Ein südafrikanischer Heimatroman
In dem neuen Roman des südafrikanischen Schriftstellers Zakes Mda geht es um einen Eigenbrödler, dessen Liebe einer Walin namens Sharisha gilt. Als sich zwischen dem "Walrufer" und der Dorfsäuferin eine Liebesgeschichte entwickelt, beginnt ein kurioses Eifersuchtsdrama.
Niemand wird der südafrikanischen Literatur ihren Rang absprechen. Da gibt es ganz große Namen wie J.M. Coetzee, Nadine Gordimer. Und es gibt Autoren, die gerade erst international entdeckt werden: einer davon ist Zakes Mda, eigentlich Zanemvula Kizito Gatyeni Mda, Jahrgang, 1948.
Mittlerweile ist von dem in Südafrika und in den USA hauptsächlich als Dramatiker bekannten Mda mit dem "Walrufer" jetzt der zweite Roman auf Deutsch erschienen.
Das erste Buch "Die Madonna von Excelsior" stützte sich auf historische Fakten, die jüngste südafrikanische Geschichte und war eng mit Mdas eigener politischer Biografie als Anti-Aprtheids-Aktivist und Emigrant verknüpft.
"Der Walrufer" aber spielt ganz und gar in der Gegenwart – und von der Hautfarbe der Protagonisten ist nicht ein einziges Mal die Rede. Es ist in gewisser Weise ein "Heimatroman", der die Farben, die Wetterlagen, das Licht, die Mahlzeiten, die Landschaft, die Fauna und Flora am Western Cape, unweit von Kapstadt, beschwört. Man bekommt einen Eindruck vom Umgangsston, von der Mentalität der Leute dort, von ihren Legenden, ihrer holländisch-calvinistischen Frömmigkeit, ihren Lebensumständen.
Und die sind alles andere als rosig – alle Figuren sind mehr oder weniger arm, ungebildet, perspektivlos. Dem Leser werden sie mit freundlicher Selbstverständlichkeit nahe gebracht; da wird nicht geschönt, nicht weichgezeichnet, und auch nicht zum Kampf für ein besseres Leben aufgerufen. Mda will ja vor allem eine Liebesgeschichte erzählen, eine, die an vielem scheitert, und am wenigsten an der materiellen Not. Sie scheitert an der ganz gewöhnlichen menschlichen Unfähigkeit zum Glück.
Der Walrufer ist ein alter Eigenbrötler, der den Genüssen des Lebens und den Menschen nicht gerade zugetan ist und der seinen täglichen Kalorienbedarf mit Mahlzeiten von internationaler Schlichtheit - Makkaroni mit Reibekäse - und seine emotionalen Bedürfnisse im Umgang mit Walen befriedigt. Seine Liebe gilt einer Walin namens Sharisha, die er mit einem Horn aus getrocknetem Seetang ruft. Doch dann entwickelt sich zwischen ihm und der Dorfsäuferin Saluni die Liebesgeschichte, die zum Eifersuchtsdrama wird.
Der Roman hat etwas vom magischen Realismus lateinamerikanischer Art: da gibt es ein verwahrlostes Zwillingspaar, dessen Gesang zwangsläufig zur Euphorie führt, aber bei digitalen Aufnahmen völlig verzerrt erscheint; da gibt es die Vereinigung von Mensch und Wal über Töne und Tanz; da gibt es ein mythologisches Wesen, das in einer Grotte sitzt und unter Hohngelächter Beichten abnimmt. Aber immer, wenn Mdas bunte und schräge Geschichten in Richtung billiger Exotismus oder Ethno-Kitsch abgleiten könnten, steuert der Autor mit einer starken Dosis von sehr irdischem Realismus und einiger Ironie dagegen.
Vieles in diesem Roman kann man, wenn man will, als Parabel auf politische und soziale Zustände verstehen. Doch dieser Aspekt ist diesmal wirklich zweitrangig. Wenn es hier etwas Großes, etwas Übergeordnetes gibt, dann ist es kein politisches Ziel und kein privates Glück, sondern die Macht des Gesangs: Der Gesang der Wale wie der Menschen, der zum Guten wie zum Schlechten führen kann.
