Ein Stipendium für die, die es nicht nötig haben

20.11.2012
Der Soziologe Michael Hartmann hat das Deutschlandstipendium massiv kritisiert. Ein durchgreifender Erfolg sei "nicht sichtbar", sagte der Professor für Elite- und Organisationssoziologie an der Technischen Universität Darmstadt.
Hartmann verwies auf die heute vorgelegten Zahlen des Bundesbildungsministeriums, wonach in diesem Jahr von den bereitgestellten knapp 37 Millionen Euro voraussichtlich nur 17 Millionen abgerufen werden.

Laut Hartmann ist das Deutschlandstipendium vor allem in qualitativer Hinsicht problematisch. Die Leistungskriterien zu erfüllen, sei gerade in den ersten Semestern für Studierende aus Akademikerfamilien sehr viel einfacher, "als für jemand, wo in der ganzen Familie nie jemand etwas mit der Hochschule zu tun gehabt hat. Die müssen sich erstmal orientieren". Ähnlich sei es bei dem Kriterium des gesellschaftlichen Engagements: "Auch so etwas ist viel leichter für die Leute, die familiär günstigere Voraussetzungen haben."

Außerdem hätten Studierende aus sogenannten bildungsfernen Schichten oft keine Erfahrung beim Schreiben solcher Stipendienanträge und machten dadurch Fehler, die ihre Chancen schmälerten. Für den Wissenschaftler steht das Deutschlandstipendium "in der großen Gefahr, dass es [ ... ] zumindest mehrheitlich diejenigen fördert, die Förderung zumindest finanziell nicht nötig haben".

Hartmann plädierte dafür, das BAföG zu stärken. Es sei nach wie vor "die effektivste Form" der Breitenförderung und am besten geeignet, eine soziale Öffnung der Hochschulen zu erreichen.

Das vollständige Gespräch mit Michael Hartmann können Sie bis mindestens 20. April 2013 als MP3-Audio in unserem Audio-On-Demand-Player nachhören.
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