ausstellung dieser Güte, so Pietsch, liege Jahrzehnte zurück, sie fand 1966 statt. Jetzt haben auch ganz exquisite Schätze aus Meißener Porzellan den Weg zurück an die Elbe gefunden, schwärmt Kuratorin Karin Banz:
"Unter anderem auch eine Uhr aus der Eremitage aus St. Petersburg, die sonst nie auf Reisen geht, und die wirklich aus Anlass des 300-jährigen Jubiläums also jetzt für diese Ausstellung ausgeliehen wurde."
Mit den teils opulent bemalten Vasen, Tischaufsätzen, Tellern, Pokalen, Deckeldosen, Tabatieren, Figuren und anderen Kunstwerken höfischer Tafelkultur wird nicht nur die Entwicklung der aufwändigen Formen nachvollzogen, sondern auch die Verschiedenartigkeit der Meißener Malschulen demonstriert. Das Ringen um Form und Farbe hat, wie Kuratorin Karin Banz erklärt, zu einem großen Teil zum Erfolg der Meißner Porzellanmanufaktur beigetragen:
"Also ein Dinner hatte ja einen bestimmten Ablauf, es wurden bestimmte Speisen aufgetragen und für diese Speisen mussten ja erstmal adäquate Behältnisse gefunden werden. Das heißt, Kaendler hat ganz eng mit dem Hofkoch zusammengearbeitet, der ihm sozusagen erzählt hat, aha, das sind jetzt die Speisen, dafür brauchen wir entsprechende Gefäße und das ist nämlich ein ganz spannender Aspekt, der immer so ein bisschen runterfällt, wenn man so über Porzellan spricht, dass es um einen hochmodernen Design-Prozess ging, also immer um das Ringen nach der neuesten und besten Form."
Insbesondere die tiefe gegenseitige Abneigung der beiden Stars der frühen Meißener Manufaktur, des Porzellanmalers Johann Gregorius Heroldt und des Porzellanbildhauers Johann-Joachim Kaendler führten zu einem erbitterten Wettstreit der beiden Künstler und somit zu Höchstleistungen europäischer Porzellankunst.
In Dresden kann man die lebensgroßen Tierplastiken Kaendlers bewundern. Hier hat der Experte der Porzellanplastik alle Widrigkeiten des empfindlichen Materials überwunden, so scheint es. Der berühmte, elegante Fischreiher hat seinen Kopf lässig auf den unteren Halsbereich aufgelegt, so, als wolle er sich nur einmal ganz kurz ausruhen:
Ulrich Pietsch: "Denn Sie können so einen Fischreiher mit einem so dünnen Hals keineswegs so darstellen, dass er den Hals nach vorne streckt, denn dann würde er während des Brandes einfach nach unten sinken, wie ein Elefantenrüssel, und er musste also eine Figur erfinden, die in sich geschlossen ist, sodass solche Problem gar nicht erst aufkamen und er hat sich einen wunderbaren Trick überlegt, er lässt nämlich den Fischreiher sich sein Gefieder putzen, indem er den Schnabel in das Gefieder steckt, und den Hals herumführt, das ist also erstmal eine großartige künstlerische Komposition. Also er schlägt praktisch zwei Fliegen mit einer Klappe und das ist einfach genial."
Genial ist auch die Gegenüberstellung von ostasiatischem und Meißner Porzellan. Oft weiß der Betrachter nicht sofort, was das Original und was die Kopie ist. Sachsens König August der Starke wollte zunächst Kopien der asiatischen Muster haben, doch dann weckte das 1728 in Meißen erfundene, weiß-blaue sogenannte Zwiebelmuster Begehrlichkeiten im Ausland. Der Porzellanexperte Ulrich Pietsch:
"Und der Witz ist der, die Chinesen haben es dann in China kopiert und nach Europa exportiert."
Wie stark die "maladie de porcelaine" das alte Europa im 18. Jahrhundert befallen hatte, zeigt die Berliner Porzellanschau im Ephraim-Palais ab dem kommenden Wochenende. Wie die Schwäche des sächsischen Königs für das weiße Gold die Welt der Porzellankunst revolutionierte, kann man ab Samstag in Dresden besichtigen. Am besten gleich beides besuchen.
Service:
Die Ausstellung "Triumph der blauen Schwerter - Meissener Porzellan für Adel und Bürgertum 1710-1815" ist vom 8. Mai bis 29. August 2010 im Japanischen Palais in Dresden zu sehen. Parallel zeigt ab 9. Mai das Stadtmuseum Berlin im Ephraim-Palais unter dem Titel "Zauber der Zerbrechlichkeit" Meisterwerke europäischer Porzellankunst.
Mit leuchtenden Augen steht Ulrich Pietsch, der Direktor der Dresdner Porzellansammlung im Entree des noch unsanierten und dennoch prachtvollen Japanischen Palais in Dresden. Er stimmt die Gäste auf den Gang durch die Jubiläumsschau ein. Hier an jenem historischen Ort, den einst Sachsenkönig August der Starke erbauen ließ, um den Triumph des ersten europäischen Hartporzellans über das bis dato für teures Geld aus Ostasien importierte Porzellan in Szene setzen zu können. Hier ließ er seiner Begeisterung für das teure Porzellan freien Lauf.
Zudem half das kostbare, aber zerbrechliche Meißner Porzellan, Allianzen schmieden, Freundschaften zu besiegeln und Machtbewusstsein wirksam zu demonstrieren. Das weiße Gold galt im 18. Jahrhundert als das Statussymbol schlechthin.
