Ein Signal für müde Brummi-Fahrer

Von Thomas Wagner |
Auf Autobahnen sind Unfälle am Ende eines Staus besonders folgenschwer, wenn tonnenschwere LKWs daran beteiligt sind. Genau solche Unfälle sollen künftig ausgeschlossen werden. Fahrassistenzsysteme waren ein wichtiges Thema auf der Internationalen Automobilausstellung für Nutzfahrzeuge in Hannover, ebenso wie Sicherheit und Sparsamkeit im Fahrzeugbau.
Fritz Hirschberger unterwegs mit einem LKW bei Hannover: Der Testfahrer im Auftrag von Mercedes-Benz testet den sogenannten "Lane-Assistant". Der soll den LKW auch dann auf der Fahrbahn halten, wenn der Mann im Führerhaus müde wird. Bei sinkender Konzentration kommt es häufig vor, dass der Fahrer den Brummi nach links oder nach rechts über die Begrenzungslinien steuert. Dabei kann es zu schweren Unfällen kommen, die mit dem "Lane-Assistant" vermieden werden.

"Ich werde jetzt kurzfristig meinen Fahrstreifen verlassen. Und... man hört es sehr schön. Sie sehen das: Ich bin jetzt etwas vom Fahrstreifen abgekommen. Und der Spurassistent unterstützt sofort den Fahrer und gibt ihm ein Signal."

Ein Signal, das müde Brummi-Fahrer sofort wieder munter macht. Hinter der Technik steht eine Videokamera in Verbindung mit einem Bordrechner. Die Kamera ist auf die Mittelstreifen und auf die seitlichen Fahrbahnbegrenzungen gerichtet. Die digitalisierten Bildsignale werden im Bordrechner analysiert.

Deuten die Bilddaten auf ein Abweichen von der Fahrbahn hin, greift das Warnsystem ein. Der Fahrsicherheit im LKW dient auch der sogenannte "Active Break Assistant".

Testfahrer Klaus Erhardt steuert einen 40-Tonnen-Sattelschlepper über die ADAC-Teststrecke bei Hannover. Das Führerhaus erinnert an das Cockpit eines Flugzeuges: Zahlreiche digitale Anzeigen - statt einem riesigen Schaltknüppel genügt ein Joystick.

Mit einem vorausfahrenden Lieferwagen wird das ADAC-Team in wenigen Augenblicken ein bekanntes Unfallszenario nachstellen: Der Lieferwagen bremst plötzlich ab und simuliert damit ein plötzlich auftretendes Stauende, das der LKW-Fahrer zu spät bemerkt. Häufig kommt es in solchen Situationen zu schweren Auffahrunfällen. Genau dies soll der Active-Break-Assistant verhindern, erklärt Testfahrer Klaus Erhardt:

"So, jetzt wird ein sich bildendes Stauende simuliert. Das heißt: Das vorausfahrende Fahrzeug fährt mit sehr langsamer Geschwindigkeit, irgendwo 20, 25 Stundenkilometer. Und ich gebe Gas mit allem, was ich draufkriege. Das wird auf dieser Strecke so irgendwo zwischen 70 und 80 Stundenkilometer sein. Und wenn es meine Nerven aushalten, versuche ich ganz einfach nicht zu bremsen und nicht auszuweichen."

Eine brenzlige Situation zeichnet sich ab: Der Sattelschlepper rast auf das Stauende zu, ein Aufprall scheint unvermeidlich. Doch dann …

… ruckartig bremst der Sattelschlepper von selbst ab. Fahrer und Beifahrer werden in die Sicherheitsgurte gedrückt.

"Das passiert, in dem ganz einfach das Fahrzeug eine Bremsung von drei Metern im Sekundenquadrat einleitet, vollautomatisch. Die Situation hat sich entspannt. Der Unfall wurde vermieden. Das sind Sie auf jeden Fall wieder wach!"

In diesem Fall ist ein Radarstrahl, der vom LKW ausgeht, auf die vorausfahrenden Autos gerichtet. Ein Bordrechner ermittelt den Abstand. Wird dieser innerhalb einer kurzen Zeitspanne zu gering und droht ein Auffahrunfall, leitet der Active-Break-Assistant die Notbremsung ein. Mit dieser Technologie kann auch der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug gehalten werden.

Und: Das Ganze funktioniert sogar auf kurvigen Strecken. Dort würde normalerweise der Kontakt des Radarstrahls zum vorausfahrenden Fahrzeug abbrechen. Eine sogenannte "Adoptive Cruise Control" arbeitet ergänzend zu den Informationen des Radarstrahls auch die Positionsdaten des GPS-Empfängers ein. So erkennt der Rechner, wenn eine Kurve vor dem Fahrzeug auftaucht.

"Über den Input von dem elektronischen Horizont bekommt man die Information: Hier ist eine Kurve. Das ist auch die Ursache dafür, dass der Strahl, der Kontakt verloren geht. Und dadurch kann man verhindern, dass das Fahrzeug beschleunigt."

Ein elektronischer Fahrsimulator in der Messehalle: Auf dem Bildschirm sieht man, wie ein Klein-LKW über die Fahrbahn rollt, sich einer roten Ampel nähert. Automatisch geht der Motor aus. Dahinter verbirgt sich die Start-Stop-Automatik, die die Robert-Bosch-GmbH als Messeneuheit vorgestellt hat.

"Sobald ich auf die Bremse gehe und der Radstand stillsteht, geht der Motor aus. Und das bedeutet, dass ich keinen Kraftstoff mehr verbrauche","

erläutert Bosch-Expertin Nurhan Günes-Balei, die konzentriert am Fahrsimulator sitzt.

""Jetzt wird’s grün, ich lege den ersten Gang ein. Und beim Einlegen des ersten Gangs beginnt der Startvorgang. Das heißt: Der Verbrennungsmotor geht wieder an. Das ist der Gag dabei: Der Motor geht aus, wenn ich stehe und startet wieder, wenn ich aufs Gaspedal drückt. Und während dieses Zeitraums verbrennen sie keinen Kraftstoff."

Dieses Stopp-and-Go-System funktioniert nicht nur im Fahrsimulator. Es hat sich auch in der Praxis bewährt. Erste Feldversuche ergeben eine Kraftstoffeinsparung von rund acht Prozent - entsprechend weniger Abgase kommen aus dem Auspuff.

Die Technik funktioniert allerdings nur dort effektiv, wo häufig angefahren und gebremst wird - also im innerstädtischen Lieferverkehr beispielsweise. Aber genau dort machen Experten die größten Einsparpotentiale aus.