Ein schmerzvolles Künstlerleben

Von Nadine Lindner · 18.03.2010
Erst erkrankte sie an Kinderlähmung, dann brach sie sich bei einem Unfall Bein, Rippen, Schlüsselbein und Wirbelsäule. Sie erholt sich nie von ihren Schicksalsschlägen - und beginnt zu malen.
"Der Kummer und der Schmerz, die Lust und der Tod sind nur ein Prozess."

So schreibt die mexikanische Malerin Frida Kahlo in ihrem Tagebuch über ihre Leidensgeschichte. Seit der Kindheit leidet sie unter Schmerzen - die sie 39 Jahre lang begleiten.

Als sie sieben ist, bekommt sie Kinderlähmung, ihr rechter Fuß verkümmert. Aus dem lebensfrohen Kind mit dicken Haarschleifen wird Frida, das Holzbein. Als sie wieder in die Schule gehen kann, verspotten sie ihre Mitschüler.

Elf Jahre später, Frida Kahlo ist 18 Jahre alt, erleidet sie einen dramatischen Unfall, der sie für ihr späteres Leben zeichnet: Eine Straßenbahn rammt den klapprigen Bus, in dem sie sitzt. Ihr bereits verkümmertes Bein wird elfmal gebrochen – ebenso ihre Rippen, ihr Schlüsselbein und ihre Wirbelsäule. Eine Haltestange bohrt sich durch ihren Rücken und tritt durch das Becken wieder aus. Monatelang liegt sie im Krankenhaus in einem Gipskorsett.

In dieser Zeit beginnt sie zu malen – um Schmerzen und Einsamkeit zu überwinden – ihre Überlebensstrategie.

"Ich bin nicht krank, ich bin zerbrochen. Aber so lange ich malen kann, bin ich froh, dass ich am Leben bin."

Ihre körperlichen Schmerzen und das Verhältnis zu ihrem Körper ziehen sich von diesem Zeitpunkt an durch ihr Werk. In Bildern wie "die gebrochene Säule" drückt Frida Kahlo ihr Leid aus. Es zeigt sie nackt, eingezwängt in ein weißes Gipskorsett. Es gibt den Blick frei auf ihre mehrfach gebrochene Wirbelsäule.

Das Werk "Baum ohne Hoffnung" zeigt sie auf einer Krankenliege mit blutigem, aufgeschlitztem Rücken. Nur ihr Kopf und ihre Hände versagen ihr nie den Dienst und so malt sie – oft im Liegen auf dem Krankenbett. 1944, zehn Jahre vor ihrem Tod, beginnt sie ihr gemaltes Tagebuch. Neben persönlichen Notizen über ihre Ehe mit Diego Rivera ist es ein Dokument des körperlichen Verfalls. Immer wieder tauchen biologische Metaphern von Nervenbahnen und Adern auf – sie transportieren Lust und Schmerzen.

1950, vier Jahre vor ihrem Tod, schreibt Frida Kahlo in ihr Tagebuch:

"Sieben Operationen an der Wirbelsäule, Dr. Farill hat mich gerettet. Sieben Operationen an der Wirbelsäule. Er gab mir wieder Lebensfreude. Noch sitze ich im Rollstuhl und ich weiß nicht, ob ich bald wieder gehen kann. Ich habe das Gipskorsett, das, obwohl es eine schreckliche Qual ist, mir hilft, dass es meiner Wirbelsäule besser geht. Eine tödliche Müdigkeit, und natürlich oft Verzweiflung."

Drei Jahre später wird ihr nach unheilbarem Wundbrand ein Fuß amputiert. 1954 stirbt Frida Kahlo mit 47 Jahren in Mexiko-City.