Rund 800 verschiedene Porzellane werden jetzt in der Dresdner Jubiläumsausstellung gezeigt, darunter viele Schätze aus dem Depot der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, aber auch zahlreiche großzügige Leihgaben aus der ganzen Welt, wie sie noch nie zusammen zu sehen waren.
Ulrich Pietsch: "Hier geht es darum, die Dinge, die von Dresden oder von Meißen, das meiste wurde über Dresden in die Welt hinaus gebracht, entweder als diplomatisches Geschenk oder einfach als Verkaufsobjekt wurde es über ganz Europa verbreitet, und wir haben uns jetzt daran gemacht, diese Schätze nach Dresden zurückzuholen."
Die letzte Meißen-Ausstellung dieser Güte, so Pietsch, liege Jahrzehnte zurück, sie fand 1966 statt. Jetzt haben auch ganz exquisite Schätze aus Meißener Porzellan den Weg zurück an die Elbe gefunden, schwärmt Kuratorin Karin Banz:
"Unter anderem auch eine Uhr aus der Eremitage aus St. Petersburg, die sonst nie auf Reisen geht, und die wirklich aus Anlass des 300-jährigen Jubiläums also jetzt für diese Ausstellung ausgeliehen wurde."
Mit den teils opulent bemalten Vasen, Tischaufsätzen, Tellern, Pokalen, Deckeldosen, Tabatieren, Figuren und anderen Kunstwerken höfischer Tafelkultur wird nicht nur die Entwicklung der aufwändigen Formen nachvollzogen, sondern auch die Verschiedenartigkeit der Meißener Malschulen demonstriert. Das Ringen um Form und Farbe hat, wie Kuratorin Karin Banz erklärt, zu einem großen Teil zum Erfolg der Meißner Porzellanmanufaktur beigetragen:
"Also ein Dinner hatte ja einen bestimmten Ablauf, es wurden bestimmte Speisen aufgetragen und für diese Speisen mussten ja erstmal adäquate Behältnisse gefunden werden. Das heißt, Kaendler hat ganz eng mit dem Hofkoch zusammengearbeitet, der ihm sozusagen erzählt hat, aha, das sind jetzt die Speisen, dafür brauchen wir entsprechende Gefäße und das ist nämlich ein ganz spannender Aspekt, der immer so ein bisschen runterfällt, wenn man so über Porzellan spricht, dass es um einen hochmodernen Design-Prozess ging, also immer um das Ringen nach der neuesten und besten Form."
Insbesondere die tiefe gegenseitige Abneigung der beiden Stars der frühen Meißener Manufaktur, des Porzellanmalers Johann Gregorius Heroldt und des Porzellanbildhauers Johann-Joachim Kaendler führten zu einem erbitterten Wettstreit der beiden Künstler und somit zu Höchstleistungen europäischer Porzellankunst.
In Dresden kann man die lebensgroßen Tierplastiken Kaendlers bewundern. Hier hat der Experte der Porzellanplastik alle Widrigkeiten des empfindlichen Materials überwunden, so scheint es. Der berühmte, elegante Fischreiher hat seinen Kopf lässig auf den unteren Halsbereich aufgelegt, so, als wolle er sich nur einmal ganz kurz ausruhen:
Ulrich Pietsch: "Denn Sie können so einen Fischreiher mit einem so dünnen Hals keineswegs so darstellen, dass er den Hals nach vorne streckt, denn dann würde er während des Brandes einfach nach unten sinken, wie ein Elefantenrüssel, und er musste also eine Figur erfinden, die in sich geschlossen ist, sodass solche Problem gar nicht erst aufkamen und er hat sich einen wunderbaren Trick überlegt, er lässt nämlich den Fischreiher sich sein Gefieder putzen, indem er den Schnabel in das Gefieder steckt, und den Hals herumführt, das ist also erstmal eine großartige künstlerische Komposition. Also er schlägt praktisch zwei Fliegen mit einer Klappe und das ist einfach genial."
Genial ist auch die Gegenüberstellung von ostasiatischem und Meißner Porzellan. Oft weiß der Betrachter nicht sofort, was das Original und was die Kopie ist. Sachsens König August der Starke wollte zunächst Kopien der asiatischen Muster haben, doch dann weckte das 1728 in Meißen erfundene, weiß-blaue sogenannte Zwiebelmuster Begehrlichkeiten im Ausland. Der Porzellanexperte Ulrich Pietsch:
"Und der Witz ist der, die Chinesen haben es dann in China kopiert und nach Europa exportiert."
Wie stark die "maladie de porcelaine" das alte Europa im 18. Jahrhundert befallen hatte, zeigt die Berliner Porzellanschau im Ephraim-Palais ab dem kommenden Wochenende. Wie die Schwäche des sächsischen Königs für das weiße Gold die Welt der Porzellankunst revolutionierte, kann man ab Samstag in Dresden besichtigen. Am besten gleich beides besuchen.
Service:
Die Ausstellung "Triumph der blauen Schwerter - Meissener Porzellan für Adel und Bürgertum 1710-1815" ist vom 8. Mai bis 29. August 2010 im Japanischen Palais in Dresden zu sehen. Parallel zeigt ab 9. Mai das Stadtmuseum Berlin im Ephraim-Palais unter dem Titel "Zauber der Zerbrechlichkeit" Meisterwerke europäischer Porzellankunst.