Man kann Zakes Mdas Buch lesen wie ein Lied. Und bei diesem Lied passt alles zusammen: der langsame, eindringliche Rhythmus, die treffsichere, am Drama geschulte Intonation, und die bluesige Weisheit, die das Ganze durchzieht.
Rezensiert von Katharina Döbler
Zakes Mda: Der Walrufer
Roman
Aus dem Englischen von Peter Torberg
288 Seiten, 19,90 Euro
Mittlerweile ist von dem in Südafrika und in den USA hauptsächlich als Dramatiker bekannten Mda mit dem "Walrufer" jetzt der zweite Roman auf Deutsch erschienen.
Das erste Buch "Die Madonna von Excelsior" stützte sich auf historische Fakten, die jüngste südafrikanische Geschichte und war eng mit Mdas eigener politischer Biografie als Anti-Aprtheids-Aktivist und Emigrant verknüpft.
"Der Walrufer" aber spielt ganz und gar in der Gegenwart – und von der Hautfarbe der Protagonisten ist nicht ein einziges Mal die Rede. Es ist in gewisser Weise ein "Heimatroman", der die Farben, die Wetterlagen, das Licht, die Mahlzeiten, die Landschaft, die Fauna und Flora am Western Cape, unweit von Kapstadt, beschwört. Man bekommt einen Eindruck vom Umgangsston, von der Mentalität der Leute dort, von ihren Legenden, ihrer holländisch-calvinistischen Frömmigkeit, ihren Lebensumständen.
Und die sind alles andere als rosig – alle Figuren sind mehr oder weniger arm, ungebildet, perspektivlos. Dem Leser werden sie mit freundlicher Selbstverständlichkeit nahe gebracht; da wird nicht geschönt, nicht weichgezeichnet, und auch nicht zum Kampf für ein besseres Leben aufgerufen. Mda will ja vor allem eine Liebesgeschichte erzählen, eine, die an vielem scheitert, und am wenigsten an der materiellen Not. Sie scheitert an der ganz gewöhnlichen menschlichen Unfähigkeit zum Glück.
Der Walrufer ist ein alter Eigenbrötler, der den Genüssen des Lebens und den Menschen nicht gerade zugetan ist und der seinen täglichen Kalorienbedarf mit Mahlzeiten von internationaler Schlichtheit - Makkaroni mit Reibekäse - und seine emotionalen Bedürfnisse im Umgang mit Walen befriedigt. Seine Liebe gilt einer Walin namens Sharisha, die er mit einem Horn aus getrocknetem Seetang ruft. Doch dann entwickelt sich zwischen ihm und der Dorfsäuferin Saluni die Liebesgeschichte, die zum Eifersuchtsdrama wird.
Der Roman hat etwas vom magischen Realismus lateinamerikanischer Art: da gibt es ein verwahrlostes Zwillingspaar, dessen Gesang zwangsläufig zur Euphorie führt, aber bei digitalen Aufnahmen völlig verzerrt erscheint; da gibt es die Vereinigung von Mensch und Wal über Töne und Tanz; da gibt es ein mythologisches Wesen, das in einer Grotte sitzt und unter Hohngelächter Beichten abnimmt. Aber immer, wenn Mdas bunte und schräge Geschichten in Richtung billiger Exotismus oder Ethno-Kitsch abgleiten könnten, steuert der Autor mit einer starken Dosis von sehr irdischem Realismus und einiger Ironie dagegen.
Vieles in diesem Roman kann man, wenn man will, als Parabel auf politische und soziale Zustände verstehen. Doch dieser Aspekt ist diesmal wirklich zweitrangig. Wenn es hier etwas Großes, etwas Übergeordnetes gibt, dann ist es kein politisches Ziel und kein privates Glück, sondern die Macht des Gesangs: Der Gesang der Wale wie der Menschen, der zum Guten wie zum Schlechten führen kann.
Man kann Zakes Mdas Buch lesen wie ein Lied. Und bei diesem Lied passt alles zusammen: der langsame, eindringliche Rhythmus, die treffsichere, am Drama geschulte Intonation, und die bluesige Weisheit, die das Ganze durchzieht.
Rezensiert von Katharina Döbler
Zakes Mda: Der Walrufer
Roman
Aus dem Englischen von Peter Torberg
288 Seiten, 19,90 Euro