Ein sächsisches Klangjuwel

Von Alexandra Gerlach |
In Brüssel wird die Sächsische Staatskapelle Dresden mit dem Weltkulturerbe-Titel ausgezeichnet. Geehrt wird das seit über 460 Jahren bestehende Orchester für die kontinuierlichen Pflege und Bewahrung eines unverwechselbaren Orchesterklangs.
Jan Nast: "Ich denke mal, am berühmtesten ist dieses Orchester für diesen wunderbaren Streicherklang. Der Streicherklang ist ein sehr warmer, sehr weicher Klang, dazu sehr gut aufeinander abgestimmte Holz- und Blechbläser, die einen ganz geschlossen Klang ausmachen, und nicht Einzelspieler so solistisch heraustreten, sondern ein sehr geschlossener, kompakter Klang, der sehr weich ist, sehr rund, und eine Wärme vermittelt."

Jan Nast ist stolz. Seit zehn Jahren ist er der Direktor der sächsischen Staatskapelle in Dresden. Die Auszeichnung des Orchesters kommt aus seiner Sicht im richtigen Moment. Denn die Staatskapelle, die verwaltungstechnisch zur Semperoper gehört, hat direkt unter der finanziellen Schieflage des Opernhauses zu leiden. Eine Folge davon ist, dass derzeit 20 der insgesamt 159 Stellen im Orchester unbesetzt sind. Es herrscht Einstellstopp, obwohl die Musiker ein riesiges Pensum in der Oper, im Konzertbetrieb und aus weltweiten Tourneen leisten müssen.

Noch leide die Qualität nicht, betont Direktor Jan Nast, doch immer häufiger gerate das Ensemble auch an seine physischen Grenzen. Man brauche dringend mehr finanzielle Flexibilität, um das hohe Niveau dauerhaft zu halten. Die europäische Ehrung für die konsequente Bewahrung alter Tradition und musikalischen Weltkulturerbes bestätige Leitung und Musiker in ihrem Kurs, und setze damit auch ein politisches Zeichen.

"Die Traditionsbewahrung, es ist ein altmodischer Begriff, aber wir nehmen ihn schon sehr ernst, also diese Traditionsbewahrung unsres doch besonderen, vielleicht auch einmaligen Klanges, haben und dies einfach fortzuführen, auch mit den richtigen Künstlern zu arbeiten, sprich den Dirigenten, die auch darauf Wert legen, dieses zu bewahren, und nicht alles auf den Kopf zu stellen."

In Brüssel wird Ehrendirigent, Sir Colin Davis am Pult stehen, wenn am Abend das Galakonzert anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft erklingt. Schon dieses musizieren zu dürfen, sei eine große Auszeichnung für die seit 460 Jahren existierende Staatskapelle Dresden, sagt Solo-Flötist Eckhard Haupt, der sich ohnehin nicht vorstellen kann, in einem anderen Orchester mitzuspielen:

"Das für mich wichtige in meinem Leben ist die Mitgliedschaft in diesem wunderbaren Orchester, man ist als Künstler unter gleichrangigen Leuten und hat eine Möglichkeit der Interaktion, … und gerade das miteinander musizieren in so einem Orchester ist für mich eigentlich das Schönste, was es gibt."

1548 wurde die einstige Hofkapelle durch Kurfürst Moritz von Sachsen gegründet. Seitdem hat sie ununterbrochen gespielt, wie Orchesterdirektor Jan Nast betont:

"Dieses Orchester wurde niemals aufgelöst, war niemals unterbrochen oder durch Kriege zerstört, oder auseinander gerissen, also es spielte immer zusammen."

Dass die Kapelle einen ganz besonderen Klang hat, war auch Richard Wagner klar, er nannte sie liebevoll die "Wunderharfe". Dieser besondere Klang begeistert bis heute. Für den Präsidenten des sächsischen Kultursenats, Bernhard Freiherr von Löffelholz, ist dieses Orchester daher ein Juwel. Ein Klangjuwel, das den Namen Dresdens trotz der leidigen Auseinandersetzung mit der UNESCO um den Bau der Waldschlösschenbrücke wieder glänzen lässt. Schließlich würdigt der heute erstmalig vergebene Preis die Anstrengungen der Staatskapelle um die "Bewahrung des musikalischen Weltkulturerbes":

Freiherr von Loeffelholz: "Die Sächsische Staatskapelle ist eines der wichtigsten Orchester in Deutschland und in Europa, und wir freuen uns sehr über diesen Preis, genauso, wie wir uns natürlich über diesen Welterbe-Status des Dresdner Elbtals gefreut haben!"

Bleibt die Frage, ob die Musiker der Dresdner Staatskapelle heute Abend in Brüssel die Dresdner Welterbe-Ehre retten können? Orchesterdirektor Jan Nast winkt ab und lacht:

"Mit Sicherheit nicht also diese Brückendiskussion wollen wir gar nicht in Zusammenhang bringen mit dieser doch ehrenwerten Auszeichnung, die wir in Brüssel erhalten werden. Wir betrachten das ein bisschen mit einem zwinkernden Auge